Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Die Hölle von Almira

    Almira ist ein riesiger Bootsparkplatz für deutlich über 700 Schiffe. Jetzt sind noch knapp 100 da. Die Fläche ist gepresster Asphaltschutt, also schwarze Brösel, die die Sonne gut aufnehmen und die Schiffe auch von unten gut heizen. Knapp unter 40° kann es da schon haben. Zur Erleichterung bringt der Wind entweder Rauch und Geruch von der nahen Raffinerie, heiße Luft vom Festland oder Staub und Gestank von der Müllsortieranlage.
    Oder es ist gar kein Wind und man dampft einfach so vor sich hin.

    Ideale Bedingungen also, um im Schiff in irgendwelche Löcher zu kriechen und dort in völliger Verrenkung feinmotorische Arbeiten zu erledigen. Ich bin ja fest überzeugt, dass die Erfinder von Hot-Yoga in Wirklichkeit Schiffsmechaniker waren. Uns ist es jedenfalls so heiß, dass wir mit einer kleinen Mahlzeit pro Tag auskommen. Dafür sind dann aber 3 Liter Wasser nicht genug um zu überleben.

    Nach der 2. Nacht am Schiff sucht Susi einen Ausweg, und das ist einmal mehr ein Appartement mit Klimaanlage und kaltem Wasser. Sie verbringt also viel Zeit dort, ich werkle am Schiff und kämpfe um jeden Punkt auf der To-Do Liste.

    Schon am Montag fahren wir nach Athen zu Alpha Sails, um unsere Genua modifizieren zu lassen. Das große und bauchige Segel ist gut für wenig Wind. In der Ägäis ist aber meist recht viel Wind und da wird das Segel aufgerollt und verkleinert. Jetzt passt aber eine gerade Stange als Kern der Rolle nicht zu einem bauchigen Segel, und so bekommt unsere Genua einerseits Falten und andererseits ist auch das Fetzerl das übrig bleibt sehr bauchig – was wiederum für die Aerodynamik nicht wirklich gut ist. Das Schiff fährt langsamer als nötig und legt sich mehr auf die Seite. Besser wärs, wenn’s nicht so wär.

    Aber Lydia hat uns versprochen, das Segel innerhalb eines Tages fertig zu machen, und so ist es dann auch. Tolles Service, tolle Verbesserung! Eine kleine Modifikation am Großsegel gibt es dann als Zugabe oben drauf. Lydia und Alpha Sails kommen auf unsere Empfehlungsliste.

    Und sonst am Schiff: Lithiumbatterie Installation abschließen, Wassermacher fertig machen, …. Langsam geht es voran, aber jedes Mal einen Punkt weg zu streichen ist eine Erfolgsbestätigung und ein Schritt näher ans Wasser. Bis, ja bis es für mich nicht mehr weiter geht. Irgendwas stimmt mit der neuen Lithumbatterie nicht. Ich kann sie nicht aufladen oder entladen. Dabei sind sie ziemlich voll. Ist das BMS (Batteriemanagement System = Steuerung der Batterie) schon wieder kaputt? Passt was anderes nicht? Was passt nicht und was kann ich da unternehmen?

    Keine Idee! Ich weiß nur, dass ich ohne funktionierender Batterie nicht aus Almira weg komme und in dieser Hölle gefangen bin. Den Einwasserungstermin am Mittwoch muss ich schweren Herzens streichen – aber wie komm ich da weg?

    In meiner Verzweiflung rufe ich am späten Abend Christos von MicroYachts an. Er kann mir zwar nicht helfen, kennt aber Elektriker. Einer davon hat schon an PHILIA gearbeitet, beim Erneuern der Mastelektrik. Der geht zwar ans Telefon, ist aber grad auf irgendeiner Insel unterwegs. Aber Emilios, der verspricht am Mittwoch Abends vorbei zu kommen. Bis dahin …. weiter schwitzen und nicht verzweifeln!

    Und Emilios kommt tatsächlich und schaut genau so ratlos wie ich. Er misst, er denkt, wer probiert – alles ohne Erfolg. Nach 1 ½ Stunden gibt er auf und verspricht, sich mit Freunden zu beraten. „Er meldet sich“.

    In der Früh bemerke ich, dass über eine der 4 Solarzellen ganz wenig Strom in die Batterie fließt, so an die 2 Ampere – über 500 könnte sie in einer Stunde aufnehmen – aber immerhin, es tut sich was. Langsam kann ich immer mehr Solarzellen dazu schalten, so dass ich zum Schluss fast 20 A in die Batterie laufen lassen kann.

    Parallel dazu suche ich nach Hilfe bei Experten in Deutschland und in China: Was könnte da los sein? Welche Einstellungen könnte ich probieren? Telefonate und WhatsApps in schneller Abfolge – und dazwischen Veränderungen am System. Parallel dazu, in meiner Verzweiflung, auch Überlegungen das ganze Zeug raus zu werfen und durch was anderes zu ersetzten. Kostet viel Geld und ist zum Glück alles nicht lieferbar 😊 – damit ist diese Variante auch schon wieder gestorben.

    Offensichtlich war die Batterie in einer Art Schutzblockade, die keinerlei Stromflüsse zugelassen hat. Einmal zurück ins Leben gekitzelt, tut sie nun, was sie soll. Ganze zwei Tage wurschtle ich da herum!

    Aber ich kann einen neuen Krantermin vereinbaren:
    Freitag Mittag, als letztes Boot des Tages, mit der Option im Kranbecken liegen zu bleiben, bis Susi das Auto nach Athen zurück gebracht hat.

    Es geht doch ins Wasser – ein Ausweg aus der Hölle ist gefunden

  • Wieder zum Schiff

    Der Flug ist schon lange gebucht, das Gepäck dazu auch. In Athen wartet dann ein Auto auf uns, damit wir nach Agii Theodori kommen. Davor aber liegt das Einpacken aller im Winter gesammelten Mitbringsel. Die großen Dinge sind ja schon da, jetzt kommt noch „Kleinzeug“ dazu. Als Segler ist man ja nie zufrieden mit dem, was man hat. Da muss immer noch herumgebastelt und verbessert werden.

    Die To-Do Liste ist auch schon wieder auf über 3 Seiten angewachsen und wartet auf Abarbeitung in den ersten Tagen. Vieles an Land, doch einiges kann erst erledigt werden, wenn Philia schon schwimmt. Und so wie das Wetter aussieht, zumindest bei windy.com, müssen wir ohnehin ein paar Tage warten, bis wir die Ägäis queren können.

    Zuerst aber müssen wir hinkommen. Der Flug, diesmal Aegaean, ist schon lange gebucht und Susi hat ihre Flugfreigabe auch schon erhalten. Jetzt stapeln sich halt wieder Ersatzteile, die auch mitkommen wollen

    Diesmal fliegt ein kleiner Dampfstrahler mit – das Deck will gepflegt werden. Dann ein Ozongerät gegen Gerüche und Schimmel – das ist für Susis Gesundheit wichtig. Zwei neue BMS Systeme (Battery Management für die Lithium Batterien). Ein neuer Gartenschlauch, Sonnensegel – Sonnenschutz, wenn wir vor Anker liegen, neue Treppen-Teppiche für den Abgang, gegen die Rutschgefahr, Klettbänder zur Sicherung der Spannschrauben am Rigg – naja, so Klumpert halt.

    „Das Übliche“, also Gewand und so Zeug, kommt relativ wenig mit. Immerhin ist PHILIA unser schwimmender Zweithaushalt, und es lagert schon viel am Schiff. Trotzdem wird die Gepäcksgrenze aufs Kilo genau ausgenützt. Ein Karton mit schweren Teilen, Flüssigkeiten und Chemie, eine große Reisetasche, 2 kleine Handgepäckstücke, …. Wird schon irgendwie gehen. Immerhin wartet ein Leihwagen (fast) am Flughafen auf uns.

    Fast, weil in Athen die Autoverleiher viel Geld sparen, indem sie ihre Stationen ein paar km weg vom Flughafen haben und dafür einen Shuttlebus einsetzen. Dafür sind die Preise dann sensationell niedrig, zumindest bei Sonderangeboten und in der Nebensaison. Diesmal, Ende Juni, zahlen wir für einen Kleinwagen 70€ für 4x 24h. Kann man nicht meckern. Im Oktober ist aber auch 7 Tage um insgesamt 21 € drin – Hauptsache das Fahrzeug wird bewegt.

    Aber das hat natürlich auch einen Haken ….

    Die To-Do Liste

    Start up 2025

    • Abdecken
    • Begehbar machen à Deckel schließen, Pölster zurück
    • Ausräumen à alles an Deck legen, Vorsegel ins Auto
    • Bad ausräumen
    • Check nach Schäden innen und außen
    • Einkaufen gehen (Samstag ist’s, aber nur wenig – kl. Kühlschrank)
    • Strom
      • Motorbatterie zurück stellen / Spannung messen – 0,5h
      • Solar Kabel zurück anschließen (Masseknoten / Plus Knoten) – 0,5h
      • Landstrom anschließen
      • Batterie 560 im 1:1 Modus vollladen
    • Bett fertig machen
    • Taschen ausräumen

    • Entlüften / unter Druck setzen
    • Dichtheit beim Boiler – check, neue Anschlüsse
    • Kühlschrankablauf mit Stopfen verschließen
    • Victron Multiplus
      • Verbindungsaufbau
      • Einstellungen ??
    • Getriebeöl einfüllen – 0,5h
    • Ausrichtung Motor / Propellerwelle Zentrierung – 3h
    • Ventilspiel einstellen – 1h
    • Keilriemenspannung prüfen
    • Impeller tauschen – 1h
    • Propeller anbauen
    • Probelauf mit Kübelwasser
    • Abkärchern mit dem Bosch
    • Bimini montieren à Position der Querstäbe abmessen (Längen)
    • Leinen einziehen
      • Fock Reffleine
      • Fockschot
      • Baumniederholer
      • Holepunktverstellung
      • Bullenstander
      • Führungsauge Fock Reffleine – neu herstellen
      • Motorkran Leinen einfädeln
      • Gurte für Beiboot
      • Liefeline verlegen à Dienstag Abend
    • Rettungsmittel anbringen (Hufeisenreifen, Wurfsack, Boje)
    • 2x MPPT (Bimini) ins Heck und anschließen
    • Leitungen neu ziehen (nur ein Durchgang für 6 Leitungen)
    • Batterie Service 560
      • BMS 560 Austauschen – 2h
      • BMS 560 Settings und Test Betriebsverhalten
      • BMS 560 vs Multiplus à Ladestrom > 40 A
      • BMS 560 vs Solar à Ladestrom bis 30 A
      • Batterien vollladen im 1:1 Modus
    • Batterie O2 (à ev. auch später, so lange noch am Landstrom)
      • BMS 150 austauschen
      • 1 Tasche austauschen
      • BMS 150 Settings und Test Betriebsverhalten
      • BMS 150 Multiplus à Ladestrom > 40 A
      • BMS 150 Solar à Ladestrom bis 30 A
      • Batterien vollladen im 1:1 Modus
    • Batterien zusammenschalten im 1+2 Modus
    • Abfahrt 06:45 – 08:00
    • Auftrag
    • Material (Bimini Stoff, Segellatten für Bimini, Spi-Tuch Reste, …)
    • Sprayhood montieren
    • Ankerwinsch reinigen / schmieren
    • Kette umdrehen und neu markieren

    Ankeraufholen

    • Kiel anschleifen 400 grid à ausborgen von Christos
    • Rettungsmittel anbringen (Hufeisenreifen, Wurfsack, Boje)
    •  
    • Alle Sicherungen entfernen
    • Topwant entlasten, Vorstag entlasten
    • Mast 300 mm Mastfall einstellen
    • Topwanten spannen 15%
    • gerade stellen mit Unterwanten
    • Achterstag vorspannen 15%
    • Vorbiegung mit Unterwant und Babystag einstellen ca <= ½ Mastbreite (80 mm)
    • Topwanten spannen
    • Alle Spanner sichern à neue Sicherungen
    • Bestätigung bei Despina oder verschieben auf Donnerstag
    • Zahlen Überwinterung
    • Zahlen Anzahlung
    • Hafenkapitän – Anmeldung
    • Abfahrt 15:00-16:25
    • Auto zurück
    • Zug nach Agii Theodori
    • Segel setzen à neuer Schäkel am Genuahals
    • Seeventile dicht
    • Propellerdichtung fluten
    • Motor starten
    • Kühlwasser
    • Getriebe vor / zurück / Schaltpunkte
    • Ladung von Generator
    • Nachmessen
    • Ober und Unterwanten + Babystag
    • Justieren wo nötig (nach jeder Wende)
    • Check: Großsegel ausrollen
    • Rigg besteigen und prüfen
    • Check aller Verbindungen
    • Check nur Seeventile offen à Dichtheit
    • Start up 3 min à entlüften
    • Check Dichtheit
    • Start up à Entlüftung schließen à Druckaufbau
    • Erste Produktion
      • In Spüle ablaufen lassen
      • Messung à µS Messung
      • Probetrinken
      • Flaschen füllen
      • Produktion in Bugtank
      • Check Stromverbrauch direkt an Leitung zur Pumpe
      • Check Menge / Stunde
    • Gegenspülen
    • Freuen – hoffentlich

    So weit der Plan

  • Epidavros

    Je weiter man sich in den Sarronischen Golf hineinwagt, um so schwächer wird der Wind. Was gut ist, für einen Winterliegeplatz, ist nicht so nett am Weg dorthin. Mit dem Abflauen des Windes, ziehen wir, und viele andere weiter. Es ist Freitag und da müssen die Charterer zurück nach Athen. Uns gibt das die Hoffnung im kleinen Hafen von Palea Epidavros einen Platz zu ergattern.

    Innerhalb der Bucht von Poros ist natürlich noch kaum Wind, und so fahren die Yachten, wie auf einer Perlenschnur aufgefädelt, zunächst nach Westen, um dann bei der Ausfahrt scharf nach Norden zu drehen. Dort macht sich auch der Wind bemerkbar und fordert uns nachdrücklich auf, endlich die Segel zu setzen. Wir warten noch ab, bis uns eine Schnellfähre passiert – die wollen wir nicht durch unser Manöver und die dann geänderte Vorrangregeln stören. Dann aber geht es los.

    Hart am Wind, was sonst. Aus 8 Knoten Wind werden dann 12 Knoten im Segel, bei der wenigen Welle ist das echt entspanntes Segeln. Ein paar Schiffe fahren deutlich höher gegen den Wind als wir. Doch halt, mit Motor ist das keine Kunst. Hinter uns müht sich ein Katamaran mit den Bedingungen ab. Für Fahrten gegen den Wind, sind diese Geräte wirklich nicht gebaut. Die sind super bei Wind von schräg hinten – und wenn man Ankert sind sie überhaupt genial, aber bei dem Wind? Er gibt bald auf, lässt das Großsegel stehen und wirft die Motoren an.

    Wir aber haben Spaß, das letzte aus den Bedingungen heraus zu kitzeln. Wir müssen ganz in den Norden der Halbinsel Methana. Die heißt so, weil da ein Vulkan stinkiges Zeug ausstoßt. Wir bekommen davon nichts mit. Wir sind viel zu sehr beschäftigt, immer noch hart am Wind auch die Nordseite entlang zu segeln. Der Wind hat also um mehr als 90° gedreht. An der Westküste von Methana kommt der Wind immer noch von vorn. Also Winddrehung um 180°! Segeln zwischen Inseln ist so.

    Irgendwann schläft er aber ein und wir werfen den Motor an und dieseln die letzten 10 Meilen in den Hafen. Ein bisschen Platz ist da ja noch, und Philia ist ja auch nur ein Bisschen – passt also. Bald stehen wir neben der SUPERTRAMP, einer österreichischen Yacht, die wir schon in Samos getroffen haben – sehr nett.

    Heute erlebe ich in Palea Epidavros erstmals, dass eine Hafengebühr fällig wird. Die Summe ist eh egal, aber wir erfahren, dass das Trinkwasser mittlerweile nicht mehr trinkbar ist. Durch die große Wasserentnahme für Landwirtschaft und Tourismus, sind die Süßwasserreserven gesunken und das Meerwasser drückt es ins Land. Damit wird zuerst das Wasser brackig und später die Böden kaputt. Menschheit, Du machts auch wirklich alles hin!

    OK, Wasser haben wir eh gerade erst aufgefüllt, das fehlt uns nicht. Und das Deck haben wir auch gerade erst in Poros gespült – zum dritten Mal seit April, das geht als sparsam auch noch durch. Aber eigentlich haben wir anderes vor an diesem Ort. Ich möchte mit Susi nach Epidavros ins Amphitheater.

    Das geht eigentlich ganz einfach: Um ¼  8 kommt ein Bus aus Athen, der zum Theater fährt, 2€ 50 pro Person. Um 10 von 8 ist man am Parkplatz vor dem Eingang. Rein können wir noch nicht. Nicht dass kein Personal da wäre, aber die Scanner an der Kasse, können die soeben gekaufte Eintrittskarte erst ab Punkt 8 lesen und entwerten.

    Aber dann: Wir spazieren als einzige Besucher weit und breit den Weg zum Theater. Kurz davor bitte ich Susi die Augen zu schließen und führe sie bis ins Zentrum der Bühne. Und dort – tadaaa – Augen auf und ein überwältigender Anblick. Das Theater mit 55 Reihen und 14.000 Sitzplätzen erhebt sich vor uns. Nur eine Ecke der Tribünen ist schon in der Morgensonnen, der Rest schläft noch. Alles nur für uns – Wahnsinn!

    Erst nach 5 min kommen weitere Gäste, die sich aber auch ganz ruhig und ehrfürchtig benehmen und so die Stimmung nicht zerstören. Wir ziehen uns ein paar Reihen nach oben zurück und beobachten, was sich da so entwickelt. Bald beginnt eine Dame auf den Stein im Zentrum eine Münze fallen zu lassen. Ping – das leise Geräusch, sicherlich 30 m von uns entfernt, ist einwandfrei zu hören. Ich glaube, man könnte am Klang unterscheiden, ob eine Kupfermünze oder ein goldener Ring zu Boden gefallen ist.

    Wir ziehen uns in die obersten Reihen zurück und genießen unser mitgebrachtes Frühstück und genießen den Augenblick. Dann ziehen wir weiter ins Museum, das mir den grauslichen medizinischen Geräten und den wunderbaren Statuen und Säulenkapitellen. Später, von Schatten zu Schatten huschend, bekommen wir noch einen Eindruck von der Größe der Anlagen, den Wohnhäusern und Festsälen und natürlich von den Heiligtümern.

    Über 1000 Jahre stand eine Rundhalle mit einem Dachstuhl aus Holz. Erst ein Erdbeben hat die Säulen umgekippt und das Kunstwerk zerstört. Naja, Schrägverbinder zur Aufnahme der Querlasten waren den Griechen noch nicht bekannt. Die Säulen waren wie Bauklötze aufgestapelt. Wenn der Boden schwankt, fallen die um. Nur wenige Säulen haben die letzten 3000 Jahre aufrechtstehend überdauert. Mir fällt da nur ein Tempel in Korinth ein. Der hat nur überlebt, weil er zur Hälfte von Erde bedeckt war. Zu Mittag sind wir wieder im Hafen. Einen Tag bleiben wir noch, gehen an den Strand, verkriechen uns im Schatten – es ist sooo heiß – und beschießen eine Bucht weiterzuziehen.

  • Poros

    Der Weg ist lang. Gleichzeitig wollen wir nicht zu spät ankommen, um noch einen Platz an der Mole zu ergattern. Also wird ein früher Aufbruch geplant: Aufstehen um 6 und zügiges Ablegen um 06:35, dann ein Frühstück „on the go“ bis wir die Insel hinter uns lassen. Schon vor 7 setzten wir die Segel auf „Vollzeug“ und ziehen los.

    Anfangs recht zügig, dann ein Windloch, dann wieder unter Segel, bis wir Agios Georgios erreichen. Diese Insel markiert die Mitte der Reise – und das Ende des Windes. An ihr vorbei zu fahren, ist aber spannend. Wir bleiben an der Nordküste, die liegt besser zum abnehmenden Wind. Auf der Insel stehen 42 Windräder, ein Betriebsgebäude der Windradelbetreiber und sonst – nichts. Da wird massig viel Strom erzeugt, so am Rande des Meltemi, und damit Athen versorgt.

    Ohne Wind, heißt mit Motor ☹ – nicht so nett. Südlich von uns ist die LAUSA unterwegs. Die Einfahrt nach Poros erreichen wir fast gleichzeitig. Gleichzeitig aber auch mit 6 anderen Yachten und einer Superyacht, die ihr Beiboot als „Pfadfinder“ vorausschickt. Als lange Karawane schlängelt sich der Zug an der Stadt vorbei. Das Fahrwasser ist ca. 40 m breit und mäandriert sich stark.

    Gleichzeitig suchen die drei Yachten vor uns nach ihrem Liegeplatz bei den anderen Charteryachten. Die sind also langsam und unaufmerksam unterwegs. Ich geb kurz Gas und lasse zumindest zwei von ihnen hinter mir. Der Pfadfinder war anfangs an der Spitze des Konvois, sein „Mutterschiff“ mittendrin. Dann parkt der plötzlich neben dem Fahrwasser, schaut zurück zum Mutterschiff, gibt kurz Gas und legt sich genau in die Mitte des Fahrwassers und quer zur Fahrtrichtung.

    Irgendwie geht’s dem nicht gut! Der stoppt einen Konvoi von 11 Schiffen, weil er mit seinem Kapitän konferieren will. Gleichzeitig schiebt uns alle die Strömung mit 2 kt voran – nur ohne eigener Fahrt bin ich ein Stück Treibholz – an dieser engen Stelle nicht wirklich eine tolle Idee.
    Na, da muss ich den stolzen Megayacht Mitarbeiter einmal ein bisschen schimpfen, dass er sich wenigstens längs in die Fahrtrinne stellt. Macht er auch – passt.

    Um’s letzte Eck und dort ist dann die Stadtmole für die Tagesgäste. Da ist schon recht viel los. Bei der ersten Lücke werden wir weggewiesen, vor der zweiten und dritten Lücke probt einer seine Anlegemanöver. Ich mache mir mit Rufen aus, in welche Lücke er will, die andere nimm ich. Aufstoppen, rückwärtsfahrt aufnehmen – ohne nach links weg zu drehen, also ohne dem Radeffekt nachzugeben – dann rechts um und mit unseren 3,75 m Breite in eine 4 m Lücke. Susi lässt an der richtigen Stelle den Anker ins Wasser gleiten, ich stoppe kurz vor dem Steg und gebe die Leinen an freundliche Helfer. Fertig.

    Unser Manöver hat den Kollegen, der die dritte Lücke wollte, so beeindruckt, dass er uns nachher fragen kommt, wie wir das gemacht haben. Er hat 20 min herumgebastelt, bis er es geschafft hat. „Eignerschiff und Glück“ – irgend so eine Mischung, hat uns geholfen.

    Und dann kommt Betriebsamkeit auf: Poros ist der letzte Hafen mit „Service“ Station für Yachten. Diesel auffüllen – 125 Liter passen in den Tank, macht 250 €. 2 große Säcke Wäsche waschen, macht 35 €. Wasser tanken, das gibt es nur in Paketen zu 400 Liter, macht 5 € – wir brauchen nur 160 und spülen dafür das Salz von den Segeln, und die Hafengebühr von 13 € kommt auch noch dazu. Nun ist Philia schon fast fertig für den Winter. Wobei, wer will schon an Winter denken, wenn es 35° hat.

    Wir genießen noch ein sehr griechisches Abendessen mit Barbara und Stefan und ziehen und wieder auf Philia zurück. Wir bleiben noch in Poros, aber nicht im Hafen. Es ist Wind angesagt, mit starken Böen, und genau auf die Hafenmauer. Ich will da nicht mein Heck riskieren. Lieber legen wir ab und ankern in der Bucht – auf unglaublichen 15 m Tiefe und unbekanntem Grund.

    Aber der Anker hält (vorerst) und wir richten uns auf ein paar Tage am Schiff ein. Also wir können schon weg, zum Einkaufen zum Beispiel, denn wir haben ja unser Dinghi. Aber bei Wind und Welle eine längere Reise mit dem Ding, das will man sich auch überlegen. Wir machen es trotzdem, mehrmals. Immerhin stehen wir hier fast 6 Tage.

    Natürlich hätten wir auch mit Druck weitergekonnt, aber wir haben unseren Krantermin in 12 und den Rückflug erst in 17 Tagen – uns hetzt nichts.

    So habe wir die Chance Judith kennenzulernen. Sie macht gerade Boat Sitting auf ihrer 43 ft Yacht und wartet bis ihr Mann und die Kinder aus Deutschland zurückkommen. Dann startet ein Jahr am Schiff. Inzwischen paddelt sie zweimal täglich mit dem Paddelboard ihren Hund an Land, rennt mir dem eine lange Runde und kommt bei der Rückfahrt öfter einmal bei uns vorbei. Bei einem Gegenbesuch führt sie uns ihren neuen Wassermacher vor. Der residiert in der Vorpiek, einer Kammer ganz vorne im Bug, nur durch eine Luke im Deck zu erreichen. Gut geht es ihm da. Macht ein paar Geräusche und vor allem bestes Trinkwasser aus dem Meerwasser.

    No, das wäre doch was für uns – vielleicht.

    An einem Nachmittag, eigentlich wie immer wolkenlos, ziehen plötzlich seltsame dunkle Wolken auf. Nachmittags um 1/2 5 ist eine Stimmung wie bei Sonnenuntergang, nur dass die Sonnen halt noch viel zu hoch steht. Ein Waldbrand am Festland, keine 20 Meilen von uns, schickt seine Rauchschwaden mit dem Meltemi nach Süden.

    Das Schauspiel dauert zum Glück nicht sehr lange, es reicht aber, dass am nächsten Morgen das Deck voll mit feiner Holzasche ist.

  • Kythnos

    Heute geht es weiter, und so wie es aussieht, geht es gegen den Wind – gegen viel Wind. Das heißt also wieder sportlich aufkreuzen und zeigen, was in der Kiste steckt. Kaum sind wir aus dem Windschatten von Serifos geht der Tanz schon los:

    In weiten Schwüngen kämpfen wir uns hart am Wind zur Nordspitze von Serifos. Philia stampft in den Wellen, liegt immer wieder unangenehm auf der Seite. Wobei „unangenehm“ ist so eine Sache: bis 15° Schräglage ist alles fein, darüber beginnt im Salon alles zu rutschen. Wenn man so wie wir aufkreuzen muss, also einmal die Wellen von links und dann wieder von rechts, dann bedeutet „alles“ wirklich alles. Das liegt dann bunt gemischt am Boden, schlittert unter die Sitzbank und fällt dann zum Beispiel in die Bilge unter dem Boiler. Wochen später finden wir dort noch Stifte, die uns schon abgegangen sind.

    20° Schräglage ist sportlich, 25° unangenehm viel und verlangen nach sofortigem Einschreiten, also Kursänderung und / oder Verkleinern der Segelflächen. Bei professionellen Seglern auf ihren hochgezüchteten Rennyachten, spielt sich das Leben ab 30° Schräglage ab. Gehen ist da unmöglich, da wird den ganzen Tag nur mehr am Boot herumgeklettert. Das möchten wir definitiv nicht, auch wenn Philia selbst das aushalten würde.

    An der Nordspitze von Sifnos angelangt, beginnt der Tanz dann richtig. Es fällt der Wellenschatten der Insel weg und der Wind hat viele Meilen Zeit, schöne 1 m Wellen auf uns los zu schicken. Gleichzeitig nimmt er etwas zu und wir die Segelfläche weg. Also nicht ganz, aber so, dass wir mit 5,5 bis 6 kt über die Wellen reiten.

    Nach zwei Schlägen erreichen wir die Südspitze von Kythnos und wieder ruhigeres Wasser. Susi ist von der Schaukelei ganz schön geschafft und ich muss mein Versprechen einlösen, unter Motor und im Windschutz weiter zu fahren. Den Wind kann ich nicht überlisten, wohl aber die Wellen. Die sind dicht an der Küste wirklich viel angenehmer.

    Wir schauen uns dabei die ganze Zeit die Augen nach der LAUSA aus, meinen sie einmal weiter im Westen, ein andermal weiter im Norden zu sehen. Weit gefehlt! Erst als wir an der Einfahrt zu Merichas vorbeifahren – dort ist offensichtlich viel zu viel los = Segler fahren am Nachmittag um 3 aus der Bucht – erreicht uns die Nachricht, dass LAUSA eine Bucht weiter nördlich liegt.

    Wir versuchen noch einen Platz in der Doppelbucht Kolona zu bekommen, aber auch da ist schon alles zugeparkt – Hochsaison. Was soll’s, machen wir es halt so wie die LAUSA und legen uns in der Episkopi Bucht neben sie. Platz ist dort genug.

    Spannend für uns ist, was sich am Strand abspielt: High Society – oder wer sich dafür hält. Von einer sicheren Position in einer Bar, können wir zum Beispiel eine Dame beobachten, wie sie gut 20 Minuten braucht, bis sie endlich so schön ist, dass sie sich im Liegestuhl präsentieren kann. Umhängetuch, ja oder nein, die Badeschuhe links oder rechts von der Liege, oder vielleicht doch am Fußende. Die Liege dann noch ein Stück in den Schatten gerutscht, den Hut am gelockten blonden Haar drapiert – und dann festgestellt, dass der Hut mit der Lehne der Liege kollidiert. Nur noch ein bunter kühler Cocktail, gebracht vom durchtrainierten oben ohne Kellner, kann diese vertrackte Situation noch retten.

    Was geht es uns da auf der Philia gut! Die Liege ist fix montiert und der Schatten immer ausreichend, die Getränke sind zwar nicht bunt, dafür aber kühl und rasch zur Hand. Und bis zur nächsten Liege muss man 60 m weit schwimmen.
    Das nennen wir Erholung!

    In diesem entspannten Zustand planen wir die letzte große Querung dieser Saison. Von Kythnos nach Poros sind es 43 Meilen. Die erste Hälfte begleitet uns noch der Meltemi – der kommt hier von rechts – und dann immer schwächer werdender Wind in den Sarronischen Golf. Bis man dann in Poros und der von vier Seiten geschützten Bucht ankommt.

    Mal sehen, wie’s wird.

  • Die Bergwerkbucht – Serifos

    Heute geht es weiter. Nicht nur wir, auch LAUSA mit Barbara und Stefan, ist wieder unterwegs. Sie fahren allerdings in genau die Bucht, in der wir gerade gelegen sind. Egal, wir werden und schon noch über den Weg laufen.

    Allerdings ist der Wind heute sehr faul, und so müssen wir den Motor bemühen – zumindest am Anfang geht es nur so. Erst als wir näher an Serifos herankommen, können wir anfangen zu segeln. Das Ziel liegt natürlich genau gegen den Wind – Segel ist halt so. Je näher wir dem Ziel kommen, um so besser wird der Wind. Kurz vor der Bucht nehmen wir die Segel herunter und das war eine gute Idee: Kaum biegen wir in die Bucht ein, blasen und 30 bis 35 kt Wind entgegen.

    OK, wir haben gelernt, dass Philia das auch gut kann. Die Fahrt geht halt um 1 bis 1,5 kt zurück, aber wir kommen voran. Gegen einen Meltemi und die zugehörigen Wellen will ich das aber nicht probieren müssen. Je näher wir aber zum Strand kommen, um so ruhig wird der Wind wieder.

    Von meinem letzten Besuch hier, kenne ich die Wassertiefen in der Bucht. Also das ist hier sehr einfach: Wassertiefe mehr als 2 m bis ganz kurz vor dem Strand und keine Hindernisse unter Wasser. Wir nützen das aus und stellen uns in die „erste Reihe“ und damit in den besten Windschutz. Tourismus gibt es in der Bucht nur wenig. Ein paar Ferienwohungen oder Appartements – fertig. Alles maximal eingeschoßig und mit viel Grün dazwischen – also im Hochsommer eher braun.

    Ein Bus kommt aus Livadi, dem Hauptort Serifos herüber, zwei Strandbars … sonst eigentlich nichts. Trotzdem wird der Strand recht voll. Klar, es ist Hochsaison. Das endet schlagartig mit dem griechischen Schulanfang. Der Betreiber einer Strandbar erzählt, dass er am letzten Tag vor Schulbeginn die Bar zusperrt und mit den Kindern wieder nach Athen zurück übersiedelt. Das ist aber schon am 5. September der Fall. Ein sehr frühes Saison Ende.

    Bei uns heißt die Bucht, die Bergwerksbucht. Überall an den Hängen sind die Narben vom Eisenerz Abbau zu sehen. Abraumhalden, Trassen der Grubenhunte und Schrägaufzüge. Das rostige Skelett einer Verladestation ragt über das Meer hinaus. Irgendwo liegt noch eine schwere Kette im Wasser, an der früher die Dampfschiffe festgemacht haben.

    Wir sind erst einmal da und genießen das warme Wasser. Irgendwann dann sollen die LAUSA mit Barbara und Stefan einlaufen – morgen. Die kommen dann auch, fahren knapp an uns vorbei und suchen sich dann einen passenden Platz. Stefan ist da sehr vorsichtig und will sich nicht irgendwo dazwischen stellen. So dauert es eine Weile, bis der Anker im Boden verschwindet und er zufrieden ist.

    Bald bekommen wir Besuch. Zuerst schwimmt Barbara heran, für einen kurzen Plausch. Der endet mit einer Vereinbarung zu einem gemeinsamen Abendessen in der Strandbar. Nach dem die recht früh schließt, außer den Tagestouristen gibt es ja kaum Publikum, schaffen wir es locker, wieder einmal die letzten zu sein.

    Einen Tag gönnen wir uns noch gemeinsam in der Bucht. Und einen Gegenbesuch auf der LAUSA. Die ist 40 Jahre alt und stammt aus einer ganz anderen Zeit. Gebaut als Langstreckenschiff, für lange Ozean Überquerungen und den, damals üblichen zwei Masten. Dafür aber auch recht schmal. So ist sie bei 41 ft Länge (12,4 m) nur 2,9 m Breit. Das beschränkt den Platz unter Deck, lässt das Schiff aber schneller laufen. Eine vergleichsweise riesige Genua hilft bei schwachem Wind.
    Ein schönes Schiff, verlässlich und sicher.

    Unserer Philia werden wir aber trotzdem nicht untreu.