Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Land der Ziegen

    Wir tingeln weiter rund um den Westen von Symi. Da gibt es einige Buchten, die allerdings alle von Tagesausflüglern heftig belegt sind. Außerdem sind sie alle recht steil, also sehr bald sehr tief. Da muss dann sehr nahe am Strand geankert werden und das taugt uns nicht recht.

    Wir schauen die eine oder andere Bucht an, immer verfolgt von Schiffen, die „zuerst“ da sein wollen und um die besten Plätze kämpfen. Es gibt sogar ein Ausflugs-Taxi, dass in hohem Tempo jede der Buchten anfährt und immer ein paar Touristen an Land setzt. Sobald es leer ist, fährt es zurück nach Symi und holt den nächsten Schwung an Sonnenanbetern.

    Die Strände sind „unmanaged“. Das bedeutet, dass es im besten Fall eine kleine Bar gibt, aber keine Strandliegen und keinen Schatten. Alleine wegen dem Schatten scheiden diese Buchten für uns schon aus. Wir finden aber eine, die uns passt: Marathounda Bay!

    Marathounda ist ein klizekleiner Ort mit einer Bar, einer Taverne, 20 Strandliegen und ca. 100 Ziegen. Schon in unserem Ratgeber steht: „Lassen Sie nichts in ihren Taschen liegen, was sie später vermissen würden. Die Ziegen fressen alles!“ Das geht so weit, dass die Taverne eingezäunt ist, damit die Ziegen nicht von den Tischen fressen.

    Was es gibt sind 3 Bojen. Eine orange, die an einer guten Position schwimmt, eine helle, die aber schon 3 m unter der Wasseroberfläche treibt und nur mit einer Waschmittelflasche markiert ist, und eine dritte, die aber recht nahe am Ufer ist. Wir nehmen uns die orange. Die hat am unteren Ende eine Betonplatte, um die eine Kette gewickelt ist. Von der Kette geht ein recht neues dickes Seil nach oben zur Boje. Schaut gut aus und dürfte für die kommende Nacht sicher sein.

    Das Wasser hier ist glasklar, wir können alle Details am Boden 8 m unter uns erkennen. Natürlich sind wir bald im Wasser und halten nach Fischen Ausschau. Susi entdeckt bald einen Rochen, keine Flunder sondern wirklich einen Sternrochen. Etwa 20 cm Spannweite und einen ebenso langen Schwanz. Rochen hatten wir bisher in Griechenland noch nicht. Wieder eine Überraschung.

    Am Abend wollen wir an Land und in die (einzige) Taverne essen gehen. „Abend“ erkennt man daran, dass die Tagestouristen langsam verschwinden und die Ziegen jetzt in die andere Richtung ziehen, natürlich wieder über den Strand. Wenigstens sind die friedlich.

    Susi wünscht sich zum Abendessen einen Fisch, aber das wollen andere auch: Wespen und Hornissen. Und zwar nicht nur eine, wirklich viele. So viele, dass die Besitzerin der Taverne zuerst anbietet nach Innen zu kommen, hat dann aber eine bessere Idee: Sie hat da einen Rauchtopf gebracht, der jedem Imker Ehre gemacht hätte. Was da genau geraucht hat wissen wir nicht. Ein braunes Pulver, ein Zweig Rosmarien, etwas Kohle, die wohl aus dem Grill stammt.

    Der Rauch zieht also sehr nieder über Susis Fisch hinweg und hält die Wespen ab. Wirklich gut wird es aber, als die Fischreste, Gräten und Kopf auf einen Nachbartisch gestellt wird. Dort haben die Wespen nun ein Volksfest zu dem auch ein paar Hornissen geladen sind. Uns soll’s recht sein, so haben wir wenigstens unsere Ruhe.

    Als wir dann schon um 8 Uhr, also noch vor Sonnenuntergang wieder zur Philia zurückkehren, wird auch die Taverne dicht gemacht.

    Heute kommt eh niemand mehr vorbei.

    Feierabend.

  • Symi

    Magdalena und Lorenz kommen nach Kos geflogen und fahren mit dem Bus, um sagenhafte 2,50€, nach Kardameina. Susi und ich holen sie dort mit dem Dinghi ab. Für Lorenz ist auf Philia alles neu, Magdalena kennt die Philia schon länger als alle anderen unserer Gäst. Im Februar 2022 war sie das erste Mal auf Philia. Damals halt noch am „Trockendock“ in Thessaloniki. Wegen Lorenz wollen wir die Sache aber langsam angehen.

    Unsere Wetterprofeten von Windy.com erzählen von richtig viel Wind in Kos und knapp südlich davon. Aber weiter im Osten, dort soll es ruhig bleiben. Und im Osten liegt die Insel Symi. Es ist halt ein langer Weg dort hin, aber die Wege sind generell recht lange in diesem Teil der Ägäis. 45 Meilen sind es in diesem Fall. Nur einen kurzen Abschnitt  können wir segeln, der aber ist vom Feinsten. 12-15 kt genau auf die Seite. Das ist schnelle Fahrt unter Vollzeug bei wenig Welle. Lorenz steuert, und er macht seine Sache wirklich gut.

    Um auf die Ostseite von Symi zu kommen, muss / kann man eine enge und flache Durchfahrt passieren. Da springt die Wassertiefe in wenigen Sekunden von 78 m auf 13m und später auf 2,6m. Da sollte man besser aufpassen, was man tut. Wir passen aber auf und alles ist ok. Dann noch um ein Kap, eine Meile die Küste nach Süden und dann rechts rein in den „Fjord“.

    Am Ende dieser Bucht liegt Padi, und in Padi gibt es eine kleine Marina. Susi hat es mit Griechisch und Ausdauer geschafft, eine Zusage für einen Liegeplatz zu bekommen. Ich mag zwar Marinas nicht so arg gerne, aber nach einem langen Tag und vorhergesagtem unsicherem Ankergrund, ist das  besser so.

    Padi ist ein ganz und gar ungriechischer Ort. Da ist nichts mit weißen Häusern und blauen Kuppeln. In Padi sind die Häuser bunt. Jedes in einer anderen Farbe gestrichen, zumeist mit zweifärbigen Betonungen von Fenster und Türen. Wegen der Nähe des Meeres, werden die Häuser alle 1-2 Jahre neu angemalt. Weiter oben, in den Bergen reich es dann alle 4 bis 5 Jahre. Eigentlich auch wenig, wenn ich das mit den 20 oder mehr Jahren bei uns vergleiche

    Sonst ist Padi ein alter kleiner Hafen mit einer Mole und mehreren Slip-Rampen, um die Fischerboote an Land zu ziehen. Entsprechend liegen auch viele Schiffe, oder deren traurigen Überreste an Land. Der Ort ist entlang des Ufers schnell durchwandert. 2 Tavernen mit erstaunlich unterschiedlichem Preisgefüge, ein Minimarket, ein Bootsverleih, eine Busstation und ein oder zwei Reihen von Wohnhäusern die dem langgezogenen „U“ der Bucht folgen.

    Das war es dann auch schon. Der Weg in die eingeschränkte Zivilisation, also in den Ort Symi, geht über eine Bergstraße, die auch in Vorarlberg sein könnte: Enge Serpentinen entlang steiler Felswände. Aber immerhin, man kommt auf der Straße in den Hauptort.

    Wir genießen den Abend in der traditionelleren Taverne und kommen bald auf die Philia zurück.

    Was wir morgen tun?

    Da hab ich noch keine genaue Idee. Es wird sich weisen.

  • Kos Stadt

    Wir brauchen wiedereinmal einen technischen Stopp: Trinkwasser in die Tanks, eventuell Diesel, Wäsche waschen, Schiff herrichten für die Wochen mit den Kindern, ….

    In der „Früh“, also gegen 9 lichten wie den Anker und können bald die Segel setzen. Es sind ja kaum 10 Meilen bis in die Marina, aber wenn der Wind sich schon Mühe gibt, dann müssen wir doch unsere Segel auspacken.

    Die Türkei ist nicht weit. Was wir dort entdecken, ist wohl ein großes architektonisches Verbrechen: Da wurden auf einen ansonsten leeren Küstenabschnitt hunderte Häuser gesetzt. Irgendwie ein Außenbezirk von Bodrum. Wer da wohnen will oder seine Ferien verbrinden will – ich kann das nicht nachvollziehen. Wer da wohl wieder die Hand aufgehalten hat?

    Wir sind vorsichtig und fahren einen großen Bogen um die NE-Ecke von Kos. Ich weiß, wir hätten näher heran auch fahren können, aber da käme uns eine lange Kette von Ausflugsschiffen entgegen. Welche die wie gewöhnliche Menschentransporter aussehen, andere haben sich als Gulet verkleidet – das sind eigentlich türkische Frachtensegler, die heute nur mehr sehr selten Segel setzen. Ganz übel sind die Schiffe, die sich als Piratenschiff verkleidet haben. Das sind dann schwimmende Diskotheken. Keine Ahnung, warum man so was braucht.

    Die Marina liegt knapp südlich des Altstadthafens und da wird ein strenges Regiment geführt. Ohne Anmeldung am Funk geht da gar nichts. „Marina Kos, this is Philia, Philia“ Keine Antwort. Nach dem dritten Versuch „stand by, we are busy!“ Na, dann sag ich halt nichts – und warte. „Philia, prepare fenders an lines.“ Warum sagt er mir das? Aber OK: „Philia is prepared for docking“ Und dann warten wir wieder. Bis ein Schlauchboot sichtbar wird und uns herein winkt. Es führt uns zu unserem Platz am Steg einer Charterfirma, deren Schiffe unterwegs sind. Mit einem gezielten Schubs drückt er unser Heck herum. Eine so enge Kurve hätten wir ohne Hilfe nicht geschafft – passt.

    Kaum sind wir in der Nähe des Steges, bekommen wir detaillierte Anweisungen: „Forward gas – stopp – give me right line – take the thin line – go forward and find the thick mooring line – captain, pull hard – no, better release 1 Meter – backward – tighten the left line – tighten the right line – …”
    Wir lassen es über uns ergehen und lachen heimlich dabei. Was die da exerzieren, ist das Prozedere für Chartergäste, die nur einmal pro Jahr anlegen. Aber die können ja nicht wissen, mit wem die es zu tun haben.

    Die Marina ist hoch professionell: Rezeption wie ein großes Hotel, samt Bücherei und Arbeitsraum mit WLAN für die Gäste. Wasser und Strom gegen kleines Geld (oder von der Charterfirma „geborgt“). Zwei sehr gut sortierte Marinehändler mit allem, was das Herz, oder das Schiff so begehrt, Wäscherei, viele Duschen und Klös, zwei Restaurants, Zugang zum Steg nur mit Karte – außer die Charterfirma lässt das Tor Tag und Nacht offen 😉. Und was kostet der Spaß pro Nacht? 40 € – in Dubrovnik zahlt man das 4-fache!

    Wir gehen Einkaufen, immerhin kommen „die Kinder“, und lassen gleich einmal 160 € im Geschäft. Der Kühlschrank, er fasst fast 150 Liter, muss sich tüchtig ins Zeug legen, um das alles zu kühlen.Zwei große Säcke Wäsche kommen noch in die Wäscherei – am Abend ist das dann fertig – und der Marinehändler bekommt unseren ersten Besuch. Ist ja gut, wenn alles so nahe beieinander ist.

    Zur Belohnung schauen wir uns in der Marinabar das Länderspiel Österreich –  Türkei an. Naja, das Ergebnis war nicht so, wie wir das erwartet haben. Andererseits: „Hätten wir da gejubelt, wären die lokalen Fans ganz schön sauer gewesen. Und die waren deutlich in der Überzahl!

    Wir steigen im Schiff noch in die Dusche. Bei Susi alles OK, bei mir streikt wieder einmal die Duschpumpe. Dazu muss man wissen, dass auf einem Schiff das Duschwasser nicht einfach „nach unten“ abrinnen kann, denn die Dusche ist schon tiefer als „unten“, also die ist unter der Wasserlinie. Und so muss das Duschwasser eben abgepumpt werden.

    Die kaputte Dusche ist so was wie der running Gag dieser Saison. Am Anfang war der Schalter kaputt, aber zum Glück hatte ich einen passenden Ersatz mit dabei. Ein paar Wochen später war ein einer ur-alten Kabelverbindung, das Kabel auseinander gegangen. Also gab es keinen Strom für die Pumpe. Und jetzt ist die Pumpe einfach stehen geblieben. Der Innenwiderstand ist unendlich = Kabelbruch irgendwo im Motor.

    So einen neue Originalpumpe kostet wohlfeile 365 Euronen, der 1:1 Nachbau „nur“ 152. Beide Pumpen liegen sogar im hiesigen Marineshop. Warum die Originalpumpe doppelt so gut sein soll, wie der Nachbar, kann man mir dort aber auch nicht erklären.

    Ich hab aber noch eine dritte Option: Seit ich eine neue Bilgepumpe (gegen Sickerwasser im Boot) habe, brauche ich die alte nicht mehr. Die ist aber baugleich zur kaputten Duschwasserpumpe – und hat einen Innenwiderstand von 22 Ω, das gibt Hoffnung. Und tatsächlich, nach 1 Stunde ist das Teil getauscht und es funktioniert sogar.
    Passt!

    Die restliche Zeit verrinnt mit Schiffsputzen, innen und außen, Heckkabinen umräumen – damit die „Kinder“ Platz haben und alles heimelig und schön ist.

    Natürlich ist auch Zeit, andere Segler zu treffen und mit ihnen zu plaudern. So zum Beispiel Thomas und Maria von der MODESTA. Sie sind erst vor einem Jahr von ihrer Weltumsegelung zurückgekommen. Eine ihrer ersten Fragen war: „Habt ihr es schon gemacht?“ – die Weltumsegelung natürlich 😉 Nein, wird auch eher nix werden aus der Idee. Aber die Ägäis ist auch toll!

    Was uns erstaunt hat, MODESTA war immerhin das dritte Weltumseglerpaar das wir heuer getroffen haben, war, wie oft von negativen Erlebnissen gesprochen wurde. „Galapagos, ja, komplizierte Einreise und teuer. Man kann die Inseln zu Fuß oder mit dem Rad besuchen, haben wir auch gemacht“. Kein Wort über die (vermutlich) faszinierende Tierwelt. Indonesien und die vielen Fischer in der Nacht. „der Horror pur“. Aber kein Wort über die Feste die sie in Bali besucht haben. Irgendwie seltsam.

    Ich hätte mir eher erwartet, dass diese Segler uns freudig von tollen Buchten, Südseeatollen, großen Ozeanquerungen und besonderen Begegnungen berichten. So entsteht der Eindruck, es handelt sich um eine selbstauferlegte Zeit einer harten, entbehrungsreichen Prüfung. Regt nicht gerade zur Nachahmung an.

    Was auch auffällt ist, dass sich oft Paare in Australien trennen. Die Frau fliegt mit den Kindern zurück nach Europa, der Mann segelt als einsamer Wolf die zweite Hälfte der Reise. Auch gibt es Paare, die von Anfang an planen, das Schiff in Australien zu verkaufen. Indischer Ozean, Seychellen, Mauritius, Madagaskar, … zu beschwerlich, zu schwierig zu befahren.

    Der Südseetraum ist geträumt, man wendet sich anderen Dingen zu.

    Schade eigentlich!

  • Überlandpartie

    5 Tage nur am Schiff zu sitzen ist auch nicht unsere Sache. Was wir schon gesehen haben, neben den vielen Ziegen die am Land umher streifen, ist ein Pfad den Hügel hinauf. Es ist wirklich nur ein Pfad, früher nur für die Ziegen, heute ist es auch der Weg ins Dorf = in den Hafen von Pseriamos. Wir richten unser Dinghi her – es leidet immer noch unter dem Unfall in Zakynthos und braucht oft Luftnachschub. Mit dem Motor geht es an Land. Ein paar Sandzungen gehen vom Wasser auf den Strand. So eine steuern wir zum Anlanden an. Dann noch das Boot 3 Meter weiter de Strand hinauf und an einem Baum festbinden.

    Ein paar Strandliegen stehen da herum. Wer die wohl hergebracht hat? Sogar ein paar Sonnenschirmskelette rosten hier friedlich vor ich hin. Irgendjemand hat ein Wasserbecken gebaut. Ein gemauertes Viereck, dass über zwei Stufen zum Wasser führt. Ob das Süß- oder Salzwasser ist? Ich will das jedenfalls nicht probieren. Die Ziegen sind aber ganz scharf auf die Brühe und kommen regelmäßig vorbei.

    Wir beginnen unseren Aufstieg, langsam und bedächtig, Schritt für Schritt. Es ist ganz schön steil und der Weg würde auch in unsere Kalkalpen passen. Nur ein einziger Baum gibt Schatten, und der ist schon besetzt: Die Ziegen! Die sind aber ganz friedlich, gehen ein paar Schritte zur Seite. Nur die Chef-Ziege verlässt ihren Aussichtsstein nur für wenige Sekunden. Immerhin ist sie ja der Chef.

    Genau so wie der Weg hinauf geht, geht er auch hinab weniger steil aber auch weniger deutlich zu erkennen. Es ist aber recht klar, wohin es gehen wird. A) abwärts B) oberhalb der Gehege und Zäune C) in Richtung Westen, zum Hafen hin. Alles sehr ärmlich hier. So wird der Drahtzaun mit einem alten Fischernetz geflickt. Ob das da unten ein Wohnhaus oder ein alter Ziegenstall ist, ist kaum zu erkennen. Auf anderen eingezäunten Flächen sammelt sich Schrott an. Ein alter Tank, Reste von Arbeitsgeräten, alte Fahrzeuge.

    Man könnte in Griechenland viel Geld verdienen, indem man den Schrott einsammelt. Da stehen oft 3 Generationen alter Autos in der Wiese. Wir kennen in Samos ein Lastendreirad, das steht seit mindestens 1995 an der gleichen Stelle. Das war halt das Fahrzeug vom Ur-Opa von den Kindern vom Dimitri seiner Schwester ihrem Mann. Sowas hat Erinnerungswert!

    Näher am Ort wird es etwas besser. Mehr Autos stehen am Straßenrand, die Zäune sind besser intakt. Auf einem Grundstück findet gerade ein Pfadfinderlager statt. Zelte, Kinderlachen. Ein paar Appartements oder besser „Studios“ gibt es auch. Wir betreten den Ort quasi von hinten. Plötzlich ein Lokal links und vor uns öffnet sich der Strand und der Hafen. Der Sand ist hier erstaunlich fein, fast so wie in der Wüste von Limnos.

    Wir nützen die Chance um frisches Obst und etwas Gemüse zu kaufen. Der Minimarket wird ebenerdig betreten und hat dann nach 4 Stufen weitere Ware aufgestapelt Neben der Stufe sitzt der alte Besitzer und begutachtet die Kunden. Er bewegt sich kaum und wirk wie die Statue eines klassischen alten Griechen: Schneeweiße Haare und eine großen ebenso weißen Vollbart. Dazu noch einen Gehstock und fertig ist das Klischee. Susi kommt wieder ins plaudern. „Avstriacos, ne“ Das erhellt immer die Gemüter und öffnet Türen. So zum Beispiel dass wir das letzte Brot des Tages bekommen. Die Tochter des alten Herren wollte es uns verweigern, aber der Chefe hat sich durchgesetzt „Die bekommt das Brot!“

    Die Lokale sind alle leer, zur früh oder zu spät? Zu früh um Abendessen zu gehen, und zu spät für die Touristenscharen, die mit den Booten um viel Geld hier Pause machen dürfen. Susi packt wieder ihr Griechisch auf und trifft in der Kellnerin auf eine geduldige Lehrerin. So eine hätte sie gerne, um ihr Griechisch weiter zu verbessern.

    Wir erfahren, dass im Sommer rund 100 Personen auf der Insel leben, im Winter sind es dann 30. Nahrungsmittel aus eigener Produktion gibt es fast nicht, also wird alles mit dem Schiff aus Kos oder Kalymnos gebracht. Die 30 Überwinterer sind entweder Pensionisten, oder die Ziegenhirten. Am 30. Oktober wird dicht gemacht, bis Mitte Mai oder so.

    Wir bleiben nicht allzulange, denn wir müssen ja wieder zurück zu Philia, und das wäre ich gerne bei Tageslicht. Also müssen wir los, denn eine Stunde dauert das schon. Wieder begleiten uns ein paar Ziegen, immer mit etwas Abstand und immer in der Hoffnung, dass uns das Brot aus der Tasche fällt. An den Strand kommen wir nach dem Sonnenuntergang. Kurz nachdem wir Philia erreichen wird es finster.

    Optimal genutztes Tageslicht.

  • Pseriamos

    Wir haben noch ein paar Tage Zeit, bis wir Magdalena und Lorenz in Kos treffen. Außerdem geht wieder eine Welle „Meltemi“ durch. Da heißt es dann, sich zu verstecken, aber auch nicht zu weit von der Stadt Kos entfernt. Wir brauchen da noch einen technischen Stopp, um das Schiff für den „Urlaubstörn“ vorzubereiten.

    Als ideales Ziel erschein uns die kleine Insel Pseriamos. Die hat eine große nach Osten hin offene Bucht, die im an den anderen drei Seiten von einem Bergrücken umschlossen ist. Sonst ist dort nicht viel los. Von Kos ist sie kaum 5 Meilen entfernt. Passt genau, da wollen wir hin.

    Unseren Ankerplatz auf Leros verlassen wir gegen ½ 11. Sooo schrecklich weit ist der Weg nach Pserimos auch nicht.  Was uns erwartet ist ein Wechselspiel des Windes. Wie sind an der Westseite von Leros, müssen dann die Meerenge zwischen Leros und Kefalos passieren. Dann sind wir aber etwas im Windschatten von Keflaos und mit zunehmender Strecke entfernen wir uns von Kefalos und bekommen wieder guten Wind.

    Also mehrfach Segel rauf und Segel runter, Motor an und Motor aus – aber es geht voran. Schon um ½ 4 sind die 22 Meilen geschafft. Die Bucht ist so wie erwartet: groß, flach, mit Fischfarm und etlichen Schiffen. Da haben einige die gleichen Gedanken wie wir. Wir suchen uns ein Plätzchen und lassen unseren Anker in den Sand sinken. Jetzt noch richtig viel Kette dazu und – passt. Urlaub!

    Heute sind 15 Schiffe da, fast alles Langzeitsegler und nur wenige Charterboote. Die erkennt man an der Fahne der Charterfirma und an unkonventionellem Verhalten. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass man beim Ankern das Boot genau im Wind abstoppt, den Anker ins Wasser lässt und dann langsam zurücktreibt. Dabei holt sich das Schiff so viel Kette wie es gerade braucht.

    Was wir sehen, ist anders: Die Charteryacht wird mit hohem Tempo durch die Bucht gejagt, kommt in Vorwärtsfahrt an eine Ankerstelle. Der Anker wird mit der Ankerwinsch andächtig im Wasser versenkt während das Schiff weiter nach vorne fährt. Sobald der Anker den Boden berührt spannt sich die Kette, scheuert dabei entlang des Buges. Gerne versuchen da auch auch 30 oder 40 m Kette, den Rumpf zu beschädigen. Dann wird die Winde gestoppt und das Schiff schwingt herum. Jetzt liegt der Anker aber in der falschen Richtung, aber den Glücklichen gehört die Welt: Der Anker wird sich schon ausrichten und halten.
    Wir gehen jetzt einmal baden und dann in die Strandbar.

    Die Bucht ist ruhig und das Wasser erstaunlich klar. Wie sehen unseren Anker in 8 m Tiefe am Grund liegen, sehen die Flundern, die neben der hin und her schleifenden Kette hoffen, ein paar Würmer und Krebschen zu finden. Unter dem Philia ist bald eine Schar größere Fische versammelt, bietet ihr Schatten doch Schutz vor Feinden. Gegen den Rumpf zeichnen sich die Fische nicht so ab.

    Am Abend taucht noch ein seltsamer Schatten neben Philia auf. Ich springe mit der Taucherbrille hinein und sehe ihn klar vor mir: Einen 50 cm großen Kalmar, der da ruhig durch die Bucht zieht. Kurz kann ich ihm folgen, dann beschleunigt er und zieht davon.

    Uns gefällts – da bleiben wir!

  • Leros

    In den nächsten Tagen ist wieder Wind angesagt. Das heißt, wir wollen uns einerseits verstecken, andererseits aber auch näher an Kos heranrücken – die Kinder kommen. Was sich anbietet ist die große Bucht von Laki auf Leros. Dort gibt es immerhin 2 Marinas und einen Fährhafen, wahrscheinlich nicht ohne Grund.

    Im Norden von Leros, in der Nähe vom Flughafen, gäbe es auch noch eine sehr windsichere Bucht, aber die soll nicht wirklich sauber sein. Gut umschlossene Buchten haben eben keinen guten Wasseraustausch. Alles kann man nicht haben. Aber als Plan B, falls der Wind früher einsetzt, ist das eine gute Option.

    Aber der Wind meint es gut mit uns: 12 kt Rückenwind, das ist ganz einfaches Segeln. Nur die Genua ausrollen, und sich vom Wind durch das Wasser ziehen lassen. Philia liegt dabei ganz ruhig und flach im Wasser, das Segel zieht am Bug und stabilisiert damit sogar noch das Boot. Die Wellen laufen uns zwar nach, aber auch wir laufen ihnen davon. So überholt uns nur hin und wieder eine Welle von hinten und bringt uns ein wenig ins Schaukelt – sonst wäre die Fahrt ja all zu langweilig.

    Um ½ 9 ziehen wir unseren Anker aus dem Sand und sind schon um ½ 12 in der breiten und langen Einfahrt zur Bucht von Laki. Wir wissen, dass sich rund um die Marinas der ganze Schiffsverkehr abspielt, aber sich da mitten hinein zu setzten ist nicht so unsere Sache. Lieber suchen wir eine der Buchten, die sich am Weg zum Hafen aneinander reihen.

    Schon die erste gefällt Susi. Schlagendes Kriterium: eine Höhle, da kann man sicher was entdecken. Außerdem sind nur 2 Schiffe da. Ein Italiener, der finster schaut, als wir vor ihm ankern, und ein Engländer, Marycya heißt sein Schiff, dem wir völlig egal sind. Also Anker hinein und zufrieden sein.

    Hin und wieder kommt ein Segler vorbei, ganz selten ein Schiff der Frontex, lustiger Weise eines der Deutschen Marine und nur ein Mal am Tag die große Fähre. Nur die ganz großen Schiffe, machen unangenehme Wellen, der Rest ist nicht zu spüren.

    Auf der anderen Seite der Bucht die Überreste eines italienischen Marinestützpunktes und darüber ein – was ist das eigentlich? Der erste Eindruck deutet auf eine moderne Firma hin. Lauter gleich graue Gebäude, regelmäßig angeordnet, recht neu. Mit dem Fernglas erkennen wir einen hohen Zaun, der vielleicht von Stacheldraht gekrönt ist. In der Nacht wird der Zaun, der doppelte Zaun sogar noch von Laternen hell erleuchtet.

    Dann würde das eher ein Gefängnis sein? Aber ein Container-Gefängnis? Passt auch nicht. Susi bemüht das Internet und findet: Flüchtlingslager. Sehr streng geführt, Leibesvisitation beim Verlassen und Betreten, weit außerhalb vom Ort. Die Kinder, die in die örtliche Schule gehen, werden also 2x täglich kontrolliert, ob sie eh nichts hinaus oder hinein schmuggeln. Je nach Fall und Aktenlage, bleiben die Leute für 2 Wochen oder 1 ½ Jahre hier. Für viele geht es dann zurück ins Herkunftsland. Das ganze Geld für die Schlepper, die Gefahren der Reise, alle Entbehrungen und Hoffnungen auf ein Leben ohne Angst – alles umsonst!

    Eine schöne Gegend, aber kein schöner Ort.

    Erst am dritten Tag beschließen wir unsere Eremitage zu verlassen und mit dem Dinghi in den Ort zu fahren. Eigentlich geht es nur um Milch und Brot. Ich nehme meinen wasserdichten Seesack mit. Der hat ca. 20 Liter Volumen und das begrenzt die spontanen Einkäufe. Es gibt immer was zu entdecken, auf das wir Lust haben oder das in unseren Vorräten vielleicht fehlt. Wobei, Philia ist so vollgestopft, wir könnten sicherlich ein Monat von den Vorräten gut leben. Eine Atlantiküberquerung dauert auch nicht länger 😉.

    Kurz vor dem Ort ist ein kleiner Strand, nix besonderes, aber offensichtlich bei den Griechen als Abendausflug beliebt. Dort lassen wir unser Dinghi und wandern in die „Stadt“. Die beiden Marinas, an einer müssen wir entlang gehen, sind dicht gefüllt. Im Hafen  davor ankern sicher auch noch einmal 25 Schiffe. Andererseits gibt die Stadt so überhaupt nichts her. Sie ist von den Italienern „künstlich“ angelegt, also neu geschaffen, so rund um 1930 war das. Moderne Häuser, die überall stehen könnten, keinerlei Ortszentrum, entlang der breiten Hafenstraße ein paar Kaffees, Restaurants und – ein Theater oder Kino. Im Stil passt es zum Film Cinema Paradiso, und ist natürlich verschlossen. Da war bestimmt schon länger nichts mehr los.

    Wir finden einen Supermarkt wo wir Milch und Brot kaufen wollen – und mit einem gefüllten Seesack wieder abziehen. Ich glaube wir haben es noch nie geschafft, von unserem Kühlschrank den Boden zu sehen. Im Gegenteil, wir sind schon froh, dass der Deckel wieder zu geht. Dabei ist das Ding nicht klein, der hat ein Volumen von 150 Litern!! Aber es kommen doch bald – also in 2 Wochen – die Kinder  ….

    Gleich hinter dem Supermarkt ist ein Marine Tandler, Chandler heißt das offiziell. Der Pendelt zwischen Farben und Lacken, Zubehör für Sanitärinstallationen, Tauen und Klebstoffen für die Reparatur von Schlauchbooten. Genau deshalb sind wir hier. Unser Dinghi hat den Schaden von Zakynthos im Vorjahr nicht ganz überwunden und muss nochmals in die Reparatur. Der Kleber kostet 12 € der Härter dazu 4, und 2 große Flecken PVC für die Reparatur 7 €. Warum steht dann auf der Rechnung 134 €? Ach ja, diese Nebeneinkäufe: Taue kann man immer brauchen, ein paar Schäkel, dies und das.

    Am Weg zurück sehen wir am Steg ein älteres Paar, dass sich aus seinem Beiboot müht. Er hebt einen Rollstuhl an Land und breitet einen roten Teppich aus. Sie windet sich aus dem Boot und hockt nun am Teppich. „Do you need any assistance?“
    Und das war dann der Beginn eines wunderbaren Abends mit Rory und Judy aus Australien. Beide hoch in den 70ern. Judy hatte eine schwierige Rückenmarksoperation, bei der ihr ein Nerv durchtrennt wurde – so als Kollateralschaden. Jetzt kann sie halt nicht mehr gehen. Aber am Segelboot geht das gut, da kann sie sich immer wo anhalten und abstützen. Rory fährt seine 44er Janneau halt „single handed“, da im Judy keine Hilfe mehr ist. Aber all das hält sie nicht davon ab, ihre Sommer in Europa auf dem Segelboot zu verbringen. Rory war in der Entwicklung des GPS Systems mit dabei, das gab es also nicht schon zu Kolumbus Zeiten. Judy war Mathelehrerin und hat erkannt, dass man mit Häusern in Perth gutes Geld machen kann. So viel, dass sich Rory mit 48 aus dem geregelten Berufsleben zurückziehen konnte. Dann hat er sich halt um seine Häuser gekümmert – und die Mieteinnahmen gezählt.

    Das alles erzählen sie uns in einem kleinen, ja eigentlich fast ein Fast Food Restaurant, direkt an der Hafenmauer. Mixed Gyros für 2 Personen um sagenhafte 10 €. Und wir plaudern, und es wird finster. Erst kurz vor 10 trennen wir uns. Die Beiden habe nur ein kurzes Stück zum Schiff und sind sicher früher da, als wir bei unserem Dinghi. Das liegt noch immer brav am Strand. Es gibt hier sowas wie Respekt vor Schiffen und Booten aller Art. Ich hab noch nicht gehört, dass da in Griechenland was passiert wäre.

    Jetzt haben wir aber ein Problem zu lösen: Philia liegt fast eine Meile entfernt, dazwischen etliche verankerte Segelschiffe und eine offene Bucht, aus der der Wind blasen kann. Außerdem versteckt sich Philia in der Dunkelheit. Am Nachmittag haben wir nicht daran gedacht, die Beleuchtung von Philia einzuschalten. Wir wollten ja viel früher zurück sein. Wenigstens haben wir den Reservekanister mit Benzin mit dabei.

    Schon spannend so, selbts unbeleuchtet (!), durch die dunkle Nacht zu fahren. Wo waren die Felsen vor dem Kap, wo ist die Bucht in der Philia liegt, welche Schiffe waren da davor und können uns zur Orientierung dienen. Das einzige Erkennungszeichen von Philia ist, dass unter dem Bimini eine Lichterkette hängt, die sich am Abend selbst einschaltet. Aber wenn Philia uns gerade den Bug zeigt, nützt das auch nichts.

    Da ist ein Schiff mit Licht unter dem Bimini, das nehmen wir! Nein doch nicht, das wäre zumindest Hausfriedensbruch gewesen – doch nicht Philia. Aber dort, weiter hinten schimmert schwach eine weitere Bimini Beleuchtung. Ja, die Schemen passen zu Philia. Wir haben sie gefunden. Jetzt noch die Einkäufe trocken ins Schiff bekommen und den Abend ausklingen lassen.

    Ein bisschen Sterne schauen oder so und den Tag revuepassieren zu lassen. Erstaunlich wie sich so ein Tag entwickelt und mit welchen Menschen man plötzlich interessante Gespräche führt und dabei in deren Welten eintaucht.

    Auch das macht Langzeitsegeln besonders.