Kategorie: Kykladen

Kykladen
Andros, Milos, Santorin

  • Poros

    Der Weg ist lang. Gleichzeitig wollen wir nicht zu spät ankommen, um noch einen Platz an der Mole zu ergattern. Also wird ein früher Aufbruch geplant: Aufstehen um 6 und zügiges Ablegen um 06:35, dann ein Frühstück „on the go“ bis wir die Insel hinter uns lassen. Schon vor 7 setzten wir die Segel auf „Vollzeug“ und ziehen los.

    Anfangs recht zügig, dann ein Windloch, dann wieder unter Segel, bis wir Agios Georgios erreichen. Diese Insel markiert die Mitte der Reise – und das Ende des Windes. An ihr vorbei zu fahren, ist aber spannend. Wir bleiben an der Nordküste, die liegt besser zum abnehmenden Wind. Auf der Insel stehen 42 Windräder, ein Betriebsgebäude der Windradelbetreiber und sonst – nichts. Da wird massig viel Strom erzeugt, so am Rande des Meltemi, und damit Athen versorgt.

    Ohne Wind, heißt mit Motor ☹ – nicht so nett. Südlich von uns ist die LAUSA unterwegs. Die Einfahrt nach Poros erreichen wir fast gleichzeitig. Gleichzeitig aber auch mit 6 anderen Yachten und einer Superyacht, die ihr Beiboot als „Pfadfinder“ vorausschickt. Als lange Karawane schlängelt sich der Zug an der Stadt vorbei. Das Fahrwasser ist ca. 40 m breit und mäandriert sich stark.

    Gleichzeitig suchen die drei Yachten vor uns nach ihrem Liegeplatz bei den anderen Charteryachten. Die sind also langsam und unaufmerksam unterwegs. Ich geb kurz Gas und lasse zumindest zwei von ihnen hinter mir. Der Pfadfinder war anfangs an der Spitze des Konvois, sein „Mutterschiff“ mittendrin. Dann parkt der plötzlich neben dem Fahrwasser, schaut zurück zum Mutterschiff, gibt kurz Gas und legt sich genau in die Mitte des Fahrwassers und quer zur Fahrtrichtung.

    Irgendwie geht’s dem nicht gut! Der stoppt einen Konvoi von 11 Schiffen, weil er mit seinem Kapitän konferieren will. Gleichzeitig schiebt uns alle die Strömung mit 2 kt voran – nur ohne eigener Fahrt bin ich ein Stück Treibholz – an dieser engen Stelle nicht wirklich eine tolle Idee.
    Na, da muss ich den stolzen Megayacht Mitarbeiter einmal ein bisschen schimpfen, dass er sich wenigstens längs in die Fahrtrinne stellt. Macht er auch – passt.

    Um’s letzte Eck und dort ist dann die Stadtmole für die Tagesgäste. Da ist schon recht viel los. Bei der ersten Lücke werden wir weggewiesen, vor der zweiten und dritten Lücke probt einer seine Anlegemanöver. Ich mache mir mit Rufen aus, in welche Lücke er will, die andere nimm ich. Aufstoppen, rückwärtsfahrt aufnehmen – ohne nach links weg zu drehen, also ohne dem Radeffekt nachzugeben – dann rechts um und mit unseren 3,75 m Breite in eine 4 m Lücke. Susi lässt an der richtigen Stelle den Anker ins Wasser gleiten, ich stoppe kurz vor dem Steg und gebe die Leinen an freundliche Helfer. Fertig.

    Unser Manöver hat den Kollegen, der die dritte Lücke wollte, so beeindruckt, dass er uns nachher fragen kommt, wie wir das gemacht haben. Er hat 20 min herumgebastelt, bis er es geschafft hat. „Eignerschiff und Glück“ – irgend so eine Mischung, hat uns geholfen.

    Und dann kommt Betriebsamkeit auf: Poros ist der letzte Hafen mit „Service“ Station für Yachten. Diesel auffüllen – 125 Liter passen in den Tank, macht 250 €. 2 große Säcke Wäsche waschen, macht 35 €. Wasser tanken, das gibt es nur in Paketen zu 400 Liter, macht 5 € – wir brauchen nur 160 und spülen dafür das Salz von den Segeln, und die Hafengebühr von 13 € kommt auch noch dazu. Nun ist Philia schon fast fertig für den Winter. Wobei, wer will schon an Winter denken, wenn es 35° hat.

    Wir genießen noch ein sehr griechisches Abendessen mit Barbara und Stefan und ziehen und wieder auf Philia zurück. Wir bleiben noch in Poros, aber nicht im Hafen. Es ist Wind angesagt, mit starken Böen, und genau auf die Hafenmauer. Ich will da nicht mein Heck riskieren. Lieber legen wir ab und ankern in der Bucht – auf unglaublichen 15 m Tiefe und unbekanntem Grund.

    Aber der Anker hält (vorerst) und wir richten uns auf ein paar Tage am Schiff ein. Also wir können schon weg, zum Einkaufen zum Beispiel, denn wir haben ja unser Dinghi. Aber bei Wind und Welle eine längere Reise mit dem Ding, das will man sich auch überlegen. Wir machen es trotzdem, mehrmals. Immerhin stehen wir hier fast 6 Tage.

    Natürlich hätten wir auch mit Druck weitergekonnt, aber wir haben unseren Krantermin in 12 und den Rückflug erst in 17 Tagen – uns hetzt nichts.

    So habe wir die Chance Judith kennenzulernen. Sie macht gerade Boat Sitting auf ihrer 43 ft Yacht und wartet bis ihr Mann und die Kinder aus Deutschland zurückkommen. Dann startet ein Jahr am Schiff. Inzwischen paddelt sie zweimal täglich mit dem Paddelboard ihren Hund an Land, rennt mir dem eine lange Runde und kommt bei der Rückfahrt öfter einmal bei uns vorbei. Bei einem Gegenbesuch führt sie uns ihren neuen Wassermacher vor. Der residiert in der Vorpiek, einer Kammer ganz vorne im Bug, nur durch eine Luke im Deck zu erreichen. Gut geht es ihm da. Macht ein paar Geräusche und vor allem bestes Trinkwasser aus dem Meerwasser.

    No, das wäre doch was für uns – vielleicht.

    An einem Nachmittag, eigentlich wie immer wolkenlos, ziehen plötzlich seltsame dunkle Wolken auf. Nachmittags um 1/2 5 ist eine Stimmung wie bei Sonnenuntergang, nur dass die Sonnen halt noch viel zu hoch steht. Ein Waldbrand am Festland, keine 20 Meilen von uns, schickt seine Rauchschwaden mit dem Meltemi nach Süden.

    Das Schauspiel dauert zum Glück nicht sehr lange, es reicht aber, dass am nächsten Morgen das Deck voll mit feiner Holzasche ist.

  • Kythnos

    Heute geht es weiter, und so wie es aussieht, geht es gegen den Wind – gegen viel Wind. Das heißt also wieder sportlich aufkreuzen und zeigen, was in der Kiste steckt. Kaum sind wir aus dem Windschatten von Serifos geht der Tanz schon los:

    In weiten Schwüngen kämpfen wir uns hart am Wind zur Nordspitze von Serifos. Philia stampft in den Wellen, liegt immer wieder unangenehm auf der Seite. Wobei „unangenehm“ ist so eine Sache: bis 15° Schräglage ist alles fein, darüber beginnt im Salon alles zu rutschen. Wenn man so wie wir aufkreuzen muss, also einmal die Wellen von links und dann wieder von rechts, dann bedeutet „alles“ wirklich alles. Das liegt dann bunt gemischt am Boden, schlittert unter die Sitzbank und fällt dann zum Beispiel in die Bilge unter dem Boiler. Wochen später finden wir dort noch Stifte, die uns schon abgegangen sind.

    20° Schräglage ist sportlich, 25° unangenehm viel und verlangen nach sofortigem Einschreiten, also Kursänderung und / oder Verkleinern der Segelflächen. Bei professionellen Seglern auf ihren hochgezüchteten Rennyachten, spielt sich das Leben ab 30° Schräglage ab. Gehen ist da unmöglich, da wird den ganzen Tag nur mehr am Boot herumgeklettert. Das möchten wir definitiv nicht, auch wenn Philia selbst das aushalten würde.

    An der Nordspitze von Sifnos angelangt, beginnt der Tanz dann richtig. Es fällt der Wellenschatten der Insel weg und der Wind hat viele Meilen Zeit, schöne 1 m Wellen auf uns los zu schicken. Gleichzeitig nimmt er etwas zu und wir die Segelfläche weg. Also nicht ganz, aber so, dass wir mit 5,5 bis 6 kt über die Wellen reiten.

    Nach zwei Schlägen erreichen wir die Südspitze von Kythnos und wieder ruhigeres Wasser. Susi ist von der Schaukelei ganz schön geschafft und ich muss mein Versprechen einlösen, unter Motor und im Windschutz weiter zu fahren. Den Wind kann ich nicht überlisten, wohl aber die Wellen. Die sind dicht an der Küste wirklich viel angenehmer.

    Wir schauen uns dabei die ganze Zeit die Augen nach der LAUSA aus, meinen sie einmal weiter im Westen, ein andermal weiter im Norden zu sehen. Weit gefehlt! Erst als wir an der Einfahrt zu Merichas vorbeifahren – dort ist offensichtlich viel zu viel los = Segler fahren am Nachmittag um 3 aus der Bucht – erreicht uns die Nachricht, dass LAUSA eine Bucht weiter nördlich liegt.

    Wir versuchen noch einen Platz in der Doppelbucht Kolona zu bekommen, aber auch da ist schon alles zugeparkt – Hochsaison. Was soll’s, machen wir es halt so wie die LAUSA und legen uns in der Episkopi Bucht neben sie. Platz ist dort genug.

    Spannend für uns ist, was sich am Strand abspielt: High Society – oder wer sich dafür hält. Von einer sicheren Position in einer Bar, können wir zum Beispiel eine Dame beobachten, wie sie gut 20 Minuten braucht, bis sie endlich so schön ist, dass sie sich im Liegestuhl präsentieren kann. Umhängetuch, ja oder nein, die Badeschuhe links oder rechts von der Liege, oder vielleicht doch am Fußende. Die Liege dann noch ein Stück in den Schatten gerutscht, den Hut am gelockten blonden Haar drapiert – und dann festgestellt, dass der Hut mit der Lehne der Liege kollidiert. Nur noch ein bunter kühler Cocktail, gebracht vom durchtrainierten oben ohne Kellner, kann diese vertrackte Situation noch retten.

    Was geht es uns da auf der Philia gut! Die Liege ist fix montiert und der Schatten immer ausreichend, die Getränke sind zwar nicht bunt, dafür aber kühl und rasch zur Hand. Und bis zur nächsten Liege muss man 60 m weit schwimmen.
    Das nennen wir Erholung!

    In diesem entspannten Zustand planen wir die letzte große Querung dieser Saison. Von Kythnos nach Poros sind es 43 Meilen. Die erste Hälfte begleitet uns noch der Meltemi – der kommt hier von rechts – und dann immer schwächer werdender Wind in den Sarronischen Golf. Bis man dann in Poros und der von vier Seiten geschützten Bucht ankommt.

    Mal sehen, wie’s wird.

  • Die Bergwerkbucht – Serifos

    Heute geht es weiter. Nicht nur wir, auch LAUSA mit Barbara und Stefan, ist wieder unterwegs. Sie fahren allerdings in genau die Bucht, in der wir gerade gelegen sind. Egal, wir werden und schon noch über den Weg laufen.

    Allerdings ist der Wind heute sehr faul, und so müssen wir den Motor bemühen – zumindest am Anfang geht es nur so. Erst als wir näher an Serifos herankommen, können wir anfangen zu segeln. Das Ziel liegt natürlich genau gegen den Wind – Segel ist halt so. Je näher wir dem Ziel kommen, um so besser wird der Wind. Kurz vor der Bucht nehmen wir die Segel herunter und das war eine gute Idee: Kaum biegen wir in die Bucht ein, blasen und 30 bis 35 kt Wind entgegen.

    OK, wir haben gelernt, dass Philia das auch gut kann. Die Fahrt geht halt um 1 bis 1,5 kt zurück, aber wir kommen voran. Gegen einen Meltemi und die zugehörigen Wellen will ich das aber nicht probieren müssen. Je näher wir aber zum Strand kommen, um so ruhig wird der Wind wieder.

    Von meinem letzten Besuch hier, kenne ich die Wassertiefen in der Bucht. Also das ist hier sehr einfach: Wassertiefe mehr als 2 m bis ganz kurz vor dem Strand und keine Hindernisse unter Wasser. Wir nützen das aus und stellen uns in die „erste Reihe“ und damit in den besten Windschutz. Tourismus gibt es in der Bucht nur wenig. Ein paar Ferienwohungen oder Appartements – fertig. Alles maximal eingeschoßig und mit viel Grün dazwischen – also im Hochsommer eher braun.

    Ein Bus kommt aus Livadi, dem Hauptort Serifos herüber, zwei Strandbars … sonst eigentlich nichts. Trotzdem wird der Strand recht voll. Klar, es ist Hochsaison. Das endet schlagartig mit dem griechischen Schulanfang. Der Betreiber einer Strandbar erzählt, dass er am letzten Tag vor Schulbeginn die Bar zusperrt und mit den Kindern wieder nach Athen zurück übersiedelt. Das ist aber schon am 5. September der Fall. Ein sehr frühes Saison Ende.

    Bei uns heißt die Bucht, die Bergwerksbucht. Überall an den Hängen sind die Narben vom Eisenerz Abbau zu sehen. Abraumhalden, Trassen der Grubenhunte und Schrägaufzüge. Das rostige Skelett einer Verladestation ragt über das Meer hinaus. Irgendwo liegt noch eine schwere Kette im Wasser, an der früher die Dampfschiffe festgemacht haben.

    Wir sind erst einmal da und genießen das warme Wasser. Irgendwann dann sollen die LAUSA mit Barbara und Stefan einlaufen – morgen. Die kommen dann auch, fahren knapp an uns vorbei und suchen sich dann einen passenden Platz. Stefan ist da sehr vorsichtig und will sich nicht irgendwo dazwischen stellen. So dauert es eine Weile, bis der Anker im Boden verschwindet und er zufrieden ist.

    Bald bekommen wir Besuch. Zuerst schwimmt Barbara heran, für einen kurzen Plausch. Der endet mit einer Vereinbarung zu einem gemeinsamen Abendessen in der Strandbar. Nach dem die recht früh schließt, außer den Tagestouristen gibt es ja kaum Publikum, schaffen wir es locker, wieder einmal die letzten zu sein.

    Einen Tag gönnen wir uns noch gemeinsam in der Bucht. Und einen Gegenbesuch auf der LAUSA. Die ist 40 Jahre alt und stammt aus einer ganz anderen Zeit. Gebaut als Langstreckenschiff, für lange Ozean Überquerungen und den, damals üblichen zwei Masten. Dafür aber auch recht schmal. So ist sie bei 41 ft Länge (12,4 m) nur 2,9 m Breit. Das beschränkt den Platz unter Deck, lässt das Schiff aber schneller laufen. Eine vergleichsweise riesige Genua hilft bei schwachem Wind.
    Ein schönes Schiff, verlässlich und sicher.

    Unserer Philia werden wir aber trotzdem nicht untreu.

  • Sifnos -Vathi

    Die letzten Tage schon sind wir im Kontakt mit Barbara und Stefan. Sie sind mit ihrer Amel LAUSA zurzeit in Milos unterwegs und würden uns gerne treffen. Der gemeinsame Weg nach Norden wird schon irgendwo eine gemeinsame Ankerbucht ergeben. Wegen des angesagten Meltemi wollen wir ohnehin einen kleinen Sprung weiter in die Bucht Vathi.

    Vathi, das gibt es öfter, es bedeutet ja nur „Hafen“. Das ist Vathi auch, eine große Naturbucht – allerdings ohne wirklichen Hafen. OK, es gibt eine kurze Mole aber nicht einmal eine regelmäßige Fähre hierher. Wie wir später erfahren, wurde erst um 1990 erstmals eine Straße in diese Bucht gebaut. Es ist also alles sehr jung, was wir hier sehen. Die Anbindung nach außen ist ein Bus, der mehrmals täglich die enge und steile Straße nach Apollonia, der Hauptstadt von Sifnos, fährt. Der bringt auch die Touristen in den Ort – und nimmt die Tagestouristen wieder mit.

    Für den Anker ist die Bucht herrlich. Sandboden, nicht ganz seicht, aber gut haltend – und das werden wir ja auch brauchen, bei angesagtem Meltemi mit Böen >35 kt. Mal sehen, was davon in der Bucht übrigbleibt.

    Der Ort besetzt den schmalen, flachen Bereich der Bucht, die gleich nach den Häusern stark ansteigt. Kein Wunder, dass die Hotels und Bars ganz nahe an das Wasser heran gebaut sind. Das lässt sich das Meer aber auch nicht gefallen und kommt daher den Häusern noch näher. So bleibt an einigen Stellen – eigentlich über mehr als 100 m kein Flecken Strand übrig. Wer da vorbei will muss durch das Wasser gehen. Auch ein Zeichen von Veränderung und dass der Mensch nicht vorgibt, was das Meer zu tun hat. Früher oder später wird es sich Stück für Stück die Siedlung zurückholen.

    Nur ein großes Luxushotel hat sich ein wenig weiter nach hinten und etwas höher gesetzt. Dafür ist der Weg zum Wasser jetzt sooooo lang, dass er den Luxustouristen nicht mehr zumutbar ist. Die bekommen dann vor jede Suite einen eigenen Süßwasserpool hin gebaut. Dass die Insel eigentlich keine eigenen Quellen hat, stört bei den Hotelbetreibern niemanden und die Touristen bekommen das nicht mit.

    Uns ist das egal, wir haben ja unsere Philia und sind weitgehend autark. Nur das mit dem Wasser müssen wir noch lösen, aber das ist eher eine Frage des Platzes und des Preises.

    Wir richten uns auf einen längeren Aufenthalt ein – der Meltemi hält, was er versprochen hat. Barbara und Stefan bleiben vorerst in Milos. So haben wir Zeit uns die Insel einmal anzusehen.
    Zunächst mit dem Bus nach Apollonia, dort dann ein Moped ausborgen. Und wohin jetzt?

    Unser erster Weg führt uns hinunter zum Ort Kastro. Das war früher der befestigte Hauptort und liegt auf einem Felsen über dem Meer. Auch heute noch ist der Ortskern nur durch wenige Tore zu betreten. Dahinter ein Gewirr von Gässchen ,so dass die Orientierung schwer fällt. Nur das Geräusch der an den Felsen brechenden Wellen und der Sonnenstand helfen uns, uns zurecht zu finden. Wenig ist da los heute.

    Das Leben muss recht beschwerlich sein, da alles, wirklich alles recht weit nach Hause zu tragen ist. Egal ob Bleistift oder Ziegel, alles wird auf kleinen Wagen hin und her gerollt. Für alte Menschen ist das eine wirkliche Herausforderung – aber was bleibt ihnen übrig. Vielleicht ist das mit ein Teil des Geheimnisses, dass es in Griechenland vergleichsweise viele alte Menschen gibt.

    Dann wollen wir zu einem Strand ganz im Norden der Insel, so groß ist die ja wirklich nicht. Viele Kurven und etliche Male auf und ab, dann noch scharf links einbiegen, aus Asphalt wird Beton, aus Beton wird Schotter. Und dann? Entsetzen! Ein kleiner, halbrunder Strand, hübsch gelegen. Aber auch ein paar Hundert Touristen, die sich in den wenigen Schatten der Bäume drängen – wirklich Handtuch an Handtuch.
    Brauchen wir das? Nicht wirklich! Ohne auch nur beim Wasser gewesen zu sein, drehen wir um. Da muss es schönere Plätze geben.

    Zum Beispiel den Paralia Vouludia. Das wollen wir probieren. Also zuerst die Straße zurück, wieder hoch hinauf, dann wieder hinunter. Diese Straße ist frisch asphaltiert, eine Kehre ist zum großen Parkplatz ausgebaut. Wir fahren trotzdem noch weiter. Zack, kein Asphalt, dafür stark zerfurchte und steile Sandstraße. Ich hab zwar schon wilde Wege gefahren, aber das ist mir zu wild! Noch sind es gut 100 Höhenmeter bis zum Wasser – das ist wiederum für Susi zu viel. Also wieder Rückzug.

    Na, dann gleich nach Kamares, dem Haupthafen. Aber nach Komenda – Art nicht über die Hauptstraße, sondern über das Gebirge. Susi fordert dann, auch zum Kloster am Berg abzubiegen – und gut war es!

    Ganz oben an der Kante des Berges liegt ein Kloster, heute völlig verlassen aber gut gepflegt. Und unter dem Kloster liegt die Bucht von Kamares. Ein wahnsinns Ausblick auf Kamares, dass 450 m unter uns liegt. Oder auf die offene Ägäis, oder nach Norden auf Serifos und Syros, oder im Osten Antiparos, Despotiko und Strongylo – und ein wild bewegtes Meer.

    Am Weg hinunter nach Kamares brauchen wir nicht viel Benzin, aber viel Bremsbelag 😉. Unten angekommen tauchen wir voll in den Tourismus ein: Beach Bars, Menschen mit kaum mehr als Nichts am Körper schlendern auf der Straße. In der Bar sitzt eine Großfamilie, bei der offensichtlich auch die Geldbörse recht groß ist. Als die zahlen erkenne wir den Wert der goldenen Kreditkarten: einfach hin halten und den PIN eingeben. Was da abgebucht wird ist völlig egal, weil die heutige Ausgabe im Vergleich zum heutigen Einkommen ohnehin nur unerhebliche Groschen sind.

    Wir schauen dem Treiben eine Zeit lang zu und fahren dann zurück nach Apollonia. Dort gibt es (genau) eine Gasse, in der sich am Abend das Leben abspielt. Zu unserer Zeit wird gerade hergerichtet. Die Restaurants räumen wieder ihre Möbel heraus, ein paar Geschäfte haben schon geöffnet. Wir schlendern da entlang und dabei fällt uns auf, dass wir heute noch nichts gegessen haben. Ob wir um die Zeit ein Lokal finden?

    Finden wir!
    Gleich in der Nähe der Kirche, ein paar Stufen hinauf in den Gastgarten, in dem viele Bäume und eine Weinlaube Schatten spendet. Das können wir heute gut gebrauchen. Außer uns sind nur zwei andere Paare da – aber es gibt was zu essen. Für den Nachtisch, in Griechenland zumeist ein Geschenk des Hauses – ein paar süße Kostproben zum Beispiel – bekommen wir eine ganze Weintraube, die der Wirt gerade eben über unseren Köpfen von der Rebe geschnitten hat. Frischer geht’s wirklich nicht!

    Spannend finden wir die Musik, die da im Hintergrund spielt: Ja, griechisch ist sie schon, also der Text. Der Rest pendelt zwischen Hausmusik auf einer Insel, Swing und Jazz bis hin zum Jodler mit dem Titel „Fahren wir nach Honolulu“ Schräg, aber lustig – uns gefällts und wir besorgen uns den Link zu Playlist, die es dann auch auf Youtube zu finden gibt. Bald haben wir dann die Songs heruntergeladen und immer wieder im Ohr.

    Am nächsten Tag haben wir nur ein Ziel vor: Das Kloster Christopigi. Es liegt an der Ostküste malerisch auf einer Landzunge. Vom Meer aus haben wir die Kirche schon gesehen. Nun geht es mit dem Moped dort hin. Und der Weg hat sich ausgezahlt. Ein wirklich magischer Ort, auf drei Seiten vom Meer umgeben.

    Wir nützen aber auch die Chance dort am Strand ins Wasser zu steigen. Es ist unerwartet warm, obwohl die freie Ägäis vor uns liegt. Dieser Sommer ist wirklich viel zu warm, auch im Wasser.

    Aber morgen, morgen dann geht die Reise weiter.

  • Sifnos

    Der Weg zurück nach Agii Theodori zu „unserer“ Werft beginnt. Wir haben zwar noch viel Zeit, aber die Stimmung geht irgendwie in diese Richtung. Der immer kürzer werdende Kalender tut sein übriges. Von Paros kommt man gut nach Sifnos, genauer in die Bucht Gialos, ganz im Süden. Der Wetterbericht verspricht gute, etwas starke Bedingungen, aber das sind wir ja schon gewöhnt.

    Der Wetterbericht spricht von nördlichen Winden und ebensolchen Wellen, wir wollen nach Südwesten – das passt also gut. Kaum strecken wir die Nase aus der Bucht von Parikia, reffen wir schon wieder ein, denn 17 kt sind doch starker Tobak unter Vollzeug. Und dann nehmen auch noch die Wellen zu. Da klatschen dann 1,3 m Wellen seitlich ans Boot. Am Bug geht die Gischt hoch und aus dem Vorsegel rinnt das Wasser, als wäre es frisch gewaschen. Das hat sich später dann auch noch eine gründliche Süßwasserdusche verdient.

    Der Ritt ist recht unangenehm, so dass wir von Hand steuern. Das gibt uns das Gefühl die Lage besser beeinflussen zu können. Immer gelingt das nicht! Die Wellen ziehen schräg unter Philia durch, so dass sie massiv aus dem Kurs gedrängt wird. Da wird der Ruderdruck schon ganz schön kräftig. Hin und wieder wird er so groß, dass Philia richtig in den Wind schießt, also mehr als 45° vom Kurs abweicht, ohne dass wir aktuell was tun können. Abwarten bis die Welle durch ist, das Boot einfangen und wieder auf Kurs bringen.

    Da wir das Großssegel mit unserem Bullenstander, einer Leine vom hinteren Ende des Baumes zum Bug und zurück ins Cockpit, gesichert haben, kann das Segel auch nicht umschlagen. Das entspannt die Sache ungemein. Und so schaukeln und tanzen wir immer näher an Sifnos heran und sind schon nach 4 Stunden vor der Einfahrt zur Bucht Gialos. Bis hier her war das also ein Schnitt von 5,8 kt (10 km/h)- ganz ordentlich für das kleine Schiff und die hohe Welle.

    Wir kennen die Bucht, da waren wir schon einmal. Heute ist sie nicht sehr freundlich zu uns: mit 24 kt (45 km/h) faucht uns der Wind entgegen. Etliche Schiffe liegen schon da, aber alle mit recht viel Abstand zum Strand und den Begrenzungsbojen des Schwimmerbereiches. Der kleine Hafen scheint voll zu sein, aber der interessiert uns ohnehin nicht. Der kleine Volvo Motor gibt sich Mühe und schiebt uns näher an das Ufer heran. Wir müssen jetzt einen Platz finden, der einerseits nahe an den gelben Schwimmerbojen ist und andererseits genügend Platz zu den anderen Schiffen bietet, damit wir gut 45 m Kette rauslassen können.

    Ziemlich souverän steuert Susi so einen Punkt an. Ich übernehme dann am Bug die Einweisung an den exakten Ankerplatz. Wir wollen den Anker ja nicht auf Seegras werfen. Unser Jambo Anker hält zwar da auch gut, aber dem Seegras würde das schaden. Der Punkt ist gefunden, Philia stoppt bei dem Wind augenblicklich, der Anker rauscht ins Wasser und die im Wind davon treibende Philia legt die Ankerkette in gerader Linie auf den Grund. Bei der Kettenmarkierung von 45 m klemme ich die Kettennuss fest. Die Kette spannt sich und Philia, die quer zum Wind getrieben ist, schwingt mit einem Ruck herum. Das reicht, um den Anker in den Sand zu graben. Ein Einfahren unter Motor können wir uns heute ersparen.

    Wir versorgen noch das Schiff, entlasten die Ankerkette, räumen unten ein wenig auf und kommen auch seelisch an. Wären wir da so entspannt im Cockpit sitzen, fahren erstaunlicherweise einige Schiffe ab – doch nicht wegen uns?!

    Nach einiger Zeit kommt ein Charterboot an, dass neben uns ankert. 6 junge Damen und der Charter-Skipper. Der beschließt nach einiger Zeit, dass es für seine Damen vielleicht netter wäre, wenn sie sich einen Platz im Hafen suchen. Außerdem ist er ja ein gestandener Seebär und was sollen ihn da die Böen beeindrucken. Anker auf, an die Tat.
    Naja, fast eine Stunde hat er im Hafen hin und her geruckelt, den Anker einmal da, einmal dort hinuntergelassen aber nie mit dem Heck den gewünschten Platz getroffen. Dann gibt er auf und kehrt zum Platz neben uns zurück – doch nicht so souverän wie gedacht, der Herr Skipper.

    Wir lassen unser Dinghi ins Wasser und fahren an den Strand. Ein bisschen was einkaufen, in eine Töpferei schauen, sich ein bisschen die Füße vertreten. Bei einer der Tavernen einzukehren, freut uns aber nicht. Wir wollen ja unsere Vorräte aufbrauchen.

    Am Abend lässt der Wind nach, schläft fast ein.

    Eine sternklare Nacht begrüßt uns.

  • Parikia

    Trotz aller Schönheit und Entspannung – wir, besser unsere Gäste, müssen zurück nach Hause. Und der erste Schritt dazu ist wieder zurück nach Parikia zu fahren. Also raus aus der Bucht und – ja, Wind schon, aber wieder auf die Nase! Ich glaub, dass wir fast 70% unserer Strecken mit Wind von vorn zurücklegen. Weltumsegler haben es da einfacher, die haben den Wind fast immer von hinten.

    Also Segel setzen und wieder einmal hinaus, statt der Küste entlang. Aber nicht zu weit hinaus, denn wenn dann der Wind einschläft, und das soll er, ist man weit weg von der Kurslinie und muss zusätzliche Strecken motoren. Also immer ein wenig taktisch planen und fahren.

    Ein Stück hinaus, dann eine Wende wieder zurück. Plötzlich entdecken wir am Horizont ein schnelles weißes Schiff, das wirklich rasch näher kommt und genau auf uns zu hält. Was sagt das AIS? Die Superfast Fähre von Naxos mit Ziel Parikia. Supesfast heißt in dem Fall 35 kt also gut 60 km/h. Wir hingegen dümpen mit kaum 6 km/h in seiner Fahrspur herum – aber unter Segeln. Wir haben Kurshaltepflicht und er muss ausweichen – aber weiß er das auch?

    Na, einmal kurz nachhelfen: „Superfast from Philia“ „Philia go ahead“ „We are a Sailboat under sail” – das sind die magischen Worte – „and my AIS shows a CPA of 30 m only” – das zeigt die Dringlichkeit – „please give way” – das ist unsere Hoffnung.
    „Don’t worry, we have it under control“ – na, das past ja. Wir können dann nur mehr zusehen, was da jetzt passiert. Die Fähre ändert den Kurs um 2°, das reicht, und sie brettert 3 Minuten später 250 m entfernt an uns vorbei! Ich liebe die Technik!

    Bald danach verabschiedet sich der Wind und wir erreichen unter Motor die Ankerbucht. An fast der gleichen Stelle parken wir wieder ein. Den Nachmittag nützen wir, um den „Kindern“ Parikia zu zeigen, denn um das hatten wir bisher einen Bogen gemacht. Nur ein kurzer Rundgang, denn am Abend wollen wir ins Restaurant Arodo. Ein sehr schöner Platz in der Nachbarbucht, den wir mit einem kleinen Spaziergang über die Klippen erreichen. Noch brennt die Sonne und jede Art von Abkühlung ist uns recht. Erst als sie hinter dem Hügel verschwindet, wird es erträglich.
    Wir genießen einen letzten gemeinsamen Abend bei tollen Speisen und träumen von vergangenen und zukünftigen Taten.

    In der Früh bietet sich die Chance im Hafen an die Mole zu gehen und Wasser zu tanken. Dabei werden dann auch gleich die „Kinder“ verabschiedet, die um 10 ihre Fähre nach Mykonos haben. Das Einzige, was dort interessiert ist der Flughafen. Die Insel selbst hat sich zum Ibiza Griechenlands entwickelt: Party zu Preisen, die man nicht einmal am Mond bezahlen will. Hotelbunker die so überhaupt nicht in die Kykladen passen – einfach nur abstoßend, zumindest für uns.

    Susi und ich ziehen uns rasch in die Ankerbucht zurück und machen noch einen Tag Pause. Das Schiff wird wieder auf ein 2 Personen Boot zurück gebaut. Das Gepäck wieder gleichmäßig verteilt und die eingekauften Nahrungsmittel und Wasserflaschen verstaut.

    Wobei, beim Einkaufen werden wir mittlerweile sparsamer: Ein Ende ist absehbar und wir müssen das Schiff „leer essen“.