Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Sifnos -Vathi

    Die letzten Tage schon sind wir im Kontakt mit Barbara und Stefan. Sie sind mit ihrer Amel LAUSA zurzeit in Milos unterwegs und würden uns gerne treffen. Der gemeinsame Weg nach Norden wird schon irgendwo eine gemeinsame Ankerbucht ergeben. Wegen des angesagten Meltemi wollen wir ohnehin einen kleinen Sprung weiter in die Bucht Vathi.

    Vathi, das gibt es öfter, es bedeutet ja nur „Hafen“. Das ist Vathi auch, eine große Naturbucht – allerdings ohne wirklichen Hafen. OK, es gibt eine kurze Mole aber nicht einmal eine regelmäßige Fähre hierher. Wie wir später erfahren, wurde erst um 1990 erstmals eine Straße in diese Bucht gebaut. Es ist also alles sehr jung, was wir hier sehen. Die Anbindung nach außen ist ein Bus, der mehrmals täglich die enge und steile Straße nach Apollonia, der Hauptstadt von Sifnos, fährt. Der bringt auch die Touristen in den Ort – und nimmt die Tagestouristen wieder mit.

    Für den Anker ist die Bucht herrlich. Sandboden, nicht ganz seicht, aber gut haltend – und das werden wir ja auch brauchen, bei angesagtem Meltemi mit Böen >35 kt. Mal sehen, was davon in der Bucht übrigbleibt.

    Der Ort besetzt den schmalen, flachen Bereich der Bucht, die gleich nach den Häusern stark ansteigt. Kein Wunder, dass die Hotels und Bars ganz nahe an das Wasser heran gebaut sind. Das lässt sich das Meer aber auch nicht gefallen und kommt daher den Häusern noch näher. So bleibt an einigen Stellen – eigentlich über mehr als 100 m kein Flecken Strand übrig. Wer da vorbei will muss durch das Wasser gehen. Auch ein Zeichen von Veränderung und dass der Mensch nicht vorgibt, was das Meer zu tun hat. Früher oder später wird es sich Stück für Stück die Siedlung zurückholen.

    Nur ein großes Luxushotel hat sich ein wenig weiter nach hinten und etwas höher gesetzt. Dafür ist der Weg zum Wasser jetzt sooooo lang, dass er den Luxustouristen nicht mehr zumutbar ist. Die bekommen dann vor jede Suite einen eigenen Süßwasserpool hin gebaut. Dass die Insel eigentlich keine eigenen Quellen hat, stört bei den Hotelbetreibern niemanden und die Touristen bekommen das nicht mit.

    Uns ist das egal, wir haben ja unsere Philia und sind weitgehend autark. Nur das mit dem Wasser müssen wir noch lösen, aber das ist eher eine Frage des Platzes und des Preises.

    Wir richten uns auf einen längeren Aufenthalt ein – der Meltemi hält, was er versprochen hat. Barbara und Stefan bleiben vorerst in Milos. So haben wir Zeit uns die Insel einmal anzusehen.
    Zunächst mit dem Bus nach Apollonia, dort dann ein Moped ausborgen. Und wohin jetzt?

    Unser erster Weg führt uns hinunter zum Ort Kastro. Das war früher der befestigte Hauptort und liegt auf einem Felsen über dem Meer. Auch heute noch ist der Ortskern nur durch wenige Tore zu betreten. Dahinter ein Gewirr von Gässchen ,so dass die Orientierung schwer fällt. Nur das Geräusch der an den Felsen brechenden Wellen und der Sonnenstand helfen uns, uns zurecht zu finden. Wenig ist da los heute.

    Das Leben muss recht beschwerlich sein, da alles, wirklich alles recht weit nach Hause zu tragen ist. Egal ob Bleistift oder Ziegel, alles wird auf kleinen Wagen hin und her gerollt. Für alte Menschen ist das eine wirkliche Herausforderung – aber was bleibt ihnen übrig. Vielleicht ist das mit ein Teil des Geheimnisses, dass es in Griechenland vergleichsweise viele alte Menschen gibt.

    Dann wollen wir zu einem Strand ganz im Norden der Insel, so groß ist die ja wirklich nicht. Viele Kurven und etliche Male auf und ab, dann noch scharf links einbiegen, aus Asphalt wird Beton, aus Beton wird Schotter. Und dann? Entsetzen! Ein kleiner, halbrunder Strand, hübsch gelegen. Aber auch ein paar Hundert Touristen, die sich in den wenigen Schatten der Bäume drängen – wirklich Handtuch an Handtuch.
    Brauchen wir das? Nicht wirklich! Ohne auch nur beim Wasser gewesen zu sein, drehen wir um. Da muss es schönere Plätze geben.

    Zum Beispiel den Paralia Vouludia. Das wollen wir probieren. Also zuerst die Straße zurück, wieder hoch hinauf, dann wieder hinunter. Diese Straße ist frisch asphaltiert, eine Kehre ist zum großen Parkplatz ausgebaut. Wir fahren trotzdem noch weiter. Zack, kein Asphalt, dafür stark zerfurchte und steile Sandstraße. Ich hab zwar schon wilde Wege gefahren, aber das ist mir zu wild! Noch sind es gut 100 Höhenmeter bis zum Wasser – das ist wiederum für Susi zu viel. Also wieder Rückzug.

    Na, dann gleich nach Kamares, dem Haupthafen. Aber nach Komenda – Art nicht über die Hauptstraße, sondern über das Gebirge. Susi fordert dann, auch zum Kloster am Berg abzubiegen – und gut war es!

    Ganz oben an der Kante des Berges liegt ein Kloster, heute völlig verlassen aber gut gepflegt. Und unter dem Kloster liegt die Bucht von Kamares. Ein wahnsinns Ausblick auf Kamares, dass 450 m unter uns liegt. Oder auf die offene Ägäis, oder nach Norden auf Serifos und Syros, oder im Osten Antiparos, Despotiko und Strongylo – und ein wild bewegtes Meer.

    Am Weg hinunter nach Kamares brauchen wir nicht viel Benzin, aber viel Bremsbelag 😉. Unten angekommen tauchen wir voll in den Tourismus ein: Beach Bars, Menschen mit kaum mehr als Nichts am Körper schlendern auf der Straße. In der Bar sitzt eine Großfamilie, bei der offensichtlich auch die Geldbörse recht groß ist. Als die zahlen erkenne wir den Wert der goldenen Kreditkarten: einfach hin halten und den PIN eingeben. Was da abgebucht wird ist völlig egal, weil die heutige Ausgabe im Vergleich zum heutigen Einkommen ohnehin nur unerhebliche Groschen sind.

    Wir schauen dem Treiben eine Zeit lang zu und fahren dann zurück nach Apollonia. Dort gibt es (genau) eine Gasse, in der sich am Abend das Leben abspielt. Zu unserer Zeit wird gerade hergerichtet. Die Restaurants räumen wieder ihre Möbel heraus, ein paar Geschäfte haben schon geöffnet. Wir schlendern da entlang und dabei fällt uns auf, dass wir heute noch nichts gegessen haben. Ob wir um die Zeit ein Lokal finden?

    Finden wir!
    Gleich in der Nähe der Kirche, ein paar Stufen hinauf in den Gastgarten, in dem viele Bäume und eine Weinlaube Schatten spendet. Das können wir heute gut gebrauchen. Außer uns sind nur zwei andere Paare da – aber es gibt was zu essen. Für den Nachtisch, in Griechenland zumeist ein Geschenk des Hauses – ein paar süße Kostproben zum Beispiel – bekommen wir eine ganze Weintraube, die der Wirt gerade eben über unseren Köpfen von der Rebe geschnitten hat. Frischer geht’s wirklich nicht!

    Spannend finden wir die Musik, die da im Hintergrund spielt: Ja, griechisch ist sie schon, also der Text. Der Rest pendelt zwischen Hausmusik auf einer Insel, Swing und Jazz bis hin zum Jodler mit dem Titel „Fahren wir nach Honolulu“ Schräg, aber lustig – uns gefällts und wir besorgen uns den Link zu Playlist, die es dann auch auf Youtube zu finden gibt. Bald haben wir dann die Songs heruntergeladen und immer wieder im Ohr.

    Am nächsten Tag haben wir nur ein Ziel vor: Das Kloster Christopigi. Es liegt an der Ostküste malerisch auf einer Landzunge. Vom Meer aus haben wir die Kirche schon gesehen. Nun geht es mit dem Moped dort hin. Und der Weg hat sich ausgezahlt. Ein wirklich magischer Ort, auf drei Seiten vom Meer umgeben.

    Wir nützen aber auch die Chance dort am Strand ins Wasser zu steigen. Es ist unerwartet warm, obwohl die freie Ägäis vor uns liegt. Dieser Sommer ist wirklich viel zu warm, auch im Wasser.

    Aber morgen, morgen dann geht die Reise weiter.

  • Sifnos

    Der Weg zurück nach Agii Theodori zu „unserer“ Werft beginnt. Wir haben zwar noch viel Zeit, aber die Stimmung geht irgendwie in diese Richtung. Der immer kürzer werdende Kalender tut sein übriges. Von Paros kommt man gut nach Sifnos, genauer in die Bucht Gialos, ganz im Süden. Der Wetterbericht verspricht gute, etwas starke Bedingungen, aber das sind wir ja schon gewöhnt.

    Der Wetterbericht spricht von nördlichen Winden und ebensolchen Wellen, wir wollen nach Südwesten – das passt also gut. Kaum strecken wir die Nase aus der Bucht von Parikia, reffen wir schon wieder ein, denn 17 kt sind doch starker Tobak unter Vollzeug. Und dann nehmen auch noch die Wellen zu. Da klatschen dann 1,3 m Wellen seitlich ans Boot. Am Bug geht die Gischt hoch und aus dem Vorsegel rinnt das Wasser, als wäre es frisch gewaschen. Das hat sich später dann auch noch eine gründliche Süßwasserdusche verdient.

    Der Ritt ist recht unangenehm, so dass wir von Hand steuern. Das gibt uns das Gefühl die Lage besser beeinflussen zu können. Immer gelingt das nicht! Die Wellen ziehen schräg unter Philia durch, so dass sie massiv aus dem Kurs gedrängt wird. Da wird der Ruderdruck schon ganz schön kräftig. Hin und wieder wird er so groß, dass Philia richtig in den Wind schießt, also mehr als 45° vom Kurs abweicht, ohne dass wir aktuell was tun können. Abwarten bis die Welle durch ist, das Boot einfangen und wieder auf Kurs bringen.

    Da wir das Großssegel mit unserem Bullenstander, einer Leine vom hinteren Ende des Baumes zum Bug und zurück ins Cockpit, gesichert haben, kann das Segel auch nicht umschlagen. Das entspannt die Sache ungemein. Und so schaukeln und tanzen wir immer näher an Sifnos heran und sind schon nach 4 Stunden vor der Einfahrt zur Bucht Gialos. Bis hier her war das also ein Schnitt von 5,8 kt (10 km/h)- ganz ordentlich für das kleine Schiff und die hohe Welle.

    Wir kennen die Bucht, da waren wir schon einmal. Heute ist sie nicht sehr freundlich zu uns: mit 24 kt (45 km/h) faucht uns der Wind entgegen. Etliche Schiffe liegen schon da, aber alle mit recht viel Abstand zum Strand und den Begrenzungsbojen des Schwimmerbereiches. Der kleine Hafen scheint voll zu sein, aber der interessiert uns ohnehin nicht. Der kleine Volvo Motor gibt sich Mühe und schiebt uns näher an das Ufer heran. Wir müssen jetzt einen Platz finden, der einerseits nahe an den gelben Schwimmerbojen ist und andererseits genügend Platz zu den anderen Schiffen bietet, damit wir gut 45 m Kette rauslassen können.

    Ziemlich souverän steuert Susi so einen Punkt an. Ich übernehme dann am Bug die Einweisung an den exakten Ankerplatz. Wir wollen den Anker ja nicht auf Seegras werfen. Unser Jambo Anker hält zwar da auch gut, aber dem Seegras würde das schaden. Der Punkt ist gefunden, Philia stoppt bei dem Wind augenblicklich, der Anker rauscht ins Wasser und die im Wind davon treibende Philia legt die Ankerkette in gerader Linie auf den Grund. Bei der Kettenmarkierung von 45 m klemme ich die Kettennuss fest. Die Kette spannt sich und Philia, die quer zum Wind getrieben ist, schwingt mit einem Ruck herum. Das reicht, um den Anker in den Sand zu graben. Ein Einfahren unter Motor können wir uns heute ersparen.

    Wir versorgen noch das Schiff, entlasten die Ankerkette, räumen unten ein wenig auf und kommen auch seelisch an. Wären wir da so entspannt im Cockpit sitzen, fahren erstaunlicherweise einige Schiffe ab – doch nicht wegen uns?!

    Nach einiger Zeit kommt ein Charterboot an, dass neben uns ankert. 6 junge Damen und der Charter-Skipper. Der beschließt nach einiger Zeit, dass es für seine Damen vielleicht netter wäre, wenn sie sich einen Platz im Hafen suchen. Außerdem ist er ja ein gestandener Seebär und was sollen ihn da die Böen beeindrucken. Anker auf, an die Tat.
    Naja, fast eine Stunde hat er im Hafen hin und her geruckelt, den Anker einmal da, einmal dort hinuntergelassen aber nie mit dem Heck den gewünschten Platz getroffen. Dann gibt er auf und kehrt zum Platz neben uns zurück – doch nicht so souverän wie gedacht, der Herr Skipper.

    Wir lassen unser Dinghi ins Wasser und fahren an den Strand. Ein bisschen was einkaufen, in eine Töpferei schauen, sich ein bisschen die Füße vertreten. Bei einer der Tavernen einzukehren, freut uns aber nicht. Wir wollen ja unsere Vorräte aufbrauchen.

    Am Abend lässt der Wind nach, schläft fast ein.

    Eine sternklare Nacht begrüßt uns.

  • Parikia

    Trotz aller Schönheit und Entspannung – wir, besser unsere Gäste, müssen zurück nach Hause. Und der erste Schritt dazu ist wieder zurück nach Parikia zu fahren. Also raus aus der Bucht und – ja, Wind schon, aber wieder auf die Nase! Ich glaub, dass wir fast 70% unserer Strecken mit Wind von vorn zurücklegen. Weltumsegler haben es da einfacher, die haben den Wind fast immer von hinten.

    Also Segel setzen und wieder einmal hinaus, statt der Küste entlang. Aber nicht zu weit hinaus, denn wenn dann der Wind einschläft, und das soll er, ist man weit weg von der Kurslinie und muss zusätzliche Strecken motoren. Also immer ein wenig taktisch planen und fahren.

    Ein Stück hinaus, dann eine Wende wieder zurück. Plötzlich entdecken wir am Horizont ein schnelles weißes Schiff, das wirklich rasch näher kommt und genau auf uns zu hält. Was sagt das AIS? Die Superfast Fähre von Naxos mit Ziel Parikia. Supesfast heißt in dem Fall 35 kt also gut 60 km/h. Wir hingegen dümpen mit kaum 6 km/h in seiner Fahrspur herum – aber unter Segeln. Wir haben Kurshaltepflicht und er muss ausweichen – aber weiß er das auch?

    Na, einmal kurz nachhelfen: „Superfast from Philia“ „Philia go ahead“ „We are a Sailboat under sail” – das sind die magischen Worte – „and my AIS shows a CPA of 30 m only” – das zeigt die Dringlichkeit – „please give way” – das ist unsere Hoffnung.
    „Don’t worry, we have it under control“ – na, das past ja. Wir können dann nur mehr zusehen, was da jetzt passiert. Die Fähre ändert den Kurs um 2°, das reicht, und sie brettert 3 Minuten später 250 m entfernt an uns vorbei! Ich liebe die Technik!

    Bald danach verabschiedet sich der Wind und wir erreichen unter Motor die Ankerbucht. An fast der gleichen Stelle parken wir wieder ein. Den Nachmittag nützen wir, um den „Kindern“ Parikia zu zeigen, denn um das hatten wir bisher einen Bogen gemacht. Nur ein kurzer Rundgang, denn am Abend wollen wir ins Restaurant Arodo. Ein sehr schöner Platz in der Nachbarbucht, den wir mit einem kleinen Spaziergang über die Klippen erreichen. Noch brennt die Sonne und jede Art von Abkühlung ist uns recht. Erst als sie hinter dem Hügel verschwindet, wird es erträglich.
    Wir genießen einen letzten gemeinsamen Abend bei tollen Speisen und träumen von vergangenen und zukünftigen Taten.

    In der Früh bietet sich die Chance im Hafen an die Mole zu gehen und Wasser zu tanken. Dabei werden dann auch gleich die „Kinder“ verabschiedet, die um 10 ihre Fähre nach Mykonos haben. Das Einzige, was dort interessiert ist der Flughafen. Die Insel selbst hat sich zum Ibiza Griechenlands entwickelt: Party zu Preisen, die man nicht einmal am Mond bezahlen will. Hotelbunker die so überhaupt nicht in die Kykladen passen – einfach nur abstoßend, zumindest für uns.

    Susi und ich ziehen uns rasch in die Ankerbucht zurück und machen noch einen Tag Pause. Das Schiff wird wieder auf ein 2 Personen Boot zurück gebaut. Das Gepäck wieder gleichmäßig verteilt und die eingekauften Nahrungsmittel und Wasserflaschen verstaut.

    Wobei, beim Einkaufen werden wir mittlerweile sparsamer: Ein Ende ist absehbar und wir müssen das Schiff „leer essen“.

  • Naoussa Bay

    Für das Ende des Urlaubs wollen wir mit Sophie und Felix zuerst noch nach Naoussa zum Frühstück und erst gegen Mittag von Parikia noch ein kleines Stück weiter in die Bucht von Naoussa. Da gibt es eine bunte Mischung von lokalen Ausflugsbooten, Seglern wie uns und Superyachten aller Preisklassen. Dazu noch schönes Wasser, Windschutz und einen netten Strand.

    Wir ziehen den Anker aus dem Sand und Seegras von Parikia und schleichen aus der Bucht. Immer bedacht der ablegenden Fähre nicht in die Quere zu kommen. Dann noch an der roten Boje vorbei und gut Abstand halten vom Kap. Dann geht’s hinaus aufs offene Meer. Der Wind empfängt uns mit angenehmen 14 kt, aber auch aus einer Richtung, bei der wir zumindest ein Stück weit hinaus müssen, bevor wir wieder an die Nordspitze von Paros zurück können.

    Kurz vor der Wende entdecken wir schwarze Segel, die rasch näher kommen und dabei unablässig größer werden. Einer von den wirklich großen Großseglern, der tatsächlich unter Segeln unterwegs ist. Schaut schon sehr elegant aus, wie der knapp vor uns vorüber zieht. Wir wenden, und fahren ihm nach. Offensichtlich will auch er in die Bucht von Naoussa.

    Nicht lange später sehen wir, dass der Großsegler seine Segel einholt – kein gutes Zeichen, der Wind lässt nach. Auch wir müsse bald unseren Motor anwerfen und kommen nur so an den Ankerplatz. An Susis Lieblingsstelle parken wir ein und genießen den Rest des Tages.

    Was ist sonst noch so da? Naja, die Bucht ist recht voll. Da liegen 6 Superyachten mit Landleinen aufgereiht wie bei einer Boat Show, am anderen Ende der Bucht noch 3 oder 4 Segelboote unserer Größe. Weiter weg vom Ufer mittlerweile 3 Großsegler. Die haben halt viel Tiefgang, müssen daher weiter draußen stehen, brauchen mehr Ankerkette, und damit mehr Abstand zu einander. Groß hat nicht immer nur Vorteile 😉.

    Wir lassen die Zeit verfließen, schwimmen, lesen, lassen es uns gut gehen. Plötzlich Aufregung: Sophie hat  eine Schildkröte entdeckt, die zuerst unsere Bordwand entlang schwimmt und dann zu einem Seegrasflecken abtaucht. Bald sind wir alle vier im Wasser und schauen ihr von oben beim Fressen zu. Das ist ihr völlig egal. Erst als Felix sich ein wenig nach unten sinken lässt nimmt sie Notiz von uns, schaut kurz auf, sondiert die Lage und – frisst weiter.

    Nach 5 Minuten bei der Schildkröte schwimme ich zurück zu Philia. Aus dem Augenwinkel erkenne ich einen ungewöhnlichen Schatten an mir vorbei ziehen. Was war das? Fisch war das keiner, zumindest kein gewöhnlicher. Groß wie eine Schildkröte, aber viel eleganter. Das Ding schwimmt einen langen Bogen und ich schneide die Kurve ab. Das lässt mich näher kommen. Das Ding ist rautenförmig, mit einem dünnen Schwanz. Zur Fortbewegung „fliegt“ es unter Wasser. Ein Rochen – hier?

    In Symi hat Susi eine Rochen entdeckt. Der hatte aber rund um den Körper Saumflossen, die als Antrieb genutzt wurden. Der hier flattert mit den Flügelspitzen, nein Flattern kann man das nicht nennen: er schwingt die Flügel sanft auf und ab. Sowas machen nur die Teufelsrochen! Der hier hat eine Spannweite von gut 1 ½ m und ist damit eigentlich noch klein. Mehr als 4 m können das bei erwachsenen Tieren sein.

    Er stoppt kurz, schwimmt ein paar Zentimeter rückwärts, um was zu fressen. So komme ich fast genau über ihn. Drei Meter unter mir liegt er quasi am Boden. An den Flügelspitzen erkenne ich zwei helle Linien, sehe die Färbung auf seiner Oberseite. Irgendwas schreckt ihn auf, zwei, drei kräftige Flügelschläge und er verschwindet mühelos und elegant, so schnell wie er sich mir gezeigt hat. Dem Rochen nachzuschwimmen ist einfach sinnlos. Ich bleibe noch beeindruckt ein bisschen an der Stelle, bevor ich die paar Meter zu Philia zurückkehre.

    Was für ein Anblick!

  • Parikia / Antiparos

    Zum Urlaub gehört sight seeing. Das heißt hier sich ein Moped zu mieten und die Insel zu erkunden. Wobei, wir sind ja schon erfahren und sind da eher Reiseführer. Vor dem Spaß ist allerdings Arbeit angesagt: Die Wassertanks sind fast leer.

    Also einmal den Anker rauf holen und 300  m weiter in Parikia am Steg wieder fest machen. Dort gibt es gutes Wasser gegen gutes Geld. 100 Liter für 1 Euro, ist nicht viel aber immerhin etwas. Die Griechen, und besonders die auf den Inseln kämpfen ja teils massiv gegen den Wassermangel. Ich kann da nicht verstehen, dass da manche Skipper täglich ihre Schiffe waschen. Bei unserer kleinen Tschunke geht das nicht unter 200 Litern!

    Dann wieder zurück ins Ankerfeld und erneut an Land, diesmal aber mit dem Dinghi. Gleich neben dem Supermarkt ist ein Moped und Autoverleih und dort werden wir 70 € los für 2 Mopeds und 24 h. Das geht sich gut aus für uns vier.

    Der erste Weg führt uns in die Berge ins Dorf Lefkes. Das liegt zwar 300 m über dem Meer, kühler ist es aber trotzdem nicht. Zuerst schlendern wir durch die Gassen, biegen aber bald zu unseren „alten Damen“ ab. Die haben auf ihrer kleinen fast privaten Terrasse ein paar Tische aufgestellt, kochen und backen für die Gäste in ihrer Küche. Das private WC wird halt mitbenutzt. Die entspannten Atmosphäre und die liebevoll bereiteten, sehr originalen Speisen laden uns immer wieder ein, hier her zu kommen.

    Später fahren wir dann zurück, an Parikia vorbei zu den Schmetterlingen. Da gibt es einen kleinen Garten, der zufällig recht feucht ist, und das nutzen viele Hundert Schmetterlinge, Spanische Flaggen oder Russischer Bär genannt, um sich hier zur Paarungszeit einzufinden. Durch das dichte Gehölz führt ein gewundener Pfad, im Unterholz und auf Blättern sitzen dann die Schmetterlinge.

    Einmal wurden sie durch einen umherstreifenden Baummader gestört. Plötzlich sind sie dann nicht mehr gut getarnte braun-beige Flecken, sondern schillernde rote Punkte in der Luft. Bis sie sich wieder setzen und die Flügel zusammenfalten. Dann sind sie wieder verschwunden.

    Auf dem Gelände werden auch verschiedene Baumsorten kultiviert, dabei auch manche sehr seltene. Ein großer Maulbeerbaum steht da, oder, in einem kleinen Obstgarten, eine wilde Zwetschke. Die Früchte kaum größer als Kirschen, der Kern dafür auch in Kirschkerngröße. Und das Fruchtfleisch – unglaublich aromatisch. Nachdem das weder die Besitzer, noch die anderen Besucher tun, haben wir den kleinen Baum um mehrere händevoll der Zwetschken erleichtert – herrlich!

    Die Schmetterlinge waren eigentlich nur eine Zwischenstation am Weg nach Antiparos, und dort hin geht es jetzt weiter. Aber halt, da war doch eine kleine Gärtnerei. Susi’s Basilikum hätte schon längst ein Seebegräbnis verdient, und da muss jetzt Ersatz her – sofort. Also rein in die Gärtnerei, ein seefestes Basilikum ausgesucht und mitgenommen. Das Ding ist halt 40 cm im Durchmesser, ein anständiger Topf dazu, und das soll jetzt mit dem Moped transportiert werden? Ja, zwischen den Beinen des Fahrers, die Griechen machen das doch auch mit ganz anderen Sachen. Na, geht doch! Bei der Fähre müssen wir die Mopeds halt so abstellen, dass das Basilikum nicht auffällt und Beine bekommt 😉. Aber auch das gelingt!

    In Antiparos schlendern wir durch die Hauptstraße, die mit den vielen Geschäften. Diesmal aber bis ganz ans andere Ende, denn eigentlich wollen wir an den Strand. Und was für ein Strand das ist! Ein breiter Sandstrand, ganz ohne Röstereianlagen, also pur-Natur, und einer Reihe noch recht junger Tamarisken, die sich bemühen Schatten zu spenden. Sehr nett – und das Wasser erst ….

    Am Abend dann, geht es zurück durch die Hauptstraße bis zu Manos. Das „Manos“ ist ein griechisches Restaurant, dass trotz Kärnterstraßen-Flair der umliegenden Geschäfte, noch ganz am Boden geblieben ist. Gute griechische Küche zu traditionellen griechischen Preisen. Auch daher kommen wir immer wieder gerne.

    Erst nach 22 Uhr erreichen wie wieder Philia und lassen den Tag im Cockpit ausklingen.

  • Ritt nach Paros

    Der Plan ist, ganz gemütlich von Koufonisia, südlich vorbei an Naxos, über die Straße zwischen Naxos und Paros und weiter zwischen Paros und Antiparos bis nach Parikia / Paros zu segeln. Ist zwar eine längere Tour, aber genau das wollen ja unsere Gäste.

    In der Bucht schaut es noch ganz manierlich aus. Gleich vor der Bucht kommen alle Segel voll heraus und wir brausen mit dem Wind dahin. Aber schon kurz danach, wir müssen etwas anluven um zwischen Koufonisia und einer Nachbarinsel durch zu kommen, müssen wir in mehreren Schritten die Segel wieder verkleinern. Bei mehr als 23 kt und den Wind dann schon von der Seite, zielen wir auf die nur 300 m breite Durchfahrt. Wie stark sich der Wind dort ändert, was eine Strömung dort macht und ob nicht im ungünstigsten Moment ein Schiff aus dem Hafen kommt – alles kann passieren.

    Wir alle sind angespannt, ich bin ständig am Plotter und im Niedergang, um Elektronik und Natur zu vergleichen, die Damen haben ein Auge auf die Segel und andere Schiffe und Felix – der steht am Steuerrad und strahlt über beide Ohren.

    Die Übung gelingt und … der Wind dreht nach hinten und schläft völlig ein. Er gönnt uns aber nur eine kurze Atempause. Gerade lang genug, um die Segel wieder groß zu machen. Wir brauchen sogar kurz den Motor, um aus einem Flautenloch, in das wir getaumelt sind, wieder herauszukommen. Seltsame Gegend!

    Es hat aber alles seine Erklärung: Der Nordwind wird von Naxos geteilt und strömt Teils im Westen, Teils im Osten an der Insel vorbei. Am jeweiligen Südende biegt der Wind ins Lee der lnsel ab. Also der Wind im Osten dreht nach Westen, der im Westen dreht nach Osten. Im Endeffekt treffen sich die Strömungen im Lee von Naxos und, ja – ergeben unstete Winde und Flautezonen.

    Aber dann: Dann hat der westliche Wind wieder die Überhand und macht das sehr deutlich: Viel Kraft und viel Westwind, so viel, dass wir die Südspitze von Paros nicht mehr anlegen können. Mehr als 35° müssen wir nach Süden ausweichen, um überhaupt zu fahren. SO kämen wir dann eher in den Süden von Strongylo – wenn überhaupt.

    Aber, lieber Wind, wir kennen Dein Spiel: Je weiter wir über die Straße zwischen Naxos und Paros kommen, um so weiter dreht er wieder nach Norden um bei Erreichen von Paros wieder eine ganz starke Komponente aus Osten hat. Neue Insel, gleiches Spiel.

    PHILIA mag das und rennt dahin, selten weniger als 6 Knoten, eher 7, manchmal auch fast 8!! Wellen gibt es ja nicht viele so knapp hinter einer Insel, das kommt uns auch zu Gute. Bis wir an das westliche Ende von Paros kommen. Auch dort wieder die Drehung des Windes auf Westwind, and der Ecke sogar Nordwest. Und der Kerl frischt auf – ich sag Dir.

    Bald schon lesen wir Böen von über 30 kt ab, und das hart am Wind, die Segel klein wie Badetücher und 6 kt Fahrt. Muss nicht sein! Gibt es einen Ausweg? Ja, wir sind ja nahe bei Alki und da haben wir schon einmal geankert. Da wissen wir, dass der Grund hält. Andere Schiffe stehen auch schon da, kleine Segler wie wir, aber auch große Superyachten. Na, wenn die schon festmachen, dann sollten wir auch Schutz suchen.

    Also, die Segel weg und den Motor an. Geht erstaunlich gut, bei 2000 Umdrehungen, das ist unser Standard, schaffen wir immer noch 4,3 kt. Immerhin verlieren wir mehr als 1 kt durch den Wind. Bei der Anfahrt auf den Ankerplatz müssen wir kurz direkt gegen die Wellen, und das mag PHILIA gar nicht. Die Fahrt fällt auf knapp über 3 kt. Man hört, dass der Propeller überlastet ist und die Leistung nicht mehr in das Wasser übertragen kann. Da stimmt dann die Physik einfach nicht mehr.

    Es gibt aber einen Ausweg: Kreuzen unter Motor. Als nicht direkt in die Wellen fahren, sondern nur schräg. Da bremsen die nicht so und PHILIA kann wieder Fahrt aufnehmen. Sobald wieder 4 kt Fahrt aufgebaut sind, funktioniert der Propeller wieder und wir können den Ankerplatz anlaufen.

    Ankern bei den Bedingungen ist auch eine besondere Sache: Da kann man nicht lang nach einem Sandfleck suchen sondern muss nehmen, was vor den Bug kommt. Aufstoppen – macht eh der Wind innerhalb von Sekunden – den Anker wirklich ins Wasser fallen lassen und dann viel Kette auslaufen lassen. PHILIA treibt im Wind sofort quer und nimmt seitlich Fahrt auf. Bei 50 m Kette auf 5 m Wassertiefe ist es aber genug. Ich blockiere die Ankerwinsch, die Kette spannt sich knirschend, der Bug schwingt recht abrupt in den Wind.

    Stillstand, der Anker hält! Einfahren brauchen wir den nach dieser Aktion nicht mehr.

    Jetzt ist einmal Pause angesagt. Die letzten Stunden waren anstrengend genug.

    Aber eigentlich wollten wir nach Parikia, und irgendwie haben wir den Eindruck, dass der Wind etwas nachlässt. Richtig, bei den Superyachten setzen sich auch immer mehr in Bewegung. Ob wir’s versuchen sollen? Einfach unter Motor nach Norden?

    OK, wir machen das. Gerade noch rechtzeitig, um vor dem Sonnenuntergang nach Parikia zu kommen, ziehen wir um 6 den Anker aus dem Grund und ziehen los. Schon am Kap von Aliki wird der Wind etwas schwächer, es dürfte funktionieren. PHILIA kämpft tapfer gegen den Wind an, aber wir machen Strecke.

    Bald kommen wir nach Antiparos. Heute ist da wieder Superyacht Show. Was da so alles herum steht – unglaublich. PHILIA wäre da nicht einmal das längste Beiboot!! Aber was ist so eine große Yacht unter lauter großen Yachten? Ganz normal, nichts Besonderes. Unseres ist es nicht, wobei, so ein Ding einmal von innen sehen, die Technik erleben und die andere Perspektive – wäre irgendwie schon nett. So als Blick hinter die Kulissen. Der „Hotelbetrieb“ interessiert mich hingegen gar nicht.

    Bei Antiparos müssen wir noch durch die Flachstelle und dahinter werden wir von Wellen begrüßt. OK, halten wir auch noch aus. Nach fast exakt 2 Stunden können wir uns im Ankerfeld von Parikia einen netten Platz aussuchen.

    Anker runter, fertig. 37 aufregende Meilen liegen hinter uns.

    Jetzt ist dann wieder Urlaub und Erholung angesagt.