Klingt ganz einfach, ist aber nicht so: Durch den Wind der letzten Tage steht noch ordentlich Dünung, und wenn Dünung steht und der Wind nicht all zu kräftig ist, dann stehen unsere Segel nicht. Also bei jedem Rollen des Schiffes flappen sie hin und her. Vortrieb machen sie wenig, dafür aber sich selbst kaputt. Plan B: Motor an.
Eine bunte Insel bei Parikia / Paros
Erst kurz vor der Einfahrt nach Parikia gelingt es, die große Genua stabil zu halten. Also wieder Motor aus. Motoren haben eh die anderen und damit wir das Wegerecht (= Vorfahrt). Nur sind halt die großen wirklich groß und schnell. Innerhalb von 20 min begegnen und 4 Schnellfähren, keine unter 18 kt, eine sogar mit 35kt – und alle kaum 300 m an uns vorbei.
Plötzlich stehen da solche Felsen herum – Parikia hat eine spannende Einfahrt
Egal, wir dürfen da auch leben und schunkeln uns so durch. Kaum an Parikia vorbei, wird das Wasser viel ruhiger und das Segeln ein Genuss. Appropos Genuss: In Antiparos gibt es doch diese nette Bäckerei mit dem guten Brot und den „Linzerstangerln“. Wollen wir nicht unbedingt da anhalten und Pause machen?
Wollen wir! Der Anker ist schnell klar gemacht und im sonst sehr geschäftigen, heute aber leeren Ankerfeld ein Platz gefunden. Kurz später brummeln wir mit unserm Dinghi in den Hafen und legen uns auf den kleinen Sandstrand mitten im Ort – das nenn ich Luxus.
Trainingsfahrt des Segelklubs – Mitten durch das Ankerfeld
Der Ort ist schon um die Uhrzeit, es ist kurz nach 4, ziemlich voll – die Badenden vom Weststrand kommen zurück zu ihren Quartieren und holen sich noch einen Snack oder ein Eis. Wir gehen direkt zum Bäcker und dann weiter zu einem Kritikos-Supermarkt. Wir sind jetzt dann fast eine Woche im Nirgendwo und brauchen noch ein paar Dinge: Milch, Käse, Gemüse, Obst – das übliche eben.
Schwer beladen geht es mit dem Dinghi zurück zur PHILIA, wo wir den anderen Schiffen zusehen und den Abend ausklingen lassen. Um noch einmal zurück in den Ort zum Abendessen zu fahren, fehlt uns die Energie.
Im Herbst hab ich in PHILIA einen Wassermacher eingebaut. Der macht auf magische Weise aus Salzwasser trinkbares Süßwasser. Also magisch ist das nicht, eher Physik und das heißt Umkehrosmose. Normalerweise sickert das Salz aus dem Salzwasser in Zellen ein, bis die Zellen so salzig sind wie das Salzwasser. Unter hohem Druck, kann man das umkehren. Dann kann man das Süßwasser aus dem Salzwasser herauspressen.
Was es dazu braucht, ist viel hoher Druck, so an die 50-60 bar und viel Salzwasser. OK, Salzwasser haben wir genug rund um das Schiff. Und den hohen Druck macht eine sinnreiche hydraulische Pumpe für uns. Die Energie dafür kommt von der Sonne, über die Solarzellen. So an die 110 W (10 A bei 12V) braucht man für 30 Liter Trinkwasser (4W / Liter, was extrem wenig ist).
Der Wassermacher, also das Herz der Anlage, ist recht kompakt – aber das alleine macht noch nicht die ganze Installation aus. Hier sind noch 5 µm Feinfilter und ein Windkessel zur Minderung von Druckschwankungen zu sehen.
Und dann braucht man noch eine Membrane, die ganz feine Löcher hat. So fein, dass Wassermoleküle durchkönnen, Salzionen aber nicht. Also braucht es Löcher mit einem Durchmesser von weniger als 0,3nm oder 0,0003 mm – also einfach winzig. Das, was dann raus kommt ist absolut keimfreies Trinkwasser mit nur ganz wenigen Mineralstoffen.
Das alles verbirgt sich hinter unserem Mistkübel: Wassereinlass, Siebfilter (Fische und so Zeug), Kohlefilter gegen Ionen, Rückschlagventil, Pumpe mit Ventilator und Elektronikbox, Wasserauslauf. Reparieren möchte ich das nicht müssen.
So sollte es sein – ist es bei uns aber nicht. Die salzfreiheit von Wasser kann man über den elektrischen Widerstand messen, in dem Fall als Leitfähigkeit / Leitwert. Die sollte bei unter 500 µS (Mikro Siemens) liegen. Das, was bei uns aus der Leitung kommt, hat aber 5.000 µS. Meerwasser hat übrigens 35.000 µS
Schmecken tut das Wassermacherwasser – bäääh! Also leicht salzig. Zum Kochen ist das super, man braucht kaum Salz für das Nudelwasser, denn das braucht rund 10.000 µS. Abwaschen und duschen geht auch ganz prima. Aber den Kaffee kann man vergessen und das Zeug als Trinkwasser – eine üble Sache.
Also was tun: Anrufen beim Händler, Problem schildern – die Anlage ist ja noch unter Garantie. Erste Idee: Es muss was mit der Membrane haben, denn alle anderen Funktionen sind ja in Ordnung. 30 lit/h werden produziert, die Elektronik funktioniert, alles Gut – bis auf den Salzgehalt.
Dafür muss man aber beim Hersteller in Italien ein OK bekommen und dann die neue Membrane zu uns aufs Schiff. An sich keine große Sache: 65mm Durchmesser 550 mm lang, 900 Gramm – passt aber zum Beispiel gerade nicht ins Handgepäck und gilt als Waffe Verschicken auf eine griechische Insel – immer ein nettes Abenteuer. Die Expresslieferdienste (DHL und Co.) gehen nur bis Athen und übergeben dann das Paket einem lokalen Dienst. In dem Moment geht aber die Rückverfolgbarkeit verloren und niemand weiß mehr, wo das Packerl sich herumtreibt – oder mit welcher Fähre es denn aus Athen auf die Insel kommt.
Alles ein bisschen kompliziert.
Nach ein paar weiteren Versuchen, alle mit demselben Ergebnis, kommt das OK vom Giovanni aus Italien – und das Wettrennen beginnt. Der Marinehändler meines Vertrauens, Markus, hat zwar keine Membrane in Wien auf Lager, aber „wir schaffen das schon“. Bis Mittwoch abends soll das Teil bei Sophie in Wien liegen. Dass der Flug von Sophie erst am Freitag in der Früh geht, hab ich vorerst noch nicht verraten 😉
Tage später
Die Membrane, eigentlich ist das ein GFK Rohr, ist in Wien angekommen und wird sofort zu Sophie gebracht. Alleine, sie hat eine Infektion aufgerissen und muss den Urlaub um 2 Tage verschieben. Also noch ein paar Tage ohne Wassermacher – auch schon egal.
Sonntag Abends, um 6 kommt Sophie und Felix mit der Fähre aus Rafina / Athen und schon kurz darauf wird wer Wassermacher aus dem Rumpf herausoperiert und zerlegt. Gar nicht so einfach! Immerhin herrschen da Drücke von fast 70 bar und die wollen beherrscht werden. Da werden die Gehäuseteile mit mehr als 2400 kg auseinander gedrückt – feine Sache! Also große Schrauben – und natürlich ist der Wassermacher mit gut 2 Litern feinstem Meerwasser gefüllt. Will man auch nicht unbedingt im Schiff haben!
Natürlich geht das alles nicht so reibungsfrei vor sich. Im Endeffekt sieht das zerlegte Gehäuse ganz anders aus, als auf der Anleitung. Mit viel Silikonfett, sanften Hammerschlägen und technischem Hausverstand gelingt die Übung aber. Der erste Test bei kaum 20 bar gelingt: zumindest da ist der Wassermacher dicht. Genug für heute, der Rest folgt morgen Vormittags.
Passt alles?
Nochmals alles sorgfältig prüfen, ohne Druck durchspülen, dann im Produktionsmodus entlüften und dann ganz langsam das Entlüftungsventil schließen. Recht schnell baut sich Druck auf, 7 bar nach der Pumpe und somit das zehnfache in der Membraneinheit – klingt gut. Aber es kommt noch kein Wasser beider Küchenspüle an. Naja, das Rohr muss erst gefüllt werden. Also kurz warten.
Da, der erste Strahl. Schaut von der Menge her recht gut aus. Jetzt noch ein bisschen warten, bis die Membran gut arbeitet. Eine erste Probe wird genommen und nachgemessen: 320 µS, das ist deutlich besser als das Flaschenwasser, das man hier zu kaufen bekommt. Das hat um die 500 µS, der zulässige Grenzwert in Deutschland liegt bei über 1500 µS!
Super, alles funktioniert! Gleich wird der vordere Tank leergepumpt. Da war noch „altes“ Wasser drinnen und das muss weg. Und dann beginnt die erste Füllung des Bugtanks während der Überfahrt von Paros nach Sifnos. 90 Liter feinstes Trinkwasser werden da produziert – mit der Kraft der Sonne
Ich schreibe noch zwei Nachrichten an meine Unterstützer bei MARITIMO in Wien und bei SCHENKER in Neapel. Auch dort große Erleichterung.
Es muss wohl was „internes in der Membraneinheit“ gewesen sein. Das „hatten wir noch nie“ – naja, ist so irgendwie ein Nebengeräusch meines Lebens als Qualitäter.
Die Bucht von Naoussa ist ein herrlicher Ort: Geschützt von den Winden, so gut, dass sogar die Einheimischen von einer ganz besonderen Ecke sprechen. Und groß ist die Bucht, so groß, dass die mit den wirklich großen Schiffen auch hier her kommen. Ganz groß bedeute, dass deren Beiboot länger ist als unsere PHILIA und alleine einer der beiden Außenbordmotoren so viel kostet, wie unser ganzes Schiff.
Wenn man sich kein ganz großes Schiff leisten kann, also eines um mehr als 30 Mio, €, dann kann man zumindest eines Chartern. Zum Beispiel den Katamaran Thirà 80. Eigentlich ein ganz normaler Katamaran, nur eben doppelt so groß wie das, was man als „einfacher Mensch“ so in die Hände bekommt: 24 m lang, 11m breit (das ist die Länge von PHILIA!), 66 t schwer. Auf der Grundfläche der Thira 80 könnte man 6 mal unser Schiff abstellen!!
Wer das trotzdem braucht, das gibt’s im Charter mit einer Crew von 4 Personen um schlappe 70.000 € pro Woche. Das ist mehr als mein netto Jahresgehalt. Da bekommt der Satz: „Ich arbeite das ganze Jahr nur für meinen Urlaub“ eine ganz neue Bedeutung.
Es wäre halt spannend zu erfahren, wie die Superyachtbesitzer und -chartergäste zu ihrem Geld gekommen sind. Ein einzelner Bankraub wird da wohl nicht reichen.
Ja, und dann kommen diese Yachten in die Bucht und fädeln sich wie eine Perlenkette am Ufer entlang auf. Einer neben dem anderen – da sind sie wieder alle gleich. Zum Protzen bleiben dann noch die Spielzeuge: Das Beiboot, dass dem Mutterschiff hinterher geschleppt wird, weil es zu groß ist. Die Jet Skies, Hydrofoils, Unterwasserscooter (Tauchdingens, die dich durchs Wasser ziehen) oder die große Wasserrutsche vom Oberdeck ins Wasser.
Wir sitzen da auf unserem kleinen Schinackel, genießen die Freiheit, und freuen uns über die Show, die uns geboten wird. Am Abend wird dann wieder alles eingepackt und in der Bucht kehrt Ruhe ein. Eigentlich sind die Superreichen eh ein friedliches Völkchen. Schrullig sind sie halt.
Trotz allem brauchen wie wieder einen Supermark. Den gibt es auf der anderen Seite der Bucht. Das sind in dem Fall gut 2 km. Unser Dinghi schafft das in 15 min, wenn die Wellen nicht hoch sind und der Wind Ruhe gibt. Jaaaa, ich weiß eh, mit 2x 450 PS am Heck geht das auch in 2 Minuten. Mein 2,5 PS Motor kann da nicht mithalten – aber, er gehört uns und was der kann reicht uns auch.
Also wir füllen den Tank des kleinen Suzuki Außenbordmotors noch einmal voll, nehmen den Reservekanister mit und schunkeln los. Geht erstaunlich einfach, ein bisschen Geduld und wir kommen an einem schönen Sandstrand an. An den grenzt eine Hotelanlagen und eine Straße, die zu einem Kritikos Supermarkt und einer Tankstelle führt. Susi bleibt im Schatten beim Boot, ich trampe die 5 min zum Geschäft.
Zuerst die leichten Sachen in den Einkaufskorb tun, dann einmal schauen, was ich noch tragen kann. 2 6er Tragerln Wasser (je 9 kg) und 5 Liter Benzin von der Tankstelle sind die erste Lieferung um Dinghi. Hängt sich ganz schön an, das Zeug. Bei der zweiten Wanderung kommen dann Säfte in den Rucksack und noch 2 6er Tragerln zum Dinghi. Das wird dann schwer beladen und wir treten die Rückreise an.
Hoppala, da sind jetzt ein paar kleine Wellen und etwas Gegenwind. Nicht, dass das das Dinghi stört, aber immer wieder spritzt uns Wasser an – die kleine Dusche zwischendurch. Aber alles geht gut, und unsere Vorräte sind wieder aufgefüllt.
Die Rechnung bei Kritikos betrug übrigens wieder einmal 84 €. Zieht uns irgendwie magisch an, die Summen knapp unter 100 €
Der Wecker klingelt um ¾ 6 – das soll Urlaub sein? Ich steh auf und bereite das Boot vor: Einstieg am Heck, Elektronik einschalten, Route programmieren, Ankerwache ausschalten, die Seile der Ankerentlastung abbauen, Susi für das Ablegemanöver aus dem Bett holen.
Um 06:20 geht es los und die Reise soll bis zum Sonnenuntergang dauern. Wir wollen nach Naoussa / Paros. Also Susi sagt, ich will, sie nicht. Aber das Wetter erscheint günstig und die Ägäis wird in den nächsten Tagen wie tot da liegen. Wir müssen den ausgehenden Meltemi nützten um möglichst weit zu kommen. Den Rest muss dann ohnehin wieder der Diesel besorgen.
So wie jetzt am Anfang, von Anavyssos bis zum Poseidon Tempel an der Südspitze des Festlands. Dann begrüßt uns die Querung nach Kea. 17 bis 23 kt von Backbord (links) und Wellen von 1 m Höhe. Nicht grad angenehm, aber unser selbstgewähltes Schicksal für die nächsten 3 Stunden. Immerhin sind wir unter Segel unterwegs. Nur die Schaukelei fordert Konzentration vom Rudergänger. Der kann nämlich ganz schön stark beeinflussen, ob das Schiff durch die Wellen taumelt, oder trotz des unvermeidbaren Rollens auf Kurs bleibt.
Noch ist alles ruhig – aber dann …
Gelegentlich kommt ein Spritzer Wasser an Deck. Am Bug ist es uns egal, aber wenn eine Welle so bei den Wanten an den Rumpf knallt, dann steigt eine Fontäne empor, die der Wind dann geschickt ins Cockpit und unsere Gesichter umlenkt. Nicht gerade unser Wunschtraum, aber gehört halt auch dazu.
Zwischen Kea und Kelfalos wird es tricky. Der Wind wird stärker und zusätzlich mehr in unsere Fahrtrichtung um gelenkt. So können wir kaum das Kap Keflos anlegen. Kaum, das heißt, der Rumpf zeigt zwar genau hin, aber durch die Abtrift wird es schwierig werden. Also in den Kampfmodus und aus dem Boot heraus kitzeln was nur möglich ist. Fallen wir ab, werden wir schneller und die Abdrift nimmt ab. Dafür fahren wir am Ziel vorbei. Fahren wir steiler zum Wind, wird PHILIA langsamer, hat mehr Abdrift und fährt auch gegen die Felsen. Dazwischen könnte es ein kleines Fenster geben in dem die Übung gelingt. Und genau darum kämpfen wir mit allen Mitteln. Verändern der Segel, verändern der Holepunkte, feinfühliges Steuern.
Nach 2 Stunden wird klar: das geht sich nicht ganz aus. Also schummeln und kurz den Motor dazu nehmen. Ist ja sonst keiner da, oder? Doch, da ist einer, aber der macht es genau so 😉
Nach dem Kap wird es entspannter, 40 Meilen Ägäis liegen vor uns, das sind dann aber auch gut 8 Stunden Fahrt, bei der der Wind zuerst immer schwächer wird und ab Syros zuerst wegbleibt und dann genau auf die Nase wieder zurückkommt. Mal mehr von links, dann mehr von rechts – aber das ist uns nun auch schon egal. Wir dieseln bis in die Bucht von Naoussa, erleben da zur Versöhnung noch vor dem Anlegen einen schönen Sonnenuntergang und vergraben dann unseren Anker im Sand.
Punktlandung im letzten Sonnenstrahl
Fertig. Angekommen.
Das Abendessen haben wir schon auf der Fahrt gegessen und so finden wir bald den Weg in unsere Kojen
Die nächste Bucht liegt knapp eine Stunde nach Süden. Nach Süden wollen wir zwar nicht, aber jetzt, um 17 Uhr gibt es nur mehr begrenzte Optionen. Die Bucht soll nett und klein sein und das ist sie auch, nett und klein – zu klein! Für eine entspannte Nacht ist das Wasser zu tief und die Felsen zu nahe. Ein paar Fischerboote liegen an Bojen, das geht – aber frei am Anker, das geht nicht.
Also weiter nach Kuros. Dauert auch wieder 90 min, bietet aber eine große Bucht in der wir sicher Platz finden. Erst um 20:15 fällt der Anker.
Kuros, gut geschützt, gut gefüllt
Der Urlaub hat begonnen!
Die Nacht ist ruhig, aber kurz. Eigentlich wollen wir nach Osten, weit nach Osten. Und da gibt es ein günstiges Wetterfenster am Sonntag, um in die Kykladen zu kommen. Davor ist zu viel Wind, danach zu wenig. Aber um das Fenster zu erwischen, müssen wir noch 40 Meilen nach Anavyssos, einer Bucht ganz im Süden von Athen. Und dort wollen wir so rechtzeitig sein, dass wir noch unsere Vorräte ergänzen können. Das Ziel ist also, so um 4 anzukommen. Das bedeutet aber auch, schon um 8 aufzubrechen.
Poseidon wacht noch immer über die Seefahrt in Griechenland
Vor allem Motorfahrt ist angesagt, denn im Saronischen Golf ist ohnehin nur wenig Wind, und der dann auch noch von hinten = für uns nicht nutzbar. Je näher wir an die Küste Atticas kommen, um so mehr wird sich der Meltemi durchsetzen = starker Wind auf die Nase. Einfach wird das nicht.
Aber der Tag tröpfelt so vor sich hin, bis dann der Meltemi einsetzt. Je näher wir an das Land kommen, um so kräftiger weht er. Bei der Anfahrt in die Bucht von Anavyssos zeigt er, dass er uns hier nicht haben will: 25k auf die Nase. Da kann man nur geduldig sein und sich langsam vortasten. Statt 5,5kt sind wir dann mit 3,8 kt unterwegs.
Noch einmal ums Eck, dann ist es geschafft
Damit die Sache spannend bleibt, gibt es noch Berichte über eine „unnutural underwater structure“ die an manchen Stellen bis nahe unter die Wasseroberfläche ragt. Klar, dass die Wellen jede Sicht nach unten verhindern, so dass wir nur Seegrasfelder und Sand unterscheiden können.
Es gibt aber ein Segelboot, dass dort schon ankert, und wo der hinkommt, kommen wir auch hin. Schön vorsichtig also an den bekannten Hindernissen vorbei, um die unbekannten Hindernisse zu vermeiden. Gut Abstand halten, Anker fallen lassen – fertig. 16:20 ausreichend Zeit um noch einkaufen zu gehen.
Touristenrösterei, auch hier
Doch: es weht kräftig, wir sind 200 m vom Ufer entfernt, das Dinghi ist nicht aufgebaut und der Dinghimotor heuer noch nicht gelaufen. Na, das pack ma auch noch!
Also froh ans Werk: Der Dinghi Motor bekommt neues Benzin und springt sofort an – na, geht doch. Das Dinghi ist für unser Deck eigentlich zu groß, das ist immer eine Spielerei, das da aufzubauen, besonders wenn die Bodenbretter noch nicht montiert sind. Geht aber auch. Nur bei der Überfahrt zum Strand werden wir entsprechend nassgespritzt.
Dafür ist der Supermarkt nur wenige Schritte vom Strand entfernt und während wir einkaufen, schläft der Wind komplett ein. Das hätte er doch schon etwas früher auch machen können, oder?
Da der Wassermacher zur Zeit nur leicht brackiges Wasser ausspuckt, brauchen wir noch Flaschenwasser, und das ist schwer. Insgesamt schleppen wir Einkäufe um 82 € an Bord. Diese Zahl soll uns noch bei weiteren Einkäufen begegnen
Ohne Wind wird dann wenigstens der Abend an Bord ruhig und es ist leichter das Dinghi wieder zu verstauen. Denn bei langen Überfahrten ist es besser, es ist an Deck verstaut, als es ist hinten an die PHILIA gebundn.
Der Plan für morgen – 75 Meilen nach SE, Ziel Naoussa Bay. Das ist ein ganzer, langer Tag und der muss einfach früh beginnen.
Freitag in der Früh muss Emilios noch einmal anrücken: Die Ankerwinde lässt sich nicht bedienen. Es gibt zwar genug Strom für die Winde selbst, die wird aber über ein Relais gesteuert, und für die Steuerung ist einfach kein Strom da.
Ich bin ratlos, Emilios ist bei der Arbeit. Und er findet den Fehler: Im Rahmen der Batterieumbauten ist auch ein Kabel getrennt worden, dass genau die Steuerung versorgt. Bei einem so „alten“ Schiff sind halt eine ganze Menge an Kabel verbaut, die keinerlei Bezeichnungen mehr haben und von denen niemand weiß was sie eigentlich tun.
„Never change a running system“ ist da die einzige Chance zu überleben – oder einfach alles raus reißen und neu machen – aber das kostet richtig viel Zeit und Geld für Kabel. 1 Meter von einem 50 mm² Marine Kabel ist um wohlfeile 18 € zu bekommen. Und in so einem Schiff sind wirklich viele dieser Kabel verbaut. Abgesehen davon, dass die nicht einfach zugänglich sind, sondern hinter Kästen in Bündeln verlegt sind, also kaum austauschbar sind.
Eine Stunde werkelt Emilios bis alles funktioniert wie es soll. Sofort saust Susi los nach Athen und ich gebe das OK für das Einwassern.
Gleich legen die Leute von der Werft los und beginnen einen mühsamen Kampf: PHILIA steht so nahe an den Nachbarn, dass sie sie 10-mal hin und her schieben müssen, bis sie mit nur 5 cm Abstand zum Nachbarn herausgezogen werden kann.
5 cm, größer war der Abstand nicht – aber irgendwie geht es dann doch
Und plötzlich schwimmt sie im Kranbecken!
Ein bisschen Nass ist sie schon.
Zuerst aber zur Belohnung ein kaltes Cola. Auch da ist Almira besonders: Da gibt es eine aus Isolierpanelen gebaute Hütte. Die hat zwar kein Fenster, dafür aber eine Klimaanlage. Der einzige Bewohner ist der Getränkeautomat. Damit es dem gut geht und das Bier, oder das Cola dann auch richtig kühl ist, hat man den ganzen Aufwand getrieben.
Was der Mensch nicht alles für ein kaltes Getränk macht ….
Ich räume innen auf, mache sie abfahrtsbereit.
Da kommt ein Anruf aus Athen: Die machen bei der Autorückgabe Probleme: Wir hätten Schäden verursacht, da gibt es Fotos wo die Kratzer noch nicht drauf sind, oder vielleicht ist diese Delle neu …. Das übliche üble Spiel – Geld heraus pressen. Wir sind nicht die einzigen, wo sie diesen Trick versuchen. Bis zu 400 € wollen die von den Kunden herauspressen – und viel stimmen zu, den sie müssen ja zum Flughafen.
Aber Susi wehrt sich mit Händen und Füßen und irgendwie gelingt es ihr, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Green Motion Cars wird uns jedenfalls nicht mehr wieder sehen. Später sehen wir dann im Internet, dass diese Vorgangsweise dort Methode ist. Darf man das schon als „gewerblichen Betrug“ bezeichnen?
So gegen 2 kommt Susi aus Athen zurück auf PHILIA. Recht schnell wollen wir los, bereiten die letzten Schritte vor und starten den Motor. Alles prima – bis nach 2 Minuten die Batteriewarnung los geht.
Geeeh bitteee – ist denn nie eine Ruhe?
Also wieder ans Telefon und Emilios anrufen. Der ist 45 min entfernt auf einer Baustelle, aber er kommt. Wir nützen die Zeit für ein erfrischendes Bad und zum Abkühlen der Gemüter. Und dann geht die Sucherei wieder los.
Die Starterbatterie wird schon geladen, aber mit zu hoher Spannung, was ja auch nicht gut ist. Sorgenfalten, Dr. Google, Betriebsanleitungen, Schaltpläne, grübeln – und dann eine Idee: Da müsste noch eine Leitung sein, die da aber fehlt. Emilios bastelt eine und es funktioniert – perfekt!
Eine kurze und herzliche Verabschiedung und wir sind endgültig weg