Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Flug über das Meer

    Frisch gestärkt und voller Tatendrang entscheiden wir uns für eine längere Etappe: Wir wollen in einem Stück südlich an Skopelos und Skiathos vorbei bis zum Nordwest Eck von Euböa. Alles zusammen wären das 36 Meilen. Der Wind ist anfangs noch recht mau, Skopelos ist einfach ein zu großer Windschatten. Kaum sind wir von dort weg, fliegen wir dahin. 6 kt und 1 m Welle. Philia zieht stur ihre Bahn. Ein heller Fleck am Festland ist uns eine Wegmarke. Wir vermuten zunächst es handelt sich um einen großen Felssturz.

    Sobald wir die Meerenge zwischen Skopelos und Skiatos hinter uns haben, nimmt der Wind wieder ab und dreht nach achtern. Das ist selten gut, denn dann können wir den Wind nicht so gut in Geschwindigkeit umsetzen. Wenn dann noch Wellen sind – und die sind – beginnen bald die Segel zu schlagen. Da fehlt dann einfach der Druck des Windes, damit sie nicht bei jeder Welle wie eine Fahne hin und her wacheln. Macht immer Lärm und ist nie gut für das Material.

    Besonders schlimm wird es an der Westseite von Skopelos, aber da müssen wir irgendwie durch. Es zeichnet sich am Meer nämlich schon ab, dass es einen kräftigen Wind von Thessaloniki nach Süden geben muss – sagen zumindest die Wellen. Und sie haben recht! Kaum sind wir in bewegterem Wasser, springt der Wind an. Aus Rückenwind wird ein Wind von der Seite, aus 6 kt werden 16. Die Segelstellung wird verändert und Philia sprintet los. In manchen Momenten können wir 7 kt als Geschwindigkeit über Grund ablesen. Gut, da ist dann ein wenig Strömung mit dabei, aber was solls.

    Jetzt, aus der Nähe, können wir erkennen, dass der große Erdrutsch eigentlich ein riesiger Steinbruch ist. Große Quader aus Marmor werden hier gebrochen, ganz oben am Berg. Eine Halde von Bruchstücken und Schotter bilden den Abhang bis hinunter zum Meer. Wie lange dort schon Steine gebrochen werden?

    Was uns weniger gefällt ist der Himmel: War der den ganzen Tag schon diesig und die Luft sehr feucht, erkennen wir mehr und mehr den Effekt dieser Mischung. Wolken schießen in die Höhe. Viele zerfallen wieder, manche bleiben bestehen und wirken bedrohlich. Die Wettervorhersage spricht von „risk of thunder“. Ob wir das wirklich brauchen? Leider steht die dunkelste Wolkenwand genau in unserer Fahrtrichtung. Der Wind nimmt zu, wir nehmen das Großsegel weg und rasen nur mit der Genua dahin. Immer noch 5 bis 6 kt und die Wellen schieben kräftig an.

    Unser Ziel Oreoi wird sich aber nicht wirklich vor dem Gewitter ausgehen. Aber was sind die Alternativen: Eine Bucht nördlich von uns, wenig Schutz aber immerhin nahe – 3,5 Meilen / 45 Minuten.
    Der Fischerhafen von Pefki, 3,8 Meilen, auch eine ¾ Stunde. Laut Führer aber fast ausschließlich Platz für Fischerboote.
    Und zuletzt Oreoi, mehr als 9 Meilen, also fast 2 Stunden.

    Wir entscheiden uns für Pefki und wollen dort unser Glück versuchen. Die Mole ist schon von weitem zu erkennen, ein oder zwei große Fischdampfer auch. Mal sehen, was uns dort erwartet. So wie beschrieben: jeder Platz durch große Fischerboote besetzt. Ein keiner Platz im schon seichter werdenden Wasser, soll aber für Ausflugsboote frei bleiben. Ein größerer Platz ebenso – oder für die Fähren. Also alles dicht.

    Fast, denn einer der Fischer bietet uns mit Gesten an, an seinem Schiff fest zu machen. Bei der dritten Anfahrt sind wir dann so weit und legen an. Die Mannschaft sitzt gerade beim vorgezogenen Abendessen. Aus einem Radio ertönt – der Gebetsruf des Muezzins. So richtig griechisch ist das aber nicht. Stimmt, die gesamte Mannschaft, rund 10 Männer für 2 Schiffe spricht arabisch. Nur einer kann ein paar Brocken Englisch. Das reicht gerade um uns zu sagen, dass sie noch heute um 7 auslaufen werden.

    Nicht unser Traum, aber zumindest den NE Wind können wir abwettern. Was mit dem Gewittern wird, werden wie ja sehen. www.blitzortung.org wird uns auf dem Laufenden halten. Wir machen jedenfalls einmal Pause. Es war schon bisher aufregend genug.

    Was Pefki als Ort so alles bietet bleibt uns verschlossen. Deutlich sichtbar sind allerdings die Narben der Waldbrände des Vorjahrs. Was grüner Wald war, sind nun verkohlte Bäume. Spannend aber, dass der Boden darunter schön grün ist. Kleine Kräuter haben den Brand also recht gut überstanden und können so wenigstens den Boden festhalten. Später sehen wir ein paar LKW mit verkohlten Baumstämmen. Aber die meisten Bäume stehen noch und bieten wenigstens ein wenig Schatten für alles was da jetzt nachwächst.

    Um ½ 7 legen wir von dem Fischerboot ab, oder besser: wir lassen uns vom Wind wegblasen. Aber jetzt? Da gibt es noch im Hafen eine Mooring Feld, dass aber nur wenig Wasserstand bietet. Davor liegen zwei Wellenbrecher, also Steinschüttungen. Außerhalb von denen können wir bleiben. Zumindest nach NE, also der derzeitigen Windrichtung, sind wir noch im Schutz der Hafenmauern. Viel Kette, ein langer Ruckdämpfer. Das muss reichen für diese Nacht.

    Und was für eine Nacht das wird: Zunächst können wir beobachten, dass das Gewitter zwar näherkommt, dabei aber an Intensität verliert. Es schläft quasi ein. Nicht einschlafen tut der Wind, der aus dem Gewitter kommt. Und wo Wind ist, sind auch Wellen. Und gegen die sind wir nicht geschützt.

    So springt der Bug der Philia in den Wellen auf und ab, reißt an der Ankerkette und schleudert den Bug hin und her. Zum ersten Mal auf unserer Reise passiert es, dass Susi aufwacht und es ihr übel ist. War keine entspannende Nachtruhe.

    Nichts wie weg!

  • Almyropotamos

    Almyropotamos, das ist keine Dinosaurier Art, das ist das Ziel des Tages. Wir wollen mit Magdalena noch einmal in eine Bucht, bevor wir sie in Rafina abliefern. Der Hafen dort soll schlicht „übel“ sein. Also gönnen wir uns noch was.

    Das Ablegen in Aliveri: Leinen langsam fieren und abwarten. Der leicht ablandige Wind schiebt uns einfach von der Mauer weg. Wozu wir die trickreichen Manöver wie „Eindampfen in die Vorspring“ gelernt haben? Der Wind ist – schwach. Mit halbem Wind, das ist der schnellste Kurs eines Segelschiffs (Wind im rechten Winkel zum Boot) schaffen wir knackige 2,2 Knoten, und die Fahrtrichtung stimmt auch nicht. Egal, wir probieren halt wieder herum und nähern uns langsam der Einfahrt zur Bucht. Fünf Meilen davor ist wieder einmal Pause angesagt. Bei Fahrt 0 und Wind 0,5 geben wir auf – wieder einmal motoren. Kaum kommen wir bei der Bucht um die Ecke – 13 kt aber sowas von genau auf die Nase. Wir könnten jetzt 3 Stunden aufkreuzen oder eine Stunde motoren. Heute – motoren. Wir wollen noch einmal in einer schönen Bucht baden, den Nachmittag und Abend genießen.

    Und schön ist es dort wirklich. Eine kleine Bucht am Rande einer großen. Nicht gerade windgeschützt, aber wenigstens keine Wellen. Ankern auf 6 m Wassertiefe bei glasklarem Wasser, und – keinen Quallen. Die Bucht ist so tief, da werden sie nicht hereingetrieben und das Wasser an der Oberfläche wird vom Wind nach außen gedrückt. Uns gefällt das!

    Wir hängen also viel im Wasser herum. Magdalena nutzt den Wind gleich, um mir am Heck von Philia die Haare zu schneiden. Die fliegen dann gleich ins Wasser und gehen unter.

    Susi wünscht sich einen Landgang und bekommt ihn auch. Sie möchte die beiden kleinen Strände nach Muscheln absuchen. Ich rudere sie hin, was bei dem Wind schon ein wenig herausfordernd ist – passt aber. Der Kiesstrand gibt wenig her. Viel spannender sind die Felsen, wie sie rundgeschliffen sind, oder wie feinster Blätterkrokant geschichtet und gefaltet sind. Aus feinsten Ritzen wachsen mächtige Bäume, die sich mit ihren oft sichtbaren Wurzeln an den Felsen klammern. Woanders hängt ein Strauch wie ein Wasserfall über den Felsen herab, fast bis an den Kies.

    Sonst genießen wir einfach den Nachmittag und Abend.

    Darf auch einmal sein.

  • Nur mal schnell 9 Meilen

    9 Meilen, das ist die Distanz von unserer Ankerbucht in den Hafen von Skopelos. Dort wollen wir heute hin, denn da wird in zwei Tagen Magdalena ankommen. 9 Meilen, was ist das schon? Unter Motor kaum 2 Stunden, unter Segel, wenn der Wind richtig weht auch nicht viel mehr. Dürfte recht ereignislos werden, dieser Tag.

    Weit gefehlt!

    Als wir aufwachen weht kräftiger Wind die Küste herab – OK, also segeln. Macht ohnehin mehr Spaß. Schon um 10 kommt der Anker herauf und wir fahren los. Kaum sind wir aus dem Küstenschutz, gibt es kräftige 20 bis 25 kt und Wellen bis über 1,8 m. Na, so viel haben wir auch nicht bestellt. In der als „sehr zuverlässig“ geltenden Wettervorhersage „Poseidon“ heißt es 4-5 kt. Knapp daneben, könnte man sagen.

    Wir probieren also aus, ob und wie wir das segeln können. Vorsichtig wird das Großsegel heraus gekitzelt, nur so weit, bis die obere Spitze knapp über die erste Saling reicht. Komisch, irgendwie geht da gar nichts. Wie wir uns auch bemühen, wir bekommen einfach keine Fahrt ins Schiff. Also wieder retour. Neues Selbstvertrauen aufbauen und was anderes probieren: Genua raus. Auch das nur stückweise, und siehe da: Philia beginnt zu fahren. Noch ein wenig dazu und dann das Großsegel wegen der Balance dazu. Jetzt taugt es ihr und sie galoppiert davon. 5 kt –  5,6 kt  – 6,2 kt Einmal stößt sie an die 7 kt – und das bei diesen Wellen. Phantastisch! Da muss nicht viel am Ruder gedreht werden, Philia will einfach gerade aus! Mit jedem Tag gefällt uns unser Schiff besser.

    Das ist trotz Schräglage und Wellen so entspannend und beruhigend, dass Susi einfällt, wie lange wir eigentlich schon keine Delphine gesehen haben. Das war bei der Abfahrt von Chalkidiki vor 3 Wochen.

    Und als ob sie das gehört hätten: Ein hellgrauer Schatten schießt unter den Wellen auf uns zu. Knapp vor der Bordwand wird unsere Richtung aufgenommen und ein Delfin springt aus dem Wasser. So richtig hoch aus der Welle heraus, so dass der ganze Körper auf einmal in der Luft war und dreht in der Luft eine Pirouette, wie eine Prima Ballerina. Wo einer ist, sind auch mehrere, und rasch zeigen sich auch die. Rund herum, vor dem Schiff, seitlich links und rechts, überall tauchen sie auf und Spielen mit den Wellen und uns. Sicher so 7 bis 10 Tiere, die da ihren Spaß haben. Wir haben den auch. Und Delfinen zuzusehen ist immer eine besonderer Moment. Nach ein paar, für uns sehr langen, Minuten beenden sie die Show und ziehen weiter.

    Auch wir setzen unseren Weg fort, ist ja nicht weit. Kurz vor Skopelos sind ein paar kleinere Inseln. Und wo Inseln sind, gibt es Windbeschleunigungen, den Kap Effekt. So auch da. Der Wind wird wieder stärker und, was besonders unangenehm ist, er verändert recht plötzlich die Richtung. Und dann wird aus einem Schiff, dass gut voran kommt plötzlich eines, das im Wind steht, die Segel schlagen und am Mast so stark rütteln, dass das ganze Schiff schwingt. Wir nützen die nächste windarme Zone und rollen die Segel weg. In den Hafen müssen wir ohnehin motoren, dann halt schon jetzt. Bei 20 kt gegen an kreuzen wäre ohnehin nicht so unser Ding.

    Die Einfahrt zum Hafen ist riesig breit, durch die ständig ein- und ausfahrende Fähren nicht zu übersehen. Trotzdem gibt es eine Herausforderung: Flugzeuge! Die Einflugschneise führt über den Hafen, also die letzten Meter vor dem Aufsetzen. Und deshalb wurde eine Zone definiert, in die Schiffe, die höher sind als 4 m nicht einfahren dürfen – wegen der Flugzeuge! Ich weiß nicht, wo es das sonst noch in Europa gibt.

    Im Hafen ist dann die Frage des Festmachens zu lösen. Bei böigen 20 kt wollen wir uns auf keine Spiele einlassen, wir ankern, seitlich neben dem Steg mit den Charteryachten, wo es niemanden stört. Also 30 m Kette auf 6 m Tiefe. Hält vorerst. Dann einfahren – hält nicht. OK kann passieren, 2. Versuch – gleiches Spiel ☹

    Und jetzt? Vielleicht doch an den Steg oder die Hafenmauer? Mal sehen, wo ein Plätzchen für uns sein könnte. Ja, genau da in der Ecke neben dem Katamaran und den beiden Seglern. Schaut gut aus. Also das Schiff vorbereiten. Beiboot runter, Landleinen vorbereiten, Anker vorbereiten. Und dann mit Schmackes retour, damit uns der Wind nicht verbläst. Wir legen unseren Anker exakt im rechten Winkel zur Hafenmauer, so wie sich das gehört.

    Kurz bevor wir den Katamaran erreichen, springt sein Skipper hervor: 1. Wir kreuzen seine Kette. Kein Wunder, sie liegt auch im 30° Winkel vor seinem Schiff – selbst schuld, eigentlich. 2. Auf dem Platz liegen Ausflugsboote und da darf man nur für 1-2 Stunden stehen.

    Na, wir wollen keinen Krieg und treten den Rückzug an: Anker wieder hoch. Geht auch, aber nicht ganz. Sch… was ist da schon wieder los? Im Hafenhandbuch steht, dass da irgendwo eine Kette am Grund liegt. Ob wir die gefangen haben? Wir können das so nicht beurteilen. Also, so wie wir das bei der Mamma Mia Kirche gelernt haben: Ausziehen und tauchen gehen. Diesmal mit Taucherbrille und Flossen, aber auch mit laufendem Motor (!) Da ist die große Gefahr, dass man den Propeller zuschaltet. Das gibt dann ganz böse Verletzungen. Aber gut, ich bin ja beim Bug, Susi auch. Da ist einfach keiner da, der am Schalthebel ankommen könnte.

    Von oben kann ich kaum was erkennen. Also ziehe ich mich beherzt an der Kette in die Tiefe. Der Anker hängt in einem Bündel von Seilen! Wenigstens keine Stahlkette. Vielleicht kann ich da was retten. Noch sind Anker und Seile stark gespannt. Bei weiteren Tauchgängen, immer nur ein paar Sekunden beim Anker, kann ich ein paar Seile von den Fluken (den beiden Schaufeln) des Ankes herunter heben. Wenn das Schiff nur einen Meter nach vorne kommt, entspannt sich der Knoten und ich kann besser arbeiten. Ich ziehe also nach vorne, der Wind drückt nach hinten. Auch da nur ein kurzes Zeitfenster, wo ich unter Wasser arbeiten kann. Aber es gelingt. Nach und nach hängen wir an immer weniger Seilen. Dann nur noch eines. Ich warne Susi, dass wir nun treiben werden, tauche ab, streife das Seil über die Spitze des Ankers. Rauf und schnell am Heck aus dem Wasser. Susi muss den Propeller einsetzen, um nicht auf andere Schiffe zu treiben. Geht sich grad so aus.

    Durchschnaufen. Und was jetzt?

    Susi ist aufgefallen, dass im Gelenk des Ankers Erde klebt. Vielleicht kann sich der Anker deshalb nicht ordentlich eingraben. Einen Versuch ist es wert. Wir fahren also zurück zum Schwimmsteg, suchen einen neuen Platz, Anker rein, 40 (!) Meter Kette, vorsichtiges einfahren, einfahren mit mehr Gas, Vollgas. Hält. Endlich angekommen.

    Der Nachmittag wird an Bord vertrödelt, einmal ins Wasser gegangen, den Fähren und Flugzeugen zugeschaut. Kurz bevor wir von Bord gehen wollen, bekommen wir Besuch: Zwei nette Herren von der Hafenbehörde. „Im Hafen ist Ankern verboten! Und die Flugzeuge schrecken sich.“ Also das mit den Flugzeugen ist definitiv eine Ausrede, und der andere Grund ist eher, dass die Fähren nicht ihren gesamten Spielplatz für ihre Manöver verwenden können. „Wir sollen doch in die übernächste Bucht nach Westen ausweichen, dort ist viel Platz und wir können dortbleiben, solange wir wollen“.

    Was soll man bei so viel Freundlichkeit sagen? Anker auf, und mit dem Beiboot im Wasser, in langsamer Fahrt in die andere Bucht. Wie im Gänsemarsch folgen uns 4 weitere Schiffe, die auch wegmüssen. Die Bucht ist wirklich breit und die Schiffe finden überraschend schnell und problemlos einen Ankerplatz. Fertig, heute gehe ich wirklich nicht mehr weg. Und morgen auch nicht, denn da ist Pausetag.

    Waren eh nur 9 Meilen, oder?

  • Rund um Skopelos

    In der Früh können wir uns aus der Mama Mia Bucht kaum losreißen – im wahrsten Sinn des Wortes. Als wir gegen 10 den Anker heben wollen, geht das nicht. Wie sein kleiner Bruder vom Dinghi, will er einfach nicht herauf. Blöd nur, dass es hier 14 m tief ist und da kann ich nicht einmal nachsehen, was da unten los ist! Für immer gefangen? Naja, für die ersten 4 Wochen hätten wir ja noch Wasser und Lebensmittel. Es gäbe schlimmeres als hier zu sein.

    Was kann man tun? Mehr Kette runter lassen? In eine andere Richtung ziehen? Wir probieren das mit dem Ziehen. Kräftig retour, Gas geben. Das Schiff vibriert und bricht plötzlich um 90° nach links aus. War das nur der Radeffekt, oder hat sich die Kette von einem Stein gelöst. Vorsichtig probieren, ob die Kette jetzt nach oben kommt. Sie kommt! Glück gehabt.

    Langsam tuckern wir aus der Bucht, es müssen ja noch 120 Fotos von der Küste geschossen werden 😊. Wir nützen den langsam abflauenden Wind, um noch Strecke zu machen. Natürlich ist der Wind genau auf die Nase, aber wir können ja aufkreuzen und das macht sogar Spaß. Bis halt der Wind dann ganz weg ist, dann ist wieder motoren angesagt. Sind wenigstens die Batterien wieder alle gut gefüllt.

    An der Nordecke von Skopelos steht ein malerischer Leuchtturm. Wunderschön hin gebaut, aber keine Idee, wie da ein Leuchtturmwärter hinkäme. Es gibt zwar eine Stromleitung durch den Wald und einen Weg, der dem Hang entlangführt, doch der endet irgendwann im Gebüsch. Heute sind die Leuchtfeuer automatisiert, aber früher war das sicher kein leichtes Leben an so ausgesetzten Punkten.

    Wir wollen aber weiter. Susi hat entdeckt, dass es da einen Strand gibt, der ganz besonders schön sein soll. Natürlich auch das ein Mamma Mia Drehort – und jetzt eine gewaltige Touristenrösterei. Ob ich das wirklich brauch? Kurz davor, gleich nach dem Ort Neo Klima, sind ein paar Strände, die zwischen Felsen geschmiegt sind. Davor türkisgrünes Wasser, dahinter hohe Pinienwälder und die Felsen dazwischen sind wunderbar marmoriert. Die Ausflugsschiffe und Motorboote werden wohl bald wieder abfahren und so werfen wir unseren Anker in sicherer Entfernung zum Ufer.

    Herrlich ist es hier. Wie immer warmes Wasser, wenige Wellen, Ruhe. Auch die anderen Besucher machen kaum Lärm. Passt so. Später gesellt sich eine zweite Yacht zu uns. Eine Schweizer Ovni 395, wie wir später erfahren. Wir treffen das Seglerpaar nämlich später am Strand. Ihren Hund, einen Boarder Collie Mischling haben sie mitgebracht. Ein sehr freundliches und schon gut erzogenes Tier. Ich kann mir aber trotzdem nicht vorstellen, einen Hund auf ein Schiff mitzunehmen, auch wenn das die Schweizer auch bei einer zweijährigen Reise samt Atlantiküberquerung so gemacht haben. Die Gesprächsrunde wird kurzerhand in das Wasser verlegt. Der Hund bleibt draußen, oder er schwimmt hin und her. Nett mit den Leuten zu plaudern. Nach einer Stunde rudern wir wieder unsere Wege.

    Der Abend war wieder den Sternen und Sternschnuppen gewidmet.

    Man gönnt sich ja sonst nichts.

  • Mamma Mia

    Aus gut informierten Kreisen wissen wir, dass der Film Mamma Mia in den Sporaden, besonders in Skopelos gedreht wurde. Auch schon wieder 25 Jahre her! Da müssen also schöne Plätze sein. Nachdem hier in Steli Vala alles gesehen ist, viel war ja nicht da, beschließen wir zu Mittag nach Skopelos weiter zu fahren. Susi möchte die „Mamma Mia – Kirche sehen. Also eigentlich heißt sie „Agios Ioannis Kastri“, aber das kann man sich eh nicht merken.

    In Steli Vala hat das Kommen und Gehen der Yachten schon voll eingesetzt und wir sind schon in der Phase, wo das Kommen wollen deutlich stärker ist als das Gehen. Wir sind schon wirklich spät dran und einige andere Schiffe liegen schon auf Lauer. Auf unseren Platz warten eine schwarze Motoryacht. Wir haben uns, also die Schwarzen und wir, auf einen Platzwechsel verständigt. Eigentlich ist alles klar. Bis eine blaue Motoryacht unsere Vorbereitungen entdeckt.

    In solchen Situationen werden von den Yachties alle guten Benimmregeln vergessen. Da wird Gas gegeben, gedrängt und gequetscht, dass es eine Freude ist. Die beiden, also die Schwarzen und die Blauen beginnen also ihr Ritterspiel um unseren Platz. Ist so ähnlich wie ein Brunftkampf von Hirschen. Ein Stück vor, drohend aufbauen, den anderen anschnauzen, abdrängen. Letztlich stehen sie genau über unserer Ankerkette und wir können also auch nicht weg. Wir wollen aber!

    Also greife ich zu unserer goldenen Geheimwaffe: Das Signalhorn. Das glänzende Messingteil an die Lippen gesetzt, tief Luft holen und ein durchdringender Ton erfüllt die Szenerie. Gut so, denn die Blauen und die Schwarzen machen uns den Weg frei. Wir geben also Gas, um aus der Lücke zu kommen. Ich hole die Heckleinen ein, Susi bedient den Anker. Ja, wir haben das mit dem Anker wirklich sehr gründlich gemacht. 50 m Kette liegen quer durch den schmalen Hafen. Was solls, er hat sicher gehalten und niemanden behindert.

    Dann sind wir frei, fahren ein Stück hinaus und kümmern uns nun um unser Dinghi, dass noch am Heck hochgezogen und befestigt werden muss. Ein wenig Wind hat eingesetzt, schwach aber nutzbar, und so schleichen wir mit kaum 4 kt Fahrt der Westspitze von Alonyssos entgegen. Dort ist aber Schluss mit Lustig. Bei der Fahrtrichtung können wir den kaum vorhandenen Wind nicht nützen und schalten den Motor ein.

    Aber auch so gibt es viel zu sehen. Da steht auf einem riesigen Felsen, viel mehr ist diese Insel Agios Georgios Skopelou heißt sie, nicht. Ein einziges Haus finden wir drauf. Wir können eine Seilbahn vom Ufer zum Haus erkennen. Was dort aber wer tun sollte, bleibt ein Rätsel. Vielleicht hat das Militär „böse Buben“ dort hin verbannt, die dann aufpassen müssen, dass keine anderen „bösen Buben“ die Insel besetzen können.

    Kurz darauf kommen wir am Hafen von Skopelos vorbei. Der ist das Epizentrum des Mamma Mia Hypes. Täglich gibt es Schiffsfahrten zu den Drehorten, mit vielen Fans und lauter Musik – Abba, eh klar. Oder das Freiluft Kino: 3-mal pro Woche Mamma Mia, so dass auch niemand die Chance verpasst den Film ein weiteres Mal zu sehen. Schnell weg, denn das wollen wir so nicht.

    Aus der Richtung, aus der wir kommen, ist die Kirche kaum zu sehen. Wir sehen zuerst ankernde Yachten, was uns eh ganz recht ist. Wir fahren in die Bucht und suchen einen Platz. Rund herum sind Felsen ins Wasser gestürzt. Der Boden wird wohl auch den einen oder anderen Felsen für uns bereithalten. Einfach einmal probieren. Der Anker hält aber einwandfrei. So steht einer Exkursion nichts mehr im Wege.

    Zuerst aber der Blick auf das Geschehen: Touristen kommen mit allen erdenklichen Vehikeln die steile Straße herab in die Bucht: Moped, Quad, Auto, Bus – alles. Und so wie sie sind, beginnen sie den Aufstieg. Also zur Not auch im knappen Bikini und mit Flipflops. Ob die wissen, worauf sie sich einlassen?

    Der Höhenunterschied ist knapp 100 m auf 200 Stufen, die in eine nahezu senkrechte Felswand geschlagen wurden. An manchen Stellen ist der Pfad kaum 50 cm breit und nur mit einem Geländer gegen Absturz gesichert – in Flipflops!! Egal, alle müssen da rauf, alle. Große, kleine, alte, junge, selbst Hunde werden hinauf geschleppt.

    Wie kann es anders sein: Noch von Philia aus fällt unser Blick auf eine Braut im langen weißen Kleid und dem dazugehörigen Bräutigam. Ob sie es bis ganz hinaufgeschafft haben, wissen wir nicht. Herunter kamen sie aber unbeschadet.

    Wir sind also an Land gerudert und haben das Dinghi seemännisch vertäut: Ein Seil zu einem Felsen am Ufer, und am Heck den kleinen Dinghi Anker im Wasser versenkt. So schaukelt das Gummiboot im Wasser, ohne an Felsen zu reiben. Ist doch gut so, oder?

    Der Aufstieg auf den Felsen ist schon sehr beeindruckend. Es ist ein eigentlich schief stehender Basaltfelsen, der je nach Stelle anders geschichtet und gefärbt ist. Das allein ist schon schön. Der Blick nach unten zahlt sich aber auch aus. Nicht nur dass wir sehen, dass es Philia gut geht, es ist auch das Wasser, dass in allen erdenklichen Grüntönen schimmert.

    Oben angekommen befindet man sich auf einem kleinen Plateau mit einigen Ölbäumen, einem kleinen untypischen, weil braun angemalten Kirchlein und daneben ein Wohngebäude – oder war das einmal ein Restaurant? Das Kirchlein selbst ist halt eine griechische Kirche und hat mit dem Film rein gar nichts zu tun.

    Der Blick in alle Richtungen ist aber spektakulär. Wieder finden wir einen Baum, an dem Besucher ihre Haargummis befestigt haben. Ist das eine Bitte um ein gesundes Leben, oder um lange Haare? Wir wissen es nicht! Jedenfalls charmanter als die Schlösser, die man an manchen Brücken findet.

    Wieder unten angekommen finden wir den Felsen umso beeindruckender. Nun ist aber der Rückweg zu Philia angesagt. Leichter gesagt als getan: der kleine Anker hat sich in den Felsen verklemmt. Da hilft kein Rucken und Zucken, da hilft nur eins: Ausziehen und runter tauchen. Ob das ein Zeichen ist?

    Den Abend verbringen wir an Deck: Der Mond scheint noch nicht, außer ein paar Straßenlaternen und den Ankerlichtern von 5 Schiffen gibt es kein störendes Licht. Was es da an Sternen uns Sternschnuppen zu sehen gibt – unglaublich!

    So was kann man nur genießen.
    Fotografieren geht nicht, das Schiff ist ja ständig in Bewegung.

  • Wo sind denn da sie Mönchsrobben?

    Der Meeresnationalpark wurde zum Schutz der Mönchsrobben eingerichtet, nicht nur, aber auch. Davon gibt es kaum mehr als 400 Tiere – im gesamten Mittelmeer! Natürlich wollten wie über die Tiere genaueres wissen, oder sie vielleicht sogar sehen. Wo könnte man das besser tun, als in der Pflegestation für verletzte Robben. Das soll sich in Steli Vala befinden. So steht es zumindest in unserem nautischen Führer.

    Ist ja nicht weit weg, so an die 15 Meilen, und in die richtige Richtung ist das auch noch. Also los, das machen wir. Zuerst unter Motor aus der Bucht, dann, da kein Wind weiter mit Lärm. Soll sein, werden wenigstens die Batterien gefüllt. Später, kurz vor Alonissos können wir Segel setzten und fahren mit gut 5 kt auf deine Inseldurchfahrt zu. 500 m breit und wir wollen genau die Mitte treffen. Aber der Wind fordert uns heraus:

    Je nach Lust und Laune bläst er einmal genau von der Seite mit 16 kt, was uns auf unglaubliche 7 kt beschleunigt. Nur um dann für die nächsten zwei Minuten völlig einzuschlafen. Dann vielleicht wieder kurz genau auf die Nase, nicht stark, aber immerhin so, dass die Segel einfallen. Und dann wieder ein Sprint über ein paar hundert Meter. Aufreibend ist das! Noch dazu, wo jeder Windstoß die Abdrift verändert (Prinzipiell fährt ein Segelschiff nicht dort hin, wohin der Bug zeigt), also ständig nachkorrigiert werden muss. Das sieht dann zeitweise so aus, als ob wir suizidal an die Felsen krachen wollten.
    Wollten wir natürlich nicht!

    Aber es ist gut gegangen, und schneller als erwartet haben wir Steli Vala erreicht. Der „Hafen“ ist eine kleine schmale Bucht. Die Schiffe stehen zumeist mit dem Bug an der Mole, das Heck mit dem Heckanker fest gehalten. Oder auch wie gewohnt mit dem Heck zur Mole. Das hat aber das Risiko, dass man sich das Ruderbatt am schnell ansteigenden Untergrund beschädigen kann.

    Was tun? Schau ma amal, dann sehen wir schon!
    Was wir sehen, sind Yachen die größer sind als wir und mit dem Heck zur Mole stehen. Dann sollte sich das für uns auch ausgehen. Wir haben halt mit dem Manöver nur ganz wenig Erfahrung. Ob wir das nur zu zweit gut hinbekommen?

    Nun denn, frisch ans Werk. Beiboot vom Heck ins Wasser lassen und seitlich so an die Philia binden, dass es beim Manöver nicht stört. Zwei lange Leinen am Heck vorbereiten und den Anker fertig machen. Die Breite der Bucht voll ausnützen, und ordentlich Schmackes in der Retourfahrt. Der Wind erfordert das, sonst treiben wir an der gewünschten Lücke vorbei. Anker runter, das macht Susi, nicht zu schnell fahren, das mach ich – immerhin muss ja die Ankerkette auslaufen – aber doch so schnell, dass Philia steuerbar bleibt und nicht dem Wind folgt.

    Naja, der erste Versuch war nicht so gut. In dem Moment, wo unser Heck in die Lücke kommt, brechen wir ab. Anker wieder rauf. Nachdenken, was wir anders machen werden und ein beherzter zweiter Anlauf. Jetzt passt es besser. Ich treffe kontrolliert in die „Parklücke“ und der Bootsnachbar steht auf der Mole bereit, um unsere Leinen zu übernehmen. Ich schiele also gleichzeitig zu Susi, auf unser Heck, auf die beiden Nachbarboote und – und das ist neu – auch in das Wasser, um flache Stellen und Felsen die da lauern zu erkennen. So stoppe ich das Boot in Wurfweite der Leinen ab und gebe tüchtig Gas nach vorn, um den Felsen nicht zu nahe zu kommen. Irgendwie gelingt es, die Leine wieder zu mir zurückzubekommen und sie am Boot zu belegen. Dann kann Susi die Ankerkette herzhaft spannen. Angekommen, aber noch nicht fest. Doch dazu haben wir jetzt eine Menge Zeit.

    Später sehe ich mir die Situation unter Wasser an. Den einen Felsen habe ich erkannt und vermieden, gut so. Und das Ruderblatt schwebt 40 bis 50 cm über dem Grund, auch gut. Also nicht sehr schön aber OK. Jetzt ist halt der Abstand zum Ufer zu weit, um unsere Pasarella (Laufbrett) zum Ufer zu legen. Aber unser Beiboot wird einfach zur Seilfähre und das geht dann ganz prima.

    So, wir haben uns ein Mittagessen verdient, und beginnen dann gleich mit der Suche nach den Mönchsrobben, die da ja irgendwo sein sollten. Sollten, sind aber nicht. Die Station wurde vor 23 (!!) Jahren in einen Ort abgesiedelt, der vom Land aus kaum erreichbar ist. Steht halt noch nicht im Handbuch ☹ So wird das nix mit unserer Begeisterung für Tiere aller Art. Wirklich schade! Dafür entdecken wir, dass wir als Zechpreller im Nationalpark unterwegs waren. Na, die haben uns ja auch nichts gezeigt – passt also wieder. Leider kann ich Dir nun auch keine Bilder der Mönchsrobben zeigen. Musst halt im Internet nachschauen, zum Beispiel da: Mönchsrobben – Wikipedia

    Ohne die Robben aber trotzdem ganz entspannt ziehen wir am nächsten Tag weiter. Irgendwas sensationelles ist sicher schon hinter der nächsten Ecke versteckt.

    Augen auf – schauen!

    Übrigens: Es kam hier niemand auf die Idee, irgendwelche Hafengebühren von uns zu verlangen. Ist doch toll, oder? Und das Wasser haben wir bei einem Restaurant geschnorrt.