Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Eine andere Liga

    Der Hafen von Myrina ist gut geschützt und hat Platz für ca. 10 Schiffe mit Heck zum Kai und ein paar an der anderen Mole Längsseits. Selten aber doch kommen „Superyachten“ in den Hafen. Also damit meine ich Motorschiffe mit gut 40 m Länge.

    Wir liegen ja seit dem 2. Tag längsseits an der Mole und hatten das Glück, nicht wegen ein paar Kreuzfahrtpassagieren, die hier anlanden sollten, unseren Platz wechseln zu müssen. Alles gut. Als wir aber nach einem Ausflug in den Hafen zurück kommen, hat sich was Grundlegendes geändert: Eine Yacht vom Typ „Stargazer“ hat als  Nachbarschiff fest gemacht, also eigentlich fast neben uns festgemacht. Deren Bug überlappt sich mit unserem um mehr als 2 m, ihr Vordeck liegt auf Höhe unserer ersten Saling, also gut 6 m über dem Wasser – naja! So ein bisserl eingezwickt und klein kommen wir uns schon vor.

    Dafür ist die Crew ausnehmend nett: Sie entschuldigen sich für den unkonventionellen Liegeplatz und bieten sofort ihre Hilfe an, sollten wir ablegen wollen. Auch sonst kommen wir mit ihnen ins Gespräch und sie erzählen ein wenig aus ihrem Alltag auf der Yacht, ihren Dienstplänen und wo sie sich so herumtreiben. Insgesamt 7 Personen sind nötig, um das Schiff zu betreiben, immer auf „stand by“ um innerhalb 1 Stunde ablegen zu können, wenn es dem Eigner gerade einfällt. Lustig finde ich, dass das Schiff den Heimathafen Zadar hat, die Crew in der Altstadt von Zadar oder auf Murter lebt. Alles Orte, die wir schon oft mit dem Segelboot besucht haben.

    Mit den 150 Lit. Diesel unseres Bootes, könnten die beiden 3100 PS auch laufen – eine Stunde. einer! Und auch das nur wenn sie mit nur 12 kt unterwegs sind. Das Schiff kann aber auch das Doppelte, bei dann zumindest 6-fachem Verbrauch also knapp 2.000 lit/h für den Spaß. Dafür haben sie aber auch 30.000 Liter an Bord und fahren „mal schnell“ in die Türkei zum Tanken. Dann sind sie ein Schiff im Transit und sparen sich die Steuern, also knapp 30.000 € – auch nett. Also einmal in der EU tanken kostet so viel wie unsere Philia.

    Mein Mast ist aber höher als das Schiff, und wenn ich da rauf muss, ist Schluss mit „privacy“ 😉 Das hab ich angekündigt, das sieht zumindest der Kapitän nicht so eng. Der hilft mir sogar mit einem Gaslötkolben aus, damit ich meine VHF Antenne reparieren kann.

    Und wenn man sie drum fragt, bekommt man auch eine Ladung Eiswürfel für den Uzo unserer Gäste. Gut wenn man Freunde auf einer Superyacht hat.

    Die Superyacht kommt gebraucht auf rund 10 Mio. (gebraucht) und kostet im Jahr rund 1 Mio. an Unterhalt (Crew, Technik). Macht aber nix, der Eigner hat noch eine zweite wo stehen. Und zwischen den Schiffen fliegt er mit dem eigenen Flieger hin und her. Das Geld für die Spielzeuge hat der Herr mit Sicherheitstechnik verdient.

    STARGAZER Yacht | Fraser (fraseryachts.com)

    Für diese Menge Geld bekommt man eine ganze Menge Luxus, also der Eigner, nicht die Crew. Capain, Engineer, Cook, 2 „Matrosen“ und die beiden Hausdamen teilen sich für mindestens 4 Monate 2er Kabinen mit Stockbetten. Nur der Captain darf alleine schlafen. Damit die Crew unter Tags unsichbar ist, hat sie sogar eine kleine Küche um nicht oben zu stören.

    Keine schöne Perspektive, als quasi Leibeigener auf so einem Ding „eingesperrt“ zu sein. Da doch lieber unsere Philia. Wenn sich da der Engineer und die Interieurdesignerin in die Haare kommen, dann merkt das keiner.

  • Lemnos – die Erste

     

    Der Morgen in Lemnos ist freundlich. Windstille, keine Welle – und ein freier Platz an der Mole, längsseits bitteschön! Also Motor an, Anker hoch, vom leichten Seitenwind an die Mole treiben lassen – easy living. Wenn da nicht die Hafenaufsicht wäre und einen anderen Segler, der nur zwei Schiffe vor uns liegt, vertreiben würde. Müssen wir auch weg? „Nein, ihr seid OK. Morgen kommt ein Kreuzfahrtschiff und die wollen an der Mole keine anderen Leute, wenn ihre Passagiere aus den Beibooten ein- oder aussteigen.

    Mir soll’s recht sein. Da wir länger hier liegen werden, vertäuen wir Philia nach allen Regeln der Kunst. 4 Leinen 7 Fender und 2 Kugelfender – sollte reichen! Nur die Betonkante, keine 15 cm von meinem Salonfenster entfernt, beunruhigt mich etwas.

    Gegen Mittag kommt uns mein Bruder Martin abholen. Er lebt mit seiner Frau Daniela im Sommer auf Lemnos. Also eine erste kleine Inselrundfahrt, eine Besichtigung seiner Bleibe und dann ein wunderbarer Tag am Strand samt anschließendem Abendessen – natürlich auch am Strand. Herrlich, diese Entspannung nach der Überfahrt.

    Etwas speziell ist in dieser Bucht, dass da eine sehr geschmackvolle Hotelanlage der Premiumklasse die vor 15 Jahren von heute auf morgen aufgegeben wurde steht. Die Einrichtung ist zum Teil noch gut erhalten, der Föhn liegt am Tisch, Gläser stehen im Kasten. Gerade dass der Wasserhahn nicht mehr tropft. In der Rezeption steht noch das Telefon am Tisch, so als ob nach einer gründlichen Reinigung in 2 Wochen die Gäste wieder kommen wollten.

  • Lemnos – Explorer

    Martin borgt uns sein cooles Familienauto. Das einzige seiner Art auf der Insel, in unauffälligem rot und einer furchteinflößenden Silhouette. So ein Jeep Rubicon macht den anderen schon klar, wer da jetzt als nächster fährt. 😊 Na, jedenfalls ist er genau das richtige Auto, um auch die kleinen Schotter und Sandstraßen zu den außergewöhnlichen Plätzen auf Lemons zu gelangen.

    Martin gibt uns noch eine Karte mit, speichert die Koordinaten in das Navigationssystem und schickt sie uns auch noch per WhatsApp – und gut ist’s. Wir allerdings brauchen den halben Tag, bis wir kapieren, wie man denn den Bildschirm im Auto einschaltet. Gut, dass wir den Umgang mit Karten (noch) beherrschen.

    Zuerst schickt uns Martin in die Wüste – also buchstäblich. In Lemnos gibt es nämlich einen Küstenstreifen, der tatsächlich wüstenartig geformt ist. Eine große und zum Teil kahle Düne mit tiefem Sand und dazwischen immer wieder Flecken mit Gestein – Sandstein natürlich. Dort wo der Sand nicht so sehr in Bewegung ist, schaffen es Pflanzen sich anzusiedeln. Manchen ist das zu wenig spektakulär, wir sind beeindruckt!

    Wieder zurück in der Zivilisation brauchen wir erst einmal eine Pause und kleine Stärkung. Der Dorfplatz von Ariki scheint uns geeignet zu sein. Drei „Restaurants“ teilen sich die Fläche: Im ersten sitzen die Griechen, nur die Griechen, also die Männer. Einzige geduldete Frau ist die Kellnerin. Im zweiten sitzen ein paar Touristen, die aber offensichtlich mit den griechischen Sitten schon vertraut sind. Und im dritten sitzen in einem großen Sesselkreis Pauschaltouristen beim obligatorischen Mittagssnack.
    Wir setzen uns in das zweite Restaurant zu Feta Saganaki und griechischen Salat – passt doch auch, oder?

    Nach der Pause suchen wir uns den Weg zu den „boulders“. Das sind seltsam geformte Sandsteinformationen an de N-Küste. Gut dass wir im Jeep unterwegs sind, also fast immer ist das gut. Manche Gassen und Ecken verlangen schon umsichtiges Fahren, damit das Auto keine Spuren hinterlässt. Alles machbar, alles gut. Nach 20 min Geschaukel kommen wir zu einem Häuschen, dass wohl einmal als Labestation für Touristen gedacht war. Groß in der Idee, klein in der Ausführung, zugesperrt und am Verfallen.

    Von dort sind es nur ein paar Schritte, bis wir die ersten Steine entdecken. Manche wie Kugeln, die in die Landschaft gelegt sind, andere wie ein hartes Ei, bei dem noch ein Teil der Schale drauf ist, wieder andere sind zerfurcht und erinnern an Hirnkorallen. Dominiert wird die Szene von einer rund geschliffenen Wand, die sich wie eine brechende Welle in die Landschaft legt. Der „Boden“ der Welle ist leicht gestuft und mit Steinkugeln verziert. Die können einen Durchmesser von fast 1 m erreichen. Ein spektakuläres Bild.

    Wir streifen eine Zeit lang umher, kommen immer näher zum Strand hinunter. Sandstrand, wie so oft in Lemnos, aber durchsetzt mit rundgeschliffenen Sandsteinplatten. Zumindest bis zu den Oberschenkeln gehen wir hinein und kühlen uns ab. Am Sandstrand fällt mir was auf: Entlang der Linie, die die letzte Welle in den Sand gezeichnet hat, liegen tausenden kleinster Plastikstückchen – auf der ganzen Länge! Plastik, dass von achtlos ins Meer geworfenem Müll stammt und von den Wellen zerrieben wurde.

    Später erzählt man uns, dass zwischen Lemnos und dem Eingang zu den Dardanellen eine kurze Seestrecke liegt, die so weit von Land entfernt ist, dass sie als internationales Gewässer gilt. Damit gelten dort keine Gesetze, bzw. niemand darf sie kontrollieren. Das sollen manche Kapitäne nutzen, um ihren Dreck loszuwerden.
    Dankeschön!

    Der nächste Stopp soll die „Kirche mit dem Baum“ und der Salzsee sein. Ganz kompliziert zu finden. Also eigentlich findet man die Kirche eh bald, aber der Weg dort hin hat es in sich. Ich wusste gar nicht, wie oft hintereinander man „nächste Kreuzung links abbiegen“ hintereinander hören kann. Das Kirchlein steht mitten in den Feldern, als Kirchlein nicht besonders aufregend. Spannend ist, dass aus dem Vordach der Kirche, ein mächtiger Baum ragt. So steht dieses Kirchlein den ganzen Tag im eigenen Schatten – nett.

    Der Weg zum Salzsee ist ähnlich kompliziert, auch wenn man den Salzsee schon lange glänzen und schimmern sieht. Wir schalten auf „Satellitennavigation“, also wir holen uns ein Satellitenbild von der Gegend und versuchen die fahrbaren Wege zu identifizieren. Eine markante Schotterhalde erleichtert die Navigation erheblich. Am See angekommen, also eigentlich ist es eine Lagune, die jedes Jahr austrocknet, müssen wir erst ein paar Meter über eine ausgetrocknete Uferzone, bevor das Salz am Boden beginnt. Grobe Kristalle, zum Teil in Schuppen aufgetürmt bedeckt die ganze Fläche. Feinstes Meersalz. Warum denn da nicht ein wenig mit nach Hause schleppen. Einen Becher zum Kratzen haben wir im Auto, eine 1 ½ Liter Flasche ist bald gefüllt. Man darf nur nicht zu tief „graben“. Sonst ist man am erdigen Untergrund, und den möchte man ja nicht im Essen haben.

    Für uns reicht es, auch wenn die Liste von Martin noch lang ist. Das Hirn ist voll von schönen Eindrücken und wir wissen, dass wir das Auto sicher einen weiteren Tag haben können. So fahren wir zurüch nach Myrina und dann weiter zu dem Strand, an dem Martin, Daniela und ihre Gäste den Tag verbracht haben.

    Bei einem tollen griechischen Essen klingt der Tag aus. Es ist lange nach Mitternacht, bis wir die Augen zu machen.

  • Alleine zu zweit

    Bisher hatten wir eine kompetente Crew an Bord. Da weiß die Crew, wie das Manöver funktionieren soll und es gibt genügend helfende Hände. Aber zu zweit? Gut, da ist eine Person für das Steuern des Schiffes zuständig. Meist ist das Susi. Und die andere Person, also dann ich, ist hinten und vorne, links und rechts, zerrt an Tauen, lässt andere nach. Kurz, er ist die Crew. Wenn das Schiff steht, also im Hafen oder vor Anker, dann hat die Crew ja nichts zu tun. Da bekommt die dann frei und heuert lieber als Mechaniker, Elektriker, Installateur oder Elektroniker an. Zeit will gut genützt sein.

    Also zu zweit ist eine ganz andere Sache. In der Früh aus einem Hafen ausfahren, bei fast keinem Wind, das ist gut machbar. Dauert ein bisschen länger, aber es geht. Wie aber macht man wieder fest, so wie letzte Nacht in einer kurzen „Parklücke“ Längsseits an eine Betonmole? Entweder gar nicht, oder mit Hilfe von außen. Konkret waren das dann zwei Flamen aus Nordbelgien. Die haben uns im Hafen herumirren gesehen und hatten erbarmen mit uns. Die haben dann schnell ihren Katamaran um 2 m verschoben und schon passt die Lücke für unser kleines Schiff. Ohne deren kräftige Hilfe an den Landleinen wäre das aber alles viel anstrengender geworden.

    Und wenn man mit dem Wind Glück hat, so wie gestern, dann kann man den ganzen Tag recht sportlich hart am Wind die Küste entlang segeln, fast ohne eine Wende zu fahren. Konkret sind wir 48 Meilen gefahren, davon 39 unter Segeln, und das mit nur 4 Wenden. Geht doch!

    Am einfachsten ist, wenn man nur zu Zweit ist, das Fahren, Segelsetzen und Reffen und die Navigation. Das geht zu Zweit alles recht einfach.
    Jetzt müssen wir nur noch lernen, bei der ganzen Fahrerei, ganz entspannt zu sein. Pause machen, abschalten – also den Autopiloten einschalten und machen lassen. Da kann man dann den Wellen zusehen, was lesen (nein, nicht schon wieder Bedienungsanleitungen), oder an der Homepage basteln.

    Schön ist es so am Meer.

  • Kuofos – Lemnos, kein Zurück

    Aus einem Pausetag werden zwei. Wir warten auf brauchbares Wetter. Freitag Abend, nach Studium aller Wettervorhersagen, beschließen wir, dass es morgen los geht. Die Vorhersage spricht von 40 – max. 70 cm Welle und max. 13 kt Wind, immer aus gut segelbarer Richtung. Um 6 Uhr soll der Anker herauf kommen. Das Schiff wird vorbereitet, das Dinghi ausgelassen und am Deck verzurrt. Wir rechnen mit 14 kt halbem Wind und Wellen immer unter 70 cm. Sollte doch machbar sein.

    Also das mit den 6 Uhr schaffen wir. Sobald wir die Nase in Richtung Athos richten, kommt zuerst schwacher, dann immer stärkerer Wind. Nach 1 h sind es bis zu 20 kt genau auf die Nase und die Dünung läuft auch genau gegen uns. Alle 20 Sekunden kracht die Philia in die Wellen. Bei der ersten taucht sie tief ein, über die zweite steigt sie dann steil empor und kracht dann in das Wellental der dritten. Dabei verliert sie Fahrt, nicht zu wenig, und der Propeller hat mit dem Geschaukel heftig zu tun. Manchmal wirkt es so, als würde er Luft ansaugen.
    Ned lustig!

    Plötzlich ruft mich Susi: Irgendwas ist mit lautem krachen hinter ihr am Deck aufgeschlagen. Ein Rundumblick zeigt, dass noch alle Teile des Riggs dort sind wo sie hin gehören. Nur ganz oben am Mast, dort wo die Antenne für unser Funkgerät sein soll, hängt nur ein kurzes Stück Kabel. Na super! Ohne Antenne kein Funk = auch keine Notrufe. Und mehr noch, wenn man jetzt senden würde, würde der Endverstärker des neuen Funkgerätes abbrennen. Funk aus. Zum Glück haben wir unser Handfunkgerät, wir können also noch kommunizieren. Schlechter zwar, weil die Handfunke ja im Cockpit ist und nicht an der Mastspitze, aber es ist möglich.

    Es ist halt niemand da, mit dem wir reden könnten. Bei der ganzen Überfahrt, also in 13,5 Stunden sehen wir genau 2 Schiffe, abgesehen von den Fischern gleich nach der Abfahrt. Ein Segelschiff ist aus dem selben Hafen ausgelaufen wie wir, und das andere entdecken wir nach 8 Stunden am Horizont, nach Norden fahrend. Also viel los ist in der Gegend wirklich nicht.

    Irgendwann versuchen wir zu segeln. Die Segel stabilisieren das Boot und reduzieren damit die Schaukelei. Einziger Nachteil: Wir kommen so nicht nach Lemnos, sondern nach Lesbos. Das liegt gut 100 km südlich. Außerdem ist die Geschwindigkeit sehr gering. Der Plotter meint, dass die Ankunftszeit so gegen 22 Uhr sein wird – morgen!

    Notgedrungen wird wieder der Motor angeworfen und Kurs auf Lemnos aufgenommen. Jetzt ist der Plotter hoffnungsvoller: Ankunft schon im 19:30 – heute!

    Nach fast 6 Stunden erreichen wir den Punkt, wo Sithonia im Dunst verschwindet und voraus sich Lesbos erahnen lässt. Nur der Berg Athos ist immer zu sehen und vermittelt das Gefühl, genau nirgendwohin zu fahren. Ein schöner Anblick, der Berg, aber ein frustrierender.

    Die Schaukelei ist echt anstrengend. Abwechseln legen wir uns im Cockpit auf die Sitzbänke, um unsere Muskeln zu entspannen. Problem dabei: Wir sehen nicht, wohin wir fahren. Steuern, das macht ohnehin der Autopilot, aber für den Ausguck sind wir verantwortlich. Es ist aber eh kein Schiff zu sehen.

    Zur Stärkung holen wir uns den vorbereiteten Nudelsalat aus dem Kühlschrank. Gut, dass der da ist. Etwas frisch zuzubereiten wäre echt anstrengend. Machbar, aber nicht lustig.

    Lemnos kommt näher, und wie bekommen eine erste Idee wie es dort aussehen könnte. Aus der Entfernung wirkt Lemnos seltsam kahl. Nicht als „lovely island“ wie es uns die Bootsnachbarn in Kuofos geschildert haben. Beim Näherkommen erkennen wir Bäume rund um die Häuser, oder die Häuser stehen dort, wo es auch Wasser gibt, das die Vegetation auch nutzt. Aber „loveley“ ?!

    Nach langen Stunden, das Meer hat sich inzwischen beruhigt korrigieren wir den Kurs immer besser auf die Hafeneinfahrt von Myrina, der Hauptstadt von Lemnos. Der Hafen ist riesig, man kann mit dem Buganker und Heck zur Mole anlanden, wenn man einen Platz findet. Oder man ankert einfach wo es einem gefällt. Wir wollen das mit dem Buganker probieren. An der Mole steht eine Reihe von Yachten und wir wollen uns einfach ganz rechts dazu stellen. Anker klar machen, runter damit. Susi fährt ein lehrbuchmäßiges Manöver. Von den beiden rechten Yachten winken sie uns zu, rufen irgendwas. Als wir nur ½ Bootslänge vom Kai entfernt sind, erklärt uns ein Yachtie, dass an diesem Platz normalerweise das Ausflugsschiff liegt und der gelegentlich die Yachten vertreibt. Man kann nie wissen, aber das wird dann eine unruhige Nacht.

    OK, das wollen wir auch nicht. Also das ganze zurück, Anker hoch, Platz suchen, Anker runter auf nur 5 m Wassertiefe und 20 m Anker – sollte in einem ruhigen Hafenbecken reichen. Ein letzter Test ob der Haken hält, Vollgas retour. Steht wie ein Bock. Ankerball aufhängen – macht sonst niemand. Vielleicht wird das noch unser Markenzeichen: „die mit dem Ankerball“.

    Motor aus, ab ins Wasser, die Strapazen des Tages abwaschen. Abendessen? Was kochen? Geht  nicht mehr. Ein Packerl Chips – das geht grad noch. Dann sind wir mit dem Tag durch.

    Ab ins Bett. Sofort schlafen wir ein.

  • Die große Überfahrt

    Naja, groß ist relativ. Groß ist für uns eine Strecke über das freie Meer von 50 Meilen. Bei unserem Tempo sind das mindestens 10 Stunden. Das kann sich im verfügbaren Tageslicht gut ausgehen. Selbst bei 4 kt geht das noch. Soweit die nackten Zahlen.

    Was aber dazu kommt ist, dass die Strecke von Chalkidiki nach Lemnos, um die geht es hier, einerseits 40 Meilen quer über das Meer sind, und außerdem sich hier der Meltemi beginnt zu entwickeln. Also wenn’s blöd her geht, gibt es dort heftigen Wind, so an die 70 Km/h und entsprechende Wellen, die gerne auch einmal 4 m erreichen können. Die lange Strecke ohne Chance wohin zu flüchten ist neu für uns. Den starken Wind und die Wellen, wollen wir durch Beobachtung der verschiedenen Vorhersagen vermeiden.

    Wir fahren in den schon bekannten Kolpos Kuofo an der Südspitze von Sithonia, dem mittleren Finger … eh schon wissen. Am Weg dort hin machen wir bei der Marina Porto Carras Halt. Das ist ein Luxusressort mit Golfplatz, Reithalle, Tennis, Squash und einer ebenso aus dem Boden gestampften Marina. Alles da, nur Menschen sehen wir keine. Vielleicht sind die gerade am Strand in der Touristenrösterei, aufgelegt in Reih und Glied.

    Wir wir wollen dort aber nur eins: Diesel. Gibt es natürlich auch. Als wirkliche Besonderheit gibt es Treibstoff aber direkt an der Tankstelle am Wasser. Das ist eine große Ausnahme in der Ägäis. Die nächste Tankstelle, an der wir anlegen könnten, ist in Samos. Also schlappe 5 Tagreisen entfernt. Da sollte man gut auf die Tankuhr schauen und den Verbrauch mitkalkulieren.

    Diesel voll, Kanister voll. Insgesamt haben wir nun 160 Liter Diesel im Tank, weitere 40 in Kanistern und 20 Liter Benzin mit. Mit den 200 l Diesel können wir fast 500 Meilen (fast 900 km) weit unter Motor fahren. Wollen wir natürlich nicht, aber es beruhigt ungemein das wir es könnten.

    Wir sind wieder in Koufos gelandet und probieren gleich einmal unseren neuen Anker. Hält wie angeschraubt – und das auf Sandgrund. So soll es sein, da gibt es Reserven für windige Tage, das schafft Vertrauen und ungestörte Nachtruhe. Selbst Winddrehungen um 180° und kräftige Böen stören ihn nicht.
    Nur beim Tauchen kann ich ihn nicht entdecken. Nur der Schäkel blitzt im Sandgrund. Der gesamte Anker hat sich eingegraben – sehr beruhigend.

    Wir genießen einen Pausetag. Nur das tun wonach einem der Sinn ist – oder was halt notwendig ist. Susi genießt stressfreie Zeit, liest, telefoniert, entspannt sich. Ich widme mich der Elektrik und verstärke die Leitung von der Batterie zum Navigationstisch. Luftlinie sind das rund  4 m. Vom Batteriefach durch den Motorraum und die zweite Heckkabine, durch Kästen und Geschirrkasteln bis zum Anschlusspunkt kann ich gute 9 m vom 16 mm² Kabel verlegen. So groß ist so ein kleines Schiff! Und das Loch in der Geldbörse ist um weitere 100 € größer geworden.

    Damit die Erholung nicht zu kurz kommt, springen wir immer wieder ins Wasser zur Abkühlung. Wobei, kühl sind die 27° Wassertemperatur auch nicht wirklich.