Kategorie: Nord-Ägäis

Segeln in der Nord-Aegaeis
Limnos bis Samos

  • Epidavros

    Je weiter man sich in den Sarronischen Golf hineinwagt, um so schwächer wird der Wind. Was gut ist, für einen Winterliegeplatz, ist nicht so nett am Weg dorthin. Mit dem Abflauen des Windes, ziehen wir, und viele andere weiter. Es ist Freitag und da müssen die Charterer zurück nach Athen. Uns gibt das die Hoffnung im kleinen Hafen von Palea Epidavros einen Platz zu ergattern.

    Innerhalb der Bucht von Poros ist natürlich noch kaum Wind, und so fahren die Yachten, wie auf einer Perlenschnur aufgefädelt, zunächst nach Westen, um dann bei der Ausfahrt scharf nach Norden zu drehen. Dort macht sich auch der Wind bemerkbar und fordert uns nachdrücklich auf, endlich die Segel zu setzen. Wir warten noch ab, bis uns eine Schnellfähre passiert – die wollen wir nicht durch unser Manöver und die dann geänderte Vorrangregeln stören. Dann aber geht es los.

    Hart am Wind, was sonst. Aus 8 Knoten Wind werden dann 12 Knoten im Segel, bei der wenigen Welle ist das echt entspanntes Segeln. Ein paar Schiffe fahren deutlich höher gegen den Wind als wir. Doch halt, mit Motor ist das keine Kunst. Hinter uns müht sich ein Katamaran mit den Bedingungen ab. Für Fahrten gegen den Wind, sind diese Geräte wirklich nicht gebaut. Die sind super bei Wind von schräg hinten – und wenn man Ankert sind sie überhaupt genial, aber bei dem Wind? Er gibt bald auf, lässt das Großsegel stehen und wirft die Motoren an.

    Wir aber haben Spaß, das letzte aus den Bedingungen heraus zu kitzeln. Wir müssen ganz in den Norden der Halbinsel Methana. Die heißt so, weil da ein Vulkan stinkiges Zeug ausstoßt. Wir bekommen davon nichts mit. Wir sind viel zu sehr beschäftigt, immer noch hart am Wind auch die Nordseite entlang zu segeln. Der Wind hat also um mehr als 90° gedreht. An der Westküste von Methana kommt der Wind immer noch von vorn. Also Winddrehung um 180°! Segeln zwischen Inseln ist so.

    Irgendwann schläft er aber ein und wir werfen den Motor an und dieseln die letzten 10 Meilen in den Hafen. Ein bisschen Platz ist da ja noch, und Philia ist ja auch nur ein Bisschen – passt also. Bald stehen wir neben der SUPERTRAMP, einer österreichischen Yacht, die wir schon in Samos getroffen haben – sehr nett.

    Heute erlebe ich in Palea Epidavros erstmals, dass eine Hafengebühr fällig wird. Die Summe ist eh egal, aber wir erfahren, dass das Trinkwasser mittlerweile nicht mehr trinkbar ist. Durch die große Wasserentnahme für Landwirtschaft und Tourismus, sind die Süßwasserreserven gesunken und das Meerwasser drückt es ins Land. Damit wird zuerst das Wasser brackig und später die Böden kaputt. Menschheit, Du machts auch wirklich alles hin!

    OK, Wasser haben wir eh gerade erst aufgefüllt, das fehlt uns nicht. Und das Deck haben wir auch gerade erst in Poros gespült – zum dritten Mal seit April, das geht als sparsam auch noch durch. Aber eigentlich haben wir anderes vor an diesem Ort. Ich möchte mit Susi nach Epidavros ins Amphitheater.

    Das geht eigentlich ganz einfach: Um ¼  8 kommt ein Bus aus Athen, der zum Theater fährt, 2€ 50 pro Person. Um 10 von 8 ist man am Parkplatz vor dem Eingang. Rein können wir noch nicht. Nicht dass kein Personal da wäre, aber die Scanner an der Kasse, können die soeben gekaufte Eintrittskarte erst ab Punkt 8 lesen und entwerten.

    Aber dann: Wir spazieren als einzige Besucher weit und breit den Weg zum Theater. Kurz davor bitte ich Susi die Augen zu schließen und führe sie bis ins Zentrum der Bühne. Und dort – tadaaa – Augen auf und ein überwältigender Anblick. Das Theater mit 55 Reihen und 14.000 Sitzplätzen erhebt sich vor uns. Nur eine Ecke der Tribünen ist schon in der Morgensonnen, der Rest schläft noch. Alles nur für uns – Wahnsinn!

    Erst nach 5 min kommen weitere Gäste, die sich aber auch ganz ruhig und ehrfürchtig benehmen und so die Stimmung nicht zerstören. Wir ziehen uns ein paar Reihen nach oben zurück und beobachten, was sich da so entwickelt. Bald beginnt eine Dame auf den Stein im Zentrum eine Münze fallen zu lassen. Ping – das leise Geräusch, sicherlich 30 m von uns entfernt, ist einwandfrei zu hören. Ich glaube, man könnte am Klang unterscheiden, ob eine Kupfermünze oder ein goldener Ring zu Boden gefallen ist.

    Wir ziehen uns in die obersten Reihen zurück und genießen unser mitgebrachtes Frühstück und genießen den Augenblick. Dann ziehen wir weiter ins Museum, das mir den grauslichen medizinischen Geräten und den wunderbaren Statuen und Säulenkapitellen. Später, von Schatten zu Schatten huschend, bekommen wir noch einen Eindruck von der Größe der Anlagen, den Wohnhäusern und Festsälen und natürlich von den Heiligtümern.

    Über 1000 Jahre stand eine Rundhalle mit einem Dachstuhl aus Holz. Erst ein Erdbeben hat die Säulen umgekippt und das Kunstwerk zerstört. Naja, Schrägverbinder zur Aufnahme der Querlasten waren den Griechen noch nicht bekannt. Die Säulen waren wie Bauklötze aufgestapelt. Wenn der Boden schwankt, fallen die um. Nur wenige Säulen haben die letzten 3000 Jahre aufrechtstehend überdauert. Mir fällt da nur ein Tempel in Korinth ein. Der hat nur überlebt, weil er zur Hälfte von Erde bedeckt war. Zu Mittag sind wir wieder im Hafen. Einen Tag bleiben wir noch, gehen an den Strand, verkriechen uns im Schatten – es ist sooo heiß – und beschießen eine Bucht weiterzuziehen.

  • Poros

    Der Weg ist lang. Gleichzeitig wollen wir nicht zu spät ankommen, um noch einen Platz an der Mole zu ergattern. Also wird ein früher Aufbruch geplant: Aufstehen um 6 und zügiges Ablegen um 06:35, dann ein Frühstück „on the go“ bis wir die Insel hinter uns lassen. Schon vor 7 setzten wir die Segel auf „Vollzeug“ und ziehen los.

    Anfangs recht zügig, dann ein Windloch, dann wieder unter Segel, bis wir Agios Georgios erreichen. Diese Insel markiert die Mitte der Reise – und das Ende des Windes. An ihr vorbei zu fahren, ist aber spannend. Wir bleiben an der Nordküste, die liegt besser zum abnehmenden Wind. Auf der Insel stehen 42 Windräder, ein Betriebsgebäude der Windradelbetreiber und sonst – nichts. Da wird massig viel Strom erzeugt, so am Rande des Meltemi, und damit Athen versorgt.

    Ohne Wind, heißt mit Motor ☹ – nicht so nett. Südlich von uns ist die LAUSA unterwegs. Die Einfahrt nach Poros erreichen wir fast gleichzeitig. Gleichzeitig aber auch mit 6 anderen Yachten und einer Superyacht, die ihr Beiboot als „Pfadfinder“ vorausschickt. Als lange Karawane schlängelt sich der Zug an der Stadt vorbei. Das Fahrwasser ist ca. 40 m breit und mäandriert sich stark.

    Gleichzeitig suchen die drei Yachten vor uns nach ihrem Liegeplatz bei den anderen Charteryachten. Die sind also langsam und unaufmerksam unterwegs. Ich geb kurz Gas und lasse zumindest zwei von ihnen hinter mir. Der Pfadfinder war anfangs an der Spitze des Konvois, sein „Mutterschiff“ mittendrin. Dann parkt der plötzlich neben dem Fahrwasser, schaut zurück zum Mutterschiff, gibt kurz Gas und legt sich genau in die Mitte des Fahrwassers und quer zur Fahrtrichtung.

    Irgendwie geht’s dem nicht gut! Der stoppt einen Konvoi von 11 Schiffen, weil er mit seinem Kapitän konferieren will. Gleichzeitig schiebt uns alle die Strömung mit 2 kt voran – nur ohne eigener Fahrt bin ich ein Stück Treibholz – an dieser engen Stelle nicht wirklich eine tolle Idee.
    Na, da muss ich den stolzen Megayacht Mitarbeiter einmal ein bisschen schimpfen, dass er sich wenigstens längs in die Fahrtrinne stellt. Macht er auch – passt.

    Um’s letzte Eck und dort ist dann die Stadtmole für die Tagesgäste. Da ist schon recht viel los. Bei der ersten Lücke werden wir weggewiesen, vor der zweiten und dritten Lücke probt einer seine Anlegemanöver. Ich mache mir mit Rufen aus, in welche Lücke er will, die andere nimm ich. Aufstoppen, rückwärtsfahrt aufnehmen – ohne nach links weg zu drehen, also ohne dem Radeffekt nachzugeben – dann rechts um und mit unseren 3,75 m Breite in eine 4 m Lücke. Susi lässt an der richtigen Stelle den Anker ins Wasser gleiten, ich stoppe kurz vor dem Steg und gebe die Leinen an freundliche Helfer. Fertig.

    Unser Manöver hat den Kollegen, der die dritte Lücke wollte, so beeindruckt, dass er uns nachher fragen kommt, wie wir das gemacht haben. Er hat 20 min herumgebastelt, bis er es geschafft hat. „Eignerschiff und Glück“ – irgend so eine Mischung, hat uns geholfen.

    Und dann kommt Betriebsamkeit auf: Poros ist der letzte Hafen mit „Service“ Station für Yachten. Diesel auffüllen – 125 Liter passen in den Tank, macht 250 €. 2 große Säcke Wäsche waschen, macht 35 €. Wasser tanken, das gibt es nur in Paketen zu 400 Liter, macht 5 € – wir brauchen nur 160 und spülen dafür das Salz von den Segeln, und die Hafengebühr von 13 € kommt auch noch dazu. Nun ist Philia schon fast fertig für den Winter. Wobei, wer will schon an Winter denken, wenn es 35° hat.

    Wir genießen noch ein sehr griechisches Abendessen mit Barbara und Stefan und ziehen und wieder auf Philia zurück. Wir bleiben noch in Poros, aber nicht im Hafen. Es ist Wind angesagt, mit starken Böen, und genau auf die Hafenmauer. Ich will da nicht mein Heck riskieren. Lieber legen wir ab und ankern in der Bucht – auf unglaublichen 15 m Tiefe und unbekanntem Grund.

    Aber der Anker hält (vorerst) und wir richten uns auf ein paar Tage am Schiff ein. Also wir können schon weg, zum Einkaufen zum Beispiel, denn wir haben ja unser Dinghi. Aber bei Wind und Welle eine längere Reise mit dem Ding, das will man sich auch überlegen. Wir machen es trotzdem, mehrmals. Immerhin stehen wir hier fast 6 Tage.

    Natürlich hätten wir auch mit Druck weitergekonnt, aber wir haben unseren Krantermin in 12 und den Rückflug erst in 17 Tagen – uns hetzt nichts.

    So habe wir die Chance Judith kennenzulernen. Sie macht gerade Boat Sitting auf ihrer 43 ft Yacht und wartet bis ihr Mann und die Kinder aus Deutschland zurückkommen. Dann startet ein Jahr am Schiff. Inzwischen paddelt sie zweimal täglich mit dem Paddelboard ihren Hund an Land, rennt mir dem eine lange Runde und kommt bei der Rückfahrt öfter einmal bei uns vorbei. Bei einem Gegenbesuch führt sie uns ihren neuen Wassermacher vor. Der residiert in der Vorpiek, einer Kammer ganz vorne im Bug, nur durch eine Luke im Deck zu erreichen. Gut geht es ihm da. Macht ein paar Geräusche und vor allem bestes Trinkwasser aus dem Meerwasser.

    No, das wäre doch was für uns – vielleicht.

    An einem Nachmittag, eigentlich wie immer wolkenlos, ziehen plötzlich seltsame dunkle Wolken auf. Nachmittags um 1/2 5 ist eine Stimmung wie bei Sonnenuntergang, nur dass die Sonnen halt noch viel zu hoch steht. Ein Waldbrand am Festland, keine 20 Meilen von uns, schickt seine Rauchschwaden mit dem Meltemi nach Süden.

    Das Schauspiel dauert zum Glück nicht sehr lange, es reicht aber, dass am nächsten Morgen das Deck voll mit feiner Holzasche ist.

  • Kloster

    Im Süden von Symi gibt es eine sehr geschützte Bucht, in der sich ein Kloster befindet. Da wollen wir auch noch hin, damit auch ein wenig Kultur in unsere Reise kommt 😉

    Gemütlich, es ist ja nicht all zu weit, brechen wir in Marathounda auf und tuckern die Küste entlang. Der Wind ist wieder einmal sehr sparsam, aber eigentlich wollten wir das ja auch so. Die erste Seereise von Lorenz sollte nicht seine letzte sein – wir wollten ihn nicht verschrecken.

    Zwischen der Südspitze von Symi und der Insel Troumpetto gibt er sich allerdings die Ehre. 12 kt aber genau auf die Nase. Aber egal, die Durchfahrt ist knapp eine Meile breit und recht tief. Segel raus und aufkreuzen. Der Spaß dauert nur kurz, ein paar schöne Schläge und für Lorenz eine Idee, was Segeln auch bedeuten kann. Sobald wir aus der Durchfahrt draußen sind, ist aber wieder Schluss mit der leisen Fahrt, dann ist wieder der Motor dran.

    Die Einfahrt nach Panormitis ist erst spät zu erkennen, außerdem stehen Wellen davor. Macht nichts, wir zwicken uns durch und haben dahinter ein herrlich ruhiges Becken. Ein Platz ist schnell gefunden, denn es ist ja erst ½ 1. Wir sind heute sicher nicht die Letzten die hier ankommen. Ein bisschen Schimmen und Faulenzen lässt die Zeit vergehen. Wir beobachten Busse und Schiffe mit Tagestouristen, bleiben an Bord, bis die wieder abziehen.

    Erst gegen 5 fahren wir mit dem Dingh an Land, um das Kloster anzusehen. Der erste Eindruck ist: riesig. Da steht eine sicher 200 m lange Anlage mit Blick aufs Meer. In der Mitte ein Durchgang mit Kirchturm darüber und einer breiten Treppe davor. Beim genaueren Blick zeigen sich die beiden langen Seitenflügel als der „Wohnbereich“ der Mönche. „Zellen“ so wie in Mitteleuropa, wäre deutlich zu kurz gegriffen: Jeweils eine normalbreite Türe und zwei großzügige Fenster mit Meerblick. Na, da lässt sich‘s leben.

    Erstaunlich der Gegensatz im Innenhof: Der ist zwar mit schönem Kieselmosaik belegt, wirkt aber eng. Das Katholikum, die eigentliche Kirche ist überhaupt nicht großzügig, sondern recht klein und dunkel. Fast so, als ob das hier nicht das Zentrum des Lebens der Mönche war.

    Offensichtlich lebten die Mönche in diesem Kloster sehr gerne ohne Askese.
    War sicherlich viel angenehmer so 😉