Wir liegen also im Osten der Bucht und Schlafen himmlisch, bis – ja bis die ersten Böen einfallen: Ostwind mit bis zu 30 kt. Schnell die Kette etwas verlängern, damit sie besser hält. Laut Ankeralarm – wir haben da eine App die uns zeigt, wie weit sich das Schiff vom Anker entfernt und wie es sich bewegt – also laut Ankeralarm passt alles. Den Regenguss wollen wir für das Frühstück nützen und dann ohnehin losfahren.
Am Abend war noch alles ruhig und friedlich – aber nicht mehr lange!
Eher zufällig schauen wir einmal nach hinten hinaus. Was ist da? So ist das aber nicht geplant. Weniger als 10 m hinter uns lauern die Steiner der Hafenmole! Nichts wie weg. Ist bei den jetzt 25 kt gar nicht so einfach. Susi muss richtig viel Gas geben, um die Ankerkette so weit zu entlasten, dass ich sie hochholen kann. Dann treibt da noch unser Dinghi hinter uns her. Das kann so auch nicht bleiben. Irgendwie muss ich es schaffen, es am Heck hochzubinden. Höhere Geschwindigkeiten beim Nachziehen, hält das Ding nämlich nicht aus.
Während ich mich damit beschäftige, fährt Susi so langsam wie möglich, aber doch nicht zu langsam, um die Steuerbarkeit zu verlieren hin zum Westende der Bucht. Dort ist es deutlich ruhiger, wie sie anmerkt. Zur Strafe für mein schändliches nicht auf sie hören, muss ich jetzt 10 x laut aufsagen: „Du hast wie immer so recht mein Liebling“ Zum Glück geht das im Heulen des Windes unter und die Schmach hält sich in Grenzen.
Noch keine Welle, aber 25 kt Wind und der Weg führt unweigerlich in den Regen
Aber was nun? Schon alleine der Wind treibt und mit 3,5 kt aus der Bucht – ohne Segel, einfach so mit nacktem Mast. Was erwartet uns erst da draußen? Wir könnten sehr nahe am Ufer entlang schleichen. Dann haben wir zwar den Wind und die Böen, aber wenigstens kaum Wellen. Das könnte gehen, das probieren wir. Geht ganz gut, wenn Klippen neben uns sind. Ist da aber eine Bucht, pfeifen die Böen auf uns herab. Ist aber aushaltbar. Als wir zur großen Bucht von Antikyra kommen, wir der Wind so wenig, dass wir sogar ans Segelsetzen denken – wir tun es aber nicht und das ist gut so. Nach ¼ Stunde entdeckt Susi im Norden der Bucht weiße Wellenkämme, die rasch näherkommen. Schnell wieder Schwimmwesten und Gurte anlegen und auf die nächste Ohrfeige warten. Die hat es in sich: wieder Böen bis 35 kt und Wellen, die zwar nicht hoch sind, dafür aber alle 2 Sekunden seitlich an die Bordwand schlagen. Da hat der Steuermann dann richtig was zu tun. Gelegentliche Duschen sind inbegriffen!
Wo soll man da hin? Galixidi soll gut geschützt sein – „bei vorherrschenden Winden“. Der heutige Wind herrscht ganz deutlich, kommt aber nicht aus W oder NW sondern aus NE und drischt damit voll in den Hafen von Galixidi. Galixidi fällt aus. Knapp südlich gibt es aber eine tief eingeschnittene Bucht, die „vor allen Winden gut geschützt“ sein soll. Die nehmen wir.
Leider hat sich das auch ein Unternehmen zur Fischzucht gedacht und seine Boote dort abgestellt. Also der Platz ist beschränkt. Wir suchen uns ein Plätzchen und werfen den Anker, der sofort hält. Jetzt einmal eine Jause. Der Rest kommt später. Was für ein Ritt!
In der Bucht tritt Entspannung ein. Susi sitzt am Vordeck und telefoniert, als sie plötzlich aufschreit: „Schildkröte!“ Sie weiß aber nicht, ob das nicht nur eine Wunschvorstellung ist, oder ob das Tier tatsächlich hier existiert. Zu kurz war das Auftauchen des Kopfes, dafür war es ganz unaufgeregt. Kurz darauf entdecke ich sie auch, als ich eher zufällig aus dem Salonfenster blicke. Jetzt ist Susi’s Jagdinstinkt erwacht, und sie möchte unbedingt Bilder oder ein Video von der Schildkröte haben. Mehr als 1 Stunde liegt sie auf der Lauer, bis ihr zufriedenstellende Ergebnisse gelingen.
Ein versöhnender Abschluss dieses aufregenden Tages.
Der Tag der Kanaldurchfahrt ist gekommen. Bei einer telefonischen Anfrage haben sie uns gesagt, erst unmittelbar vor der Durchfahrt zum Kontrollturm zu kommen, um den Papierkram zu erledigen. Mach ma.
Wir wollen früh durch und holen den Anker schon um ½ 9 aus dem Sand und melden uns gleich darauf bei Corinth Control. „This is Philia. We want to pass east to west und are approaching your dock.” – “Joo past eh, Ich seh euch schon” oder so ähnlich kommt es beruhigend zurück. Susi macht wieder ein perfektes Längsseits Anlegen. Motor aus, Papiere und Geldbörse mitnehmen.
Schön gemachtes Gelände, grüne Weisen, ein Kanal Museum gibt es auch. Eigentlich ein Platz zum Verweilen, nicht nur einer zum durchrasen. Im Büro alles sehr professionell. OK, die haben ja auch genug Verkehr hier. 177 € kostet der Spaß für unser kleines Schiff, spart uns aber 150 Meilen rund um den Peloponnes – wenn das Wetter passt, was es aber nicht tut.
Wir sollen einfach am Pier bleiben und warten, wir rufen euch schon. Wird so 30 bis 45 min dauern. Gut, das wird unsere Frühstückszeit. Inzwischen legt ein Ausflugsdampfer an und lädt einen Bus „Jungfrauen – Spätlese“ für eine Kanalbesichtigung. Bald legt er ab und macht noch eine Runde.
„Philia – go now“ Na, das war überraschend! Der Kaffee ist noch nicht ausgetrunken … Trotzdem werfen wir die Leinen los und kommen gleich in ein ordentliches Gedränge: Eine ankommende Yacht sucht verzweifelt nach einem Liegeplatz, ein Lotsenboot liegt vertäut an der Mole und am Lotsenboot hat soeben ein Boot der Finanzpolizei festgemacht. 4 Schiffe nebeneinander, davon eines das schnell nach vor soll und eines das schnell nach hinten soll, das wird eng. Cool bleiben, dann geht’s.
EInfahrt in den Kanal von Korinth von Osten
Wir sind die Ersten, und führen damit diese Durchfahrt an. Die Touristen kommen mit etwas Abstand hinter uns. Mehr gibt es um die Zeit nicht. Die versenkbare Brücke, ja sowas gibt’s, Brücken die untergehen, ist unten und wir tuckern los. „Philia, what is your maximum speed?” Wir wollen’s mal nicht übertreiben und sagen „Six Knots“. „Philia, go maximum speed – now!“ Na gut, wenn er uns so höflich bittet – moch ma.
Konzentrstion ist angesagt
Der Kanal ist sehr beeindruckend. Da zwängt man sich zwischen sehr steilen und fast 50 m hohen Felswänden hindurch. Wir sind ja vergleichsweise winzig und haben rund herum viel Platz. Da passen aber auch Schiffe durch, die 2 ½ mal so breit sind, wie wir lang. Das ist dann eine enge Kiste. Erstaunlich, dass uns ein Eisvogel durch den Kanal begleitet, zumindest ein Stück. Uns freut’s, ob der Vogel auch daran seinen Spaß hat, wissen wir nicht.
Viel zu schnell ist die Durchfahrt zu Ende. In Korinth wird noch schnell die Straßenbrücke versenkt und wir sind durch. Der Freizeitdampfer dreht gleich um und bringt seine Passagiere zurück nach Isthmia. Wir schleichen noch unter Motor, jetzt wieder etwas langsamer, aus dem Vorhafen und freuen uns über den Wind. Nicht sehr stark und genau auf die Nase – what else. Aber der Golf von Korinth ist breit und so wird auch das Aufkreuzen eine entspannte Sache.
Nach dem Kap Megavi wird der Wind immer schwächer. 1 Stunde vor dem Ormos Sarandi geben wir auf und motoren hinein. Eine enge, malerische Bucht, etwas Badebetrieb am Strand, aber eher greichisch als touristisch – nett. Nicht nett ist, dass das Ufer sehr steil abfällt und quer durch die Bucht, bei einer Wassertiefe von 13 m eine lange Reihe von Bojen gesetzt ist: Schwimmerbereich. So gibt es eigentlich keinen Punkt, wo wir unsere Philia festmachen könnten. Wir probieren es im Westen, dann im Osten, dann zurück im Westen. Da ist eine flache sandige Stelle und eine Lücke zwischen den Bojen. Das probieren wir. Anker hält, Pause.
Aber ist der Platz gut? Susi meint, im Osten wäre es besser, denn es sind östliche Winde mit Böen angesagt. Dort ist es aber sehr tief. Ich bin für den Westen, wo wir mit kurzer Kette auskommen. Dafür ist der Strand und besonders auch die Steinmole des lokalen „Hafens“ in der Nähe. Wir blieben im Westen und Susi grummelt wie ein entferntes Gewitter ☹.
Unter Tags wieder Vollgas Griechen-Pop. Da ist irgendeine Party in einem Lokal und mit lauter Musik schafft man es bekanntlich, dass sich die Verwandten nicht auf die Nerven gehen können, weil sie sich ja auch nicht verstehen – also rein akustisch.
Eine griechische Tradition: Felswände beleuchten
Dafür wird unser Abend umso netter: Wir machen einen Spaziergang den Strand entlang, durch die „Restaurant Meile“. Also Meile ist übertrieben, eine Halbe geht sich vielleicht aus. Eine bunte Mischung aus Bars und typischen Tavernen. Bei einer begrüßt uns schon im Vorbeigehen ein alter Mann, den Susi sofort als den Chef identifiziert. Bei Mimis in Balos (Samos) war das auch immer so. Damit hat er ihr Vertrauen gewonnen und am Rückweg kehren wir bei ihm ein. Seine Tochter darf/muss uns bedienen, auch so wie Lizza in Balos. Dann wird das Essen wohl auch gut sein. War es dann auch!
Der weitere Weg nach Westen war unspektakulär. Kein Wind, daher Diesel verbrennen ☹ Das Ziel soll Aigina, eine Insel vor Athen sein.
Von wegen unspektakulär: Kurz nach Lavrion entdecke ich was Seltsames im Meer treiben, fast genau in unserem Kielwasser. Das müssen wir genauer sehen. Ruder hart Backbord und die Fahrt verringern. Nein, wieder keine Robbe, besser: Eine Wasserschildkröte, die schalfend auf dem Wasser treibt. Dabei streckt sie eine Vorderflosse aus dem Wasser. Als wir näher, also eigentlich sehr nahekommen, macht sie ein oder zwei Flossenschläge, holt einmal kurz Luft – und treibt weiter. So gelingen ein paar gute Aufnahmen. Wir sind jedenfalls von der Begegnung begeistert.
Die herausgestreckten Vorderflossen haben wir noch öfter bei schlafenden Schildkröten gesehen
Dann geht es die Südküste entlang Richtung Athen. Bald entdecken wir auf einem Felsen einen griechischen Tempel. Klar, die Ausländer sehen da sofort dir Akropolis. Aber steht die nicht mitten im Häusermeer von Athen. Dieser Tempel steht auf einem Felsen und rund herum ungefähr nichts. Ja, 2 oder 3 Autobusse und eine Bucht voller Yachten. Die wollen, es ist Freitag und die Charterschiffe müssen abgegeben werden, noch was anschauen.
Ob Poseidon damit glücklich war?
Dr. Google macht uns schlauer. Nicht die Akropolis, sondern der Tempel des Poseidons bei Sounion. Na, Poseidon ist auch gut, Gott des Meeres. Gut, wenn schon die alten Griechen versucht haben ihn gnädig zu stimmen. Die Namensgebung der Schiffe, die ja alle weiblich sind, geht auch auf so einen Versuch zurück. Wenn schon die Schiffe den Rücken des Poseidons zerkratzen, dann sollen ihn wenigstens die weiblichen Namen an seine Töchter erinnern und somit wieder milde stimmen. Ober das mit unserer Philia auch versteht?
Das Tagesziel ist eine Bucht auf Aigina, Klimo heißt das Ding. Reinfahren, Anker werfen, Pause machen. Unspektakulär eben. Am Strand die Touristenrösterei und laute Musik – griechische Musik gemischt mit Hiphop. Wer braucht sowas?
Als am Abend dann die Strandtouristen weg sind, verändert sich der Stil komplett. Plötzlich gibt es Klassiker der Lateinamerikanischen Popmusik, Jazz Standards und ähnliches mehr – echt gut – aber warum erst jetzt?
In der Früh geht es weiter. Wieder kein Wind, wieder Motor. Wir wollen aber so schnell wie möglich nach Westen. Im Osten, also Über der Ägäis braut sich Übles zusammen. Da ist für die kommende Woche heftigster Meltemi vorhergesagt. Böen bis 40 kt und Wellen bis 4 m! Echt nicht unser Ding! Im Westen soll es aber gut werden, je weiter weg von Lavrion umso besser.
Also Motor an und lostuckern. Bei 2.500 Umdrehungen – maximal kann der Motor 3400 – ziehen wir mir 5,5 kt unsere Bahn. Erst am Nachmittag können wir für ein paar Stunden segeln. Gegen Abend schläft der Wind wieder ein.
Wohin wir fahren? Das Ziel ist Isthmia, kennt keiner, ist auch nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass da der Kanal von Korinth beginnt. Und da wollen wir durch – morgen. Jetzt einmal parken wir gleich neben der Einfahrt und hören am Funk zu, wie das alles da passiert.
Spannend!
Endlich gefunden! Der Einschnitt ist über 55m tief
Um ¾ 7 wird Magdalena pünktlich am Strand abgesetzt, damit sie mit dem Bus in Richtung Flughafen fährt und den letzten km zu Fuß hinwandert. Uns hält dann nur mehr wenig in der Bucht, die spiegelglatt vor uns liegt. Draußen regt sich ein Lüftchen, dass aber als Vorwindkurs keine brauchbare Geschwindigkeit bietet. Außerdem wollen wir kurz nach 12 in Lavrion sein, um die erforderlichen Arbeiten in Angriff zu nehmen.
Ja, gelegentlich braucht auch ein Segelschiff etwas mehr als nur Liebe. Bei uns ist da ein geplanter Ölwechsel. Dafür haben wir schon seit Thessaloniki alles an Bord. Dann hat sich abgezeichnet, dass die Service Batterien ihren Geist aufgeben. Da hat jede so im die 45 kg. Die auf das Boot zu schleppen und die alten hinauszuheben, das sollen lieber junge Techniker für uns machen.
Und dann quält uns seit langem ein sehr seltsamer Wassereinbruch: Immer, wenn wir segeln, und das besonders bei Wind von links, dringt Wasser ins Boot. Nicht sehr viel, aber sehr lästig. Je nach Tag sind das zwischen 1 und 5 Liter feinstes Salzwasser. Kann man leicht wieder hinaus pumpen, aber besser wäre es, wenn das Wasser gleich draußen bliebe.
Was aber seltsam ist: Alle Rumpfdurchbrüche, also Stellen wo wir Seewasser herein oder wieder hinauslassen, sind trocken! Eine Stelle ist „nebelfeucht“, aber das können keine 5 Liter werden. Die einzige denkbare Variante ist ein Seeventil, dass im Hafen über der Wasserlinie liegt und sobald es Wellen gibt, oder gesegelt wird, auch ins Wasser eintaucht. Was aber unüblich ist: Rund um das Ventil ist alles trocken. Wie kommt also das Wasser in den Rumpf?
Unsere Theorie: Unser Rumpf hat unter Wasser 2 Schalen, die von außen sichtbare Außenschale und die von innen sichtbare Innenschale. Dazwischen ist Luft und das Entwässerungssystem für die Bilge. Dieser eine Durchbruch ist durch beide Schalen hindurch geschraubt, alle anderen sind nur mit der Außenschale verschraubt. Da könnte also Wasser direkt zwischen die Innen- und Außenschale rinnen. Aber das muss uns erst einmal jemand glauben. Jedenfalls Informieren wir die Werft schon frühzeitig, und sie sicher uns ihre Unterstützung zu – naja, für Geld …
Kurz vor Lavrion merkt man deutlich, dass man wieder in die dichter bewohnte Welt zurück kommt. Da liegen 4 Tankschiffe auf Reede (verankert), und warten darauf, dass ihr Öl in die Tanks des Kraftwerks umgepumpt wird. Griechenland hat nur 15% erneuerbare Energie – und das im „sonnigen Süden“ und dem Land des Meltemi. Bisher haben wir nur auf Euböa Windräder gesehen. Über 70% der Energie kommt aus fossilen Brennstoffen.
Der Hafen der Olympic Marina ist richtig groß. Allein fährt man da nicht hinein. Muss man auch nicht. Vor der Marina drehen wir ein paar Runden, während wir Philia auf das Anlegen vorbereiten. Fender hinaushängen, Beiboot vom Heck losmachen und es so anhängen, dass es seitlich schwimmt. So kann es je nach Fahrtrichtung eine Position einnehmen, die uns dann nicht weiter stört. Und natürlich brauchen wir noch die Festmacherleinen – aber auf welcher Seite und wie lange?
„Olympic Marine, this is Philia. We are in front of the entrance and request advice and assistance”. Moch ma – also auf Griechisch natürlich, haben sie geantwortet. Kurz darauf taucht ein Motorboot der Marina auf und schießt auf uns zu: „Put the fenders very deep at starboard. Just follow me“. Moch ma – also jetzt auf Österreichisch. Susi bringt das Schiff in Retourfahrt, ganz so wie wir da gelernt haben und eigentlich immer machen, und zuckelt los. Rasen bringt da gar nichts, schön gemütlich, stay coooool.
Wenn Susi gewusst hätte, was jetzt kommt, wäre sie nicht cool geblieben, aber zum Glück kann man ja nicht in die Zukunft schauen. Ohne unseren Führer wären wir in dem Gewimmel von Booten und Stegen verloren. So aber, easy – oder? Biegt der Kerl doch glatt in eine recht enge Gasse ab, bedeutet uns zu folgen. OK, retour schaffen wir das schon. Achtung, links lauert ein langer Bugspriet, rechts die Anker anderer Schiffe. Geht aber. Susi macht das souverän!
Plötzlich bleibt unser Führer stehen und wachel:t Wir sollen dort anlegen. Wir sehen aber kein „Dort“. Wir sehen eine 45er mit 1 m Bugspriet und einem lauernden Anker auf der rechten Seite und links lauernde Anker von anderen Schiffen. Die Gasse ist kaum 10 m breit. Na jo. Susi macht auf coole Socke und fährt einfach weiter, bis wir an der 45er und ihrem Anker vorbeikommen. In Schleichfahrt aber bei guter Ruderwirkung zirkelt Susi Philia in die Lücke. Kein einziger Fender berührt ein Nachbarschiff oder den Steg. Als ob sie das schon immer so gemacht hat. Die Marineros nicken anerkennend, der neue Nachbar, ein französisches Ehepaar, spricht ein Kompliment aus.
Jetzt noch die Taue festmachen und den Motor abschalten. 12:35, ganz so wie wir das gewollt hatten. Und gleich zum Marina Büro, Papierkram. Wie immer recht ausufernd. Alles Mögliche wird kopiert, ein 3seitiger Vertrag wird unterzeichnet – und dann wird diskutiert, ob ein Aufenthalt von 2 Nächten als 2 oder 3 Tage berechnet wird. Es sind natürlich 2 – hat die Marina Dame auch wieder was gelernt – aber wir müssen vor 12 am Freitag dahin sein. Wir werden uns bemühen 😊
Die Werft schickt uns gleich einmal den Mann für den undichten Durchbruch vorbei. So ganz glaubt er mir meine Theorie nicht. Aber wenn ich da eine neue Armatur will, dann kann er das schon machen. Avrio – Morgen, so gegen ½ 11, wenn’s recht ist. Ist es!
Ich nütze den Tag und kümmere mich um das Motoröl. Bei einem Schiff wird da nicht die Ölablassschraube geöffnet und alles rinnt raus – dann hätte man die ganze Sauerei im Schiff – sondern das Öl wird über die Öffnung des Ölmessstabes herausgepumpt. Ist ganz lustig, wenn die Messingpumpe bald so heiß ist wie das „betriebswarme“ Öl. Wir sammeln das in 2 PET Wasserflaschen und geben es dann bei der Sammelstelle ab. Der Ölfilter wird auch gleich gewechselt, wie sich das gehört. Genug geschwitzt, Feierabend. Zur Belohnung ein Eis für alle, also für uns zwei.
Am 2. Hafentag in der Früh, muss ich den Inverter ausbauen, damit der „Installateur“ auch zu der Verschraubung dazu kommt. Er bedankt sich herzlich für den vielen Platz, naja, kaum 45 cm in der Breite ist für echt große Werkzeuge nicht wirklich viel. Ich ziehe mich zurück und schau gelegentlich interessiert vorbei. Mit Feuer und Flamme sind sie bei der Arbeit, also wörtlich genommen, denn sonst wäre das Gewinde nicht aufgegangen.
Und sobald die alten Teile heraußen sind, sieht man es ganz klar: Meine Theorie stimmt, es rinnt direkt zwischen die beiden Rumpfschalen – Bingo! Die Montage der neuen Teile ist dann Standard, außer, dass besonders viel Sikaflex (eine Marine Dichtmasse) verwendet wird. Das soll ja auch eine Zeit lang halten. Ganz ehrlich: Mit meinen Werkzeugen wäre das schlicht unmöglich gewesen. So gesehen sind die 270€ netto für 2×2 Arbeitsstunden und das Material eine gute Investition.
Das Loch im Loch
Als ich dann in der Werft anrufe, wegen der Bezahlung, kommt die Überraschung: Die Batterien sind schon da und man könnte mir auch gleich den Elektriker schicken. Moch ma! Es ist schwül und brütend heiß, und ich beneide ihn nicht! Die sauschweren Batterien müssen zuerst aus dem Schiff raus, und die neuen dann wieder hinein. Fürs Tragen holt er sich einen jungen Kollegen. Ich ziehe mich nobel zurück und schone meinen Rücken, auch gut. In ca. 1h sind die Dinger montiert. Alles zusammen kostet der Stopp rund 1200€. Soll sein.
Junge starke Burschen, aber auch die kommen ins Schwitzen
Wir pritscheln noch mit dem Wasser herum, immerhin bekommt man das nur in Portionen zu 1000 Liter für 5 €. Knapp 200 Liter füllen wir in die Tanks, da ist also noch genug da für eine Bootsreinigung. Einmal entsalzen bitte. Eigentlich habe ich Skrupel, Wasser einfach so zu verschwenden, wir sind also nicht zu üppig beim Pritscheln. Außerdem war das die erste Reinigung, seit wir in Thessaloniki weggefahren sind, seit 6 Wochen also. Darf schon einmal sein. Dann sind wir fertig für die Abreise.
Heute wollen wir von Almyropotamos nach Raphina. Raphina ist nichts Besonderes, der Hafenführer empfiehlt sogar „links liegen lassen“ – naja, aus unserer Richtung wäre es rechts, aber soll sein. Raphina ist für uns nur interessant, weil dieser Fährhafen sehr nahe zum Athener Flughafen liegt. Und das ist für Magdalena interessant, weil sie morgen nach Hause fliegen muss. 12 Tage war sie da. 15 Meilen sollen es bis Raphina sein, eigentlich nichts Besonderes – oder?
Also in der Früh noch einmal ins Wasser, und eine Exkursion an den Strand, um die Bilder von den Felsen zu machen. So richtig gemütlich gehen wir es an. So gegen 11 gibt’s etwas Wind und eine andere Yacht, wir hatten die bisher gar nicht bemerkt, verlässt die Bucht. Klar, dass wir schauen, ob sie segeln kann, oder nur motort – sie segelt. Heißt für uns: zusammenpacken. Beiboot auf das Heck heben und festbinden. Unten, im Schiff, alles was rutschen kann verräumen oder sichern. Funk ein, Navigation ein, Autopilot ein, Ankerwinde ein. Check nach Leinen im Wasser, Motor starten, Anker auf. Und sobald es geht Segel setzen.
Da wir nicht wissen, wie sich der Wind entwickelt vorerst nur die Genua, das große Vorsegel. Das ist schnell gesetzt und bei Notwendigkeit auch wieder eingerollt – und dass bei jeder Windrichtung. Das Großsegel braucht den Wind immer halbwegs von vorne, sonst wird’s schwierig. Die Genua zieht aber richtig und wir sind bald auf 4,5 kt. Viel besser und angenehmer als mit Motor, und nur unwesentlich langsamer. Bei der Windrichtung kommt die Welle von hinten, hoch ist sie auch nicht – paaaast. Herrliches Segeln. Zwischen ein paar Inseln hindurch, dann wieder die Küste entlang. Immer was zu sehen – fein.
Bei dem gleichmäßigen Wind von genau hinten, binden wir den Großbaum nach vor, so dass er auch von einer Welle nicht umgeschlagen werden kann. Dann holen wir die Genua auf die andere Seite und gleiten im Butterfly dahin. Toll!
Sobald wir aber in die Bucht von Marathon kommen, springt der Wind auf 20 kt und Philia rast mit 6,7 kt davon – wow! Leider kommen mit dem Wind auch Wellen daher, zwar kaum mehr als 1 m hoch, aber fies von der Seite. Gelegentlich kommt die rasende Philia ziemlich ins Schaukeln. Irgendwie ist das mehr als gewollt. Wir gehen vom Gas. Weg mit dem Butterfly und die Segel etwas reffen. Das kostet uns einen Knoten, aber wir wollen ja kein Rennen gewinnen. Da der Wind von fast genau hinten kommt, also genau von 140° machen wir immer noch gut Fahrt. Nur die Wellen stören immer wieder empfindlich, so dass man ihnen mehr Aufmerksamkeit schenken muss als zum Beispiel den Segeln.
Trotzdem eine spannende Fahrt. Spannend, bis wir vor Raphina ankommen. Raphina ist ganz leicht an den Fähren zu erkennen, das ist also nicht das Thema. Spannend ist der Wind mit 17 kt und eine gut 1 m Welle, die auf den Hafen zu läuft und langsam höher wird. Das ist nicht nur ungemütlich, das kann auch gefährlich sein. Wir wollen aber zumindest einen Blick in das Hafenbecken werfen. Vielleicht ist das ja gut geschützt, wer weiß.
Also auf den Bug der blauen Fähre zielen, keine Angst, sie liegt am Kai und macht keine Anstalten sich in Bewegung zu setzen. Dann einen leichten Kurswechsel nach rechts und vor uns liegt die Einfahrt zum Hafenbecken für Schiffe wie das unsere. Kein erfreulicher Anblick. Links und rechts an den Molenköpfen gischten die Wellen hoch. Die die nicht dort brechen, laufen fast ungehindert in das Becken hinein. Was uns aber auffällt: Es ist kein einziges Schiff im Hafen zu sehen! Das macht stutzig. Ruder herumreißen, Vollgas. Anfangs zweifelt Susi noch, ob wir mit Philia überhaupt gegen diesen Wind und diese Wellen ankommen. Jooo, es geht. Nicht gut, aber immerhin 3 kt schaffen wir obwohl uns die Wellen immer wieder hart abstoppen.
Wir schauen uns noch den Kleinboothafen an – das gleiche Bild. Also Plan B: ein Stück die Küste hinunter gibt es eine Bucht, die etwas Schutz verspricht. Nicht perfekt aber immerhin. Nur mit einem Stück Genua als Antrieb schleichen wir die Küste entlang, also nicht wirklich schleichen, so knapp 4 kt gehen immer wieder. Richtig Mist sind nun aber die Wellen, die genau parallel zu unserem Fahrweg und der Küste laufen – voll auf die Seite. Da kann auch das bravste Schiff gelegentlich massiv ins Schaukeln kommen. Auch Philia taucht ihre Seiten oft tief in die Wellen. Wer sich nicht festhält oder abstützt purzelt durch das Schiff – aufpassen!!
Die Bucht ist nicht ideal, aber die Wellen laufen nicht direkt hinein. Hinter zwei kleinen Inseln und einem Riff sind wir etwas geschützt, auch der Wind ist weniger. Einen Ankerplatz suchen und Pause machen. Und dann überlegen, wie es mit Magdalena weiter geht: Am Abend, wenn Wind und Wellen nachlassen zurück nach Raphina, dort übernachten und in der Früh Magdalena in den Bus setzen? Aber wie schaut das mit dem Hafen aus? Lieber dableiben und erst im Morgenlicht zurück nach Raphina. Und wie kommt Magdalena dort an Land? Magdalena findet bei Dr. Google aber noch eine andere Option: Die Bucht ist so nahe am Flughafen, dass jeder öffentliche Bus dort vorbeifahren muss. Die Busse fahren quasi am Strand entlang. Wir brauchen sie in der Früh nur zum Strand bringen, keine 500 m und sie findet die Bushaltestelle – auch da mit Google – und ist in 20 min am Flughafen. Das machen wir!
Den Abend verbringen wir an Deck, unten schaukelt es zu sehr. Ungewöhnlich früh verziehen wir uns in die Kojen.
Segeln kann doch ganz schön anstrengend sein.
Zur Versöhnung
Hier endet der Abschnitt mit Magdalena. In 10 Tagen sind wir 180 Meilen gesegelt und motort