Kategorie: Kykladen

Kykladen
Andros, Milos, Santorin

  • The long run

    Unsere Hauptbeschäftigung ist es mittlerweile, die verschiedenen Wettervorhersagen zu studieren und Ausschau nach einem Weg „auf die andere Seite“ zu suchen. Es sind immerhin gut 60 Meilen bis Poros. Dazwischen liegt die offene Ägäis, auf der sich der Meltemi austobt. Das gibt dann 35 kt und Wellen bis 1,8 m – das muss echt nicht sein.

    Für uns liegen die Limits bei 1 m Welle und Böen bis 25 kt. Andererseits wollen wir auch nicht 9 Stunden durch tote Luft dümpeln. Also wir sind da ein bisschen anspruchsvoll. Da kommt dann dazu, dass die Limits für Susi niedriger liegen als für mich, sie hingegen kein Problem hätte bei Ententeich-Bedingungen stundenlang zu motoren, ich fände das schrecklich.

    Vier Varianten zeichnen sich ab
    A) Hier bleiben, bis der Meltemi verstummt. Das dürfte am Montag der Fall sein, heute ist Mittwoch. Noch länger dasitzen, freut mich aber gar nicht. Dann aber ist Ententeich angesagt.
    B) Die 1 ½ Stunden zurück nach Livadi fahren. Dort ist der Wind vielleicht nicht gar so böig und wir kämen dann leichter an Land. Da gibt es dann Zugang zu Lokalen, zu Lebensmitteln oder man könnte sich auch was anschauen. Und dann am Montag wieder Ententeich.
    C) Im Windschatten der Inseln Kea und Kythnos nach Norden aufkreuzen. So kämen wir wenigstens ein Stück näher an Poros heran und hätten bei einer Querung einen besseren Winkel zum Wind. Trotzdem müssten wir dann halt in Kythos bis Montag warten, bis die Querung für uns passierbar wird – bei Ententeich – Bedingungen
    D) Scheiß drauf, wir segeln los. Es schaut so aus, also ob gegen Mittag der Wind und die Wellen etwas nachlassen und wir bis nahe an Poros heran segeln könnten. Wir wären halt an unseren Limits

    Nach einer unruhigen Nacht und der Erkenntnis, dass nacheinander alle Schiffe, insgesamt 6 aus der Bucht verschwinden und wir schon wieder die einzigen sind, meint Susi: „Los geht’s!“ / „Wohin, nach Kythos?“ / „Naaa, sicher nicht -Poros!“

    Eigentlich noch sehr gemütlich, aber doch zügig, wird das Schiff seefest gemacht: Bimini wieder aufstellen, die Solarzellen montieren, Dinghi ans Heck schnallen, im Salon alles verräumen, was hinunterfallen könnte, Tunfisch-Nudelsalat kochen und vorbereiten – unsere Standardspeise bei langen Überfahrten.

    Um 10:30 sind wir soweit und ziehen den Anker aus dem Sand. Er wehrt sich, weil er sich so tief eingegraben hat. Das ganze Gezerre an der Kette bei 46 kt (80 km/h), hat ihn genau 20 cm rutschen lassen! Mit etwas Schwung können wir ihn ausbrechen. Gleich wird das Großsegel gesetzt, aber nur ein bisschen – man weiß ja nicht, was kommt. Die Genua noch dazu, auch nur im 1. Reff, und schon ist PHILIA mit 6 kt im Rückenwind unterwegs.

    Schon nachdem wir die Bucht verlassen haben, drehen wir den Kurs auf Halben Wind und die Nase der Philia genau nach Westen. Bis zur Südwest-Ecke von Serifos ist es nicht weit. Spannend ist, was danach kommt. Wie stark ist der Wind, wie hoch sind die Wellen? Und wir wissen ja, dass wir zuerst durch eine noch etwas geschütztere Zone kommen.

    Ist aber doch ganz nett, was da auf uns zu kommt: 17 kt Wind und Welle, naja so einen ¾ m, manche höher, rollen da an. Zum Glück sind die Wellen recht rund und nicht wie so oft spitz und steil. Die würden dann öfter brechen. Das ist zwar nicht gefährlich, aber kein gutes Gefühl. So passt es uns besser, viel besser.

    Wir werden keck und probieren was geht – alles geht! PHILIA mit Vollzeug in Wellen die bald 1 ½ m erreichen. Da kommt es schon vor, dass das Deck nicht nur ein paar Spritzer abbekommt, sondern bis zum Mastfuß eine gründliche Spülung bekommt. Bei dem Dreck den sie im Meltemi in der Bucht aufgesammelt hat, eine grausige Mischung aus Salz und Sand, tut ihr das nur gut. Die Wellen kommen so passend daher, dass sich PHILIA immer irgendwie drüber mogelt. Selten platscht sie mit dem Bauch hinein. Das kostet immer Fahrt, so aber schafft sie 7 kt – dauerhaft!

    Wir brettern also hart am Wind dahin, und sehen am Plotter, dass zwar der Bug nach Poros zeigt, die Fahrt aber wahrscheinlich in Portocheli, gut 30 Meilen im Süden, enden wird. Warum wir so viel Abdrift haben ist uns aber nicht klar. So um die 15° bei diesem Kurs, das kenne ich, aber 30° oder mehr? Ich schalte am Plotter einmal die Anzeige für die Tidenströmung ein: 3,5 kt im rechten Winkel auf unseren Kurs.

    Na eh klar: Der Meltemi hatte eine Woche Zeit, die Ägäis so richtig in Schwung zu bringen. Jetzt rauscht sie mit bis zu 7 kt zwischen Euböa und Andros durch! Wir erwischen hier den Ausläufer der Strömung und bekommen eben die 3,5 kt ab. Kann man was dagegen tun? Nein, nur hoffen, dass es wir aus dieser Strömungszunge irgendwann rauskommen und der Weg nach Nordwesten wieder möglich wird.

    PHILIA und wir kämpfen tapfer, Schräglagen von 15 bis 20° sind heute „normal“, wenn eine Welle ungünstig unter uns durch geht, kann das gerne auch mehr sein. Susi erkennt im Dunst die „Windrad-Insel“. Eigentlich heißt sie ganz anders, aber ihr einziger Zweck ist es, einen Windpark mit fast 50 Windrädern zu beherbergen. Sie markiert die Mitte der Strecke über diesen Teil der Ägäis – zumindest, wenn man genau von Ost nach West, also von Kythnos nach Poros, fährt. Wir schaffen es jetzt, das westliche Ende der Inseln anzupeilen. Das ist natürlich viel zu nördlich für unser Ziel, aber so schaffen wir es, wieder auf unsere Kurslinie zu kommen.

    Wir spielen ständig mit den Segelstellungen, machen sie einmal kleiner, weil der Wind grad auf 24 kt zulegt, oder vergrößern sie wieder, weil er jetzt wieder mit nur 14 kt eine Pause einlegt. Unser Ziel ist klar: Material schonen und trotzdem so schnell wie es das Schiff zulässt. Mehr als 7,5 kt kann PHILIA schon rein physikalisch nicht. Ab dieser Grenze wird es eine echte Quälerei, für das Schiff, aber auch für die Crew. Segeln bei hohen Schräglagen ist auch nicht wirklich entspannend.

    Nach fast 8 Stunden anstrengender Arbeit dreht der Wind immer weiter nach hinten, das macht ihn weniger brauchbar für uns, und er legt sich langsam zur Ruhe. Um ¼ 7 zünden wir den Diesel. Es wäre schon noch ein Stück weit gegangen, aber wir wollen in Poros bei Tageslicht ankommen. Dort ist in der Regel viel los, und ein ruhiger Platz muss erst gefunden werden.

    Da hab ich eine Idee: Barbara von der LAUSA hat uns erzählt, dass sie immer an einer gemieteten Boje liegen. Und im Noforeignland.com steht sogar die Telefonnummer vom Herrscher über die Bojen. Ein paar Anrufversuche und die Sache ist gebongt: Wir bekommen einen Bojenplatz! Wir sollen halt anrufen, wenn wir in der Nähe sind.

    So entspannt denken wir endlich dran, heute auch was zu essen. Der Nudelsalat muss dran glauben, dafür war er ja da. So nähern wir uns Poros, nützen dabei auch die Chance, unseren Wassermacher nochmals laufen zu lassen. Das Wasser in Poros möchten wir ihm nicht zumuten. Wie geplant laufen wir um 19:30 den Durchfahrtskanal von Poros an und versuchen den Bojenmann zu erreichen. Beim dritten Versuch klappt es dann. Bald gibt er das Telefon an seinen Freund weiter, der besser Englisch spricht. Die Boje liegt beim Sportplatz, eine weiße Boje -früher war sie einmal orange – die zwischen zwei Schiffen liegt. Bitte sehr kurz anbinden, damit das Nachbarschiff, ein Wassertaxi älterer Bauart, von uns nicht beschädigt wird. Nur die Anfahrt ist trickreich, gibt es doch eine Stelle, wo unser Tiefenmesser nur mehr 10 cm unter Kiel anzeigt. Entsprechend nervös wird Susi. In Wirklichkeit sind es eh 40 cm, aber das muss sie ja nicht so genau wissen.

    Das Fangen der Boje funktioniert, so leidlich. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das zum letzten Mal gemacht habe? Vielleich vor 3 Jahren in Kroatien? Bojen sind in Griechenland sehr unüblich.

    So, da stehen wir nun. Gerade noch Zeit, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Dabei kommt doch glatt so ein Wassertaxi auf uns zu geschossen. Ah, der Bojenmann kommt zum Kassieren. 50 € für 3 Nächte. Kein Schnäppchen aber kaum teurer als im Hafen, in dem wir heute ohnehin keinen Platz bekommen hätten. Außerdem kümmert uns dann ein drehender Wind oder der berüchtigte Ankersalat überhaupt nicht.

    Mir gefällt das!

    Morgen ist dann „Pit Stop“ angesagt. Wäsche waschen, Bootspflege, Frühstück beim Bäcker, zum Uhrturm hinauf wandern und am Weg zurück bei der „Garten Taverne“ auf ein tolles griechisches Abendessen einfallen. Sehr gute Entscheidung, muss ich sagen.

  • Almira – schnell weg

    Als wir von Athen zurück kommen, sind die beiden anderen Bojen auch schon besetzt. Leider gibt es wieder Wellen und in unserem leeren Mast schlägt die 12 m lange Stange der Rollreffanlage wild hin und her. Das macht einen unglaublichen Krach. Dann kommt da noch dazu, dass die Boje, immer wenn der Wind nachlässt, die Nähe unserer Bordwand sucht und da heftig dagegen klopft. Das scheppert dann so, dass man meint, sie bricht gleich durch.

    Ein bisschen kann ich durch längere Leinen helfen. Manchmal muss ich aber einfach hinaus an Deck, um 3 in der Nacht, wenn’s sein muss, um der Boje zu helfen, auf die andere Seite der PHILIA zu kommen. Dann ist wieder etwas mehr Ruhe – bis zum nächsten Winddreher. Was für eine Nacht – zum Abgewöhnen.

    Um ½ 9 werden wir in das Kranbecken gerufen und PHILIA sanft aus dem Wasser gehoben. Sobald sie am Hafentrailer steht, beginnt eine Fahrt über das Gelände, die eher einem Beerdigungszug gleicht. Eine Segelsaison wird zu Grabe getragen, ein scheixx Gefühl. Aber PHILIA bekommt einen guten Platz und bald nette Nachbarn. Alle werkeln an ihren Schiffen, alle haben einen ähnlich engen Zeitplan.

    Susi zieht sich zu den Waschmaschinen zurück und trifft dort auf eine Südafrikanerin. Die beiden haben viel Spaß beim Wäschewaschen 😊. Ich mach mich inzwischen über unsere To Do Liste her. Die ist wieder ewig lang, aber wir haben ja immerhin fast 50 Stunden Zeit, bis wir weg müssen.
    Verpacken, wegräumen, stapeln, hin und her schieben, staubsaugen, auswischen, weiter verräumen, jeden Winkel ausnützen.

    Das Bad/WC wird unsere Universallagerkammer: Genua, Dinghi, Großsegel, Solarzellen vom Bimini, unsere Decksitze, Cockpitauflagen, Windgenerator, Instrumentenbrett und Tischeinlagen aus dem Cockpit – und das Steuerrad hat auch noch Platz. Gerade so komm ich noch hin, um das Fenster zu schließen.

    Am Mittwoch um 11 kommt dann noch Marius, der Motormann, vorbei, um sich unseren Motor zu besehen. Der tröpfelt ja Öl. Da kann man einerseits einfach regelmäßig Öl wegwischen und nachfüllen und hoffen, dass das Leck nicht größer wird – oder man kann das reparieren lassen. Reparieren heißt aber, den ganzen Antriebsstrang auftrennen, den Motor ausbauen, im Salon demontieren und umdrehen, damit man zur Unterstete kommt. Dann ein oder zwei Dichtungen austauschen und das ganze wieder zurück. Ich bin einmal auf den Kostenvoranschlag gespannt. „Kostet nicht so viel“, meint Marius. Jo eh, die Dichtungen machen es nicht aus, aber die Arbeit??

    Auch um 11 kommt noch ein Schiff an: LAUSA, das Schiff von Barbara und Stefan, allerdings nur mit Stefan. Den nehmen wir dann mit auf den Flughafen, damit er zu seinem Auto kommt. Kurz nach 1 fahren wir weg, kurz vor 10 sind wir in Wien in unserer Wohnung.

    Beliebig viel Wasser – haben wir am Schiff auch
    Beliebig viel Strom – am Schiff habe wir so viel wir brauchen, ist halt weniger
    Beliebig viel Gewand und Klumpat – für was brauchen wir das alles
    Ein großes Bett, dass uns aber nicht in den Schlaf schaukelt – das ist am Schiff wirklich besser

    Der Luxus, den wir an Land angehäuft habe, macht der wirklich glücklich? Oder liegt das Glück im Reduzieren der Ansprüche auf das wenige Wichtige und den offenen Sinnen für die einfachen, schönen Momente?

    Jetzt liegt ein langer „Winter“ vor uns. PHILIA wird staubig werden und unter ihrer Abdeckung, so wie auch wir unter unserer Decke, vom Meer träumen.

    Eh nur mehr 10 Monate bis dahin.

  • Aus dem Paradies vertrieben

    Als wir von Korfos abfahren, wisse wir noch nicht genau wohin. Susi findet auf den Karten die Insel Agios Thomas, eigentlich eine kleine Inselgruppe. Dort soll es glasklares Wasser geben und sogar Sandflächen zum Ankern. Als bester Platz ist eine kleine Einbuchtung im Norden der Insel angegeben. Wieder sind es 9 Meilen bis dahin, wieder rührt sich kein Windhauch.

    Und tatsächlich, schon entlang der Küste der Insel ist das Wasser von einer unglaublichen, türkisen Farbe. Langsam schnuffeln wir nach Norden, fast fahren wir an der Bucht vorbei, aber eine kleine holländische Hallberg Rassy zeigt sie uns deutlich an. Auf 7 m lassen wir den Anker in den Sand gleiten, mehr als 25 m an Ketter wollen wir aber nicht rauslassen. Zwar stehen wir im Augenblick parallel zur Küste, aber die schaut mit ihren Felsen eher ungemütlich aus.

    Beim Tauchen zeigt sich, dass wir wiedereinmal bei der Tiefenschätzung auf der falschen Seite liegen. Bei einer Wassertiefe von 5 m beginnen Felsplatten, vorerst noch mit Sand dazwischen. Erst kurz vor der Brandungslinie sind die Felsplatten geschossen und das Wasser wird seichter. Da kann man dann schon fast trocken an Land steigen – aber das wollen wir lieber nicht probieren.

    Für uns ist der Ankerplatz das Paradies: Wasser 27°, Luft 30°, leichter Wind, glasklares Wasser, keine menschlichen Geräusche – nur wir auf unserer kleinen schwimmenden Welt.

    Abends kommt dann etwas Wind auf. Zuerst leicht auflandig, aber wir wissen, das geht sich alles aus. Dann aber ablandig, und der wird durchaus kräftig. Bis zu 35 kt hat es plötzlich und PHILIA zerrt an der Kette. OK, wenn sie so danach fragt, dann bekommt sie noch 10 m dazu. Wir haben so eine ruhige Nacht und in der Früh ist der Spuk ohnehin wieder vorbei.

    Einen zweiten Tag gönnen wir uns hier noch, aber das Ende wirft seine Schatten voraus. Wir können es nicht lassen und wühlen weiter in unseren Habseligkeiten. Was beleibt da, wo kommt das hin, was kommt mit, was wollen wir endgültig aus unserem Leben verbannen. Speziell der letzte Punkt ist bei kleinem Wohnraum ganz wichtig. Wir können es uns einfach nicht leisten, viel unnützes Zeug durch die Gegend zu kutschieren.

    Am Nachmittag tauchen wir wieder einmal die Kette ab, weil auch der Wind gedreht hat. Im Augenblick steht PHILIA wieder mit dem Heck zum Ufer und auf 5m Wassertiefe. Die Kette liegt am Grund und macht eine fast 10m lange Schlaufe, vom Ufer und dem Anker weg und dann wieder zurück. Das bedeutet aber auch, dass PHILIA, sobald der Wind zunimmt, gut 10 m näher an das Ufer heranrückt. Das gibt mir kein gutes Gefühl.

    Gibt es einen Ausweg? Naja, in 9 Meilen sind die Bojen von Almira, und da müssen wir ohnehin morgen sein. Im letzten Moment, also 90 Minuten vor Sonnenuntergang legen wir ab. Ankunftszeit: 15 min nach Sonnenuntergang – und was ist Plan B, falls die Bojen besetzt sind? Isthmia geht immer, auch bei Nacht.

    Wir dampfen also los, zuerst mit Rückenwind und nachlaufenden Wellen, dann entwickeln sich konfuse Wellen aus allen Richtungen, zum Teil fast 1 m hoch. PHILIA schaukelt und stampft voran. Jede Welle stoppt sie ab und so zeigt die Logge oft statt der erwarteten 5,4 kt nur 4,2 oder noch weniger an. Egal, Geduld hilft weiter, die Wellen beruhigen sich und es geht wieder voran.

    Vor der Werft Almira liegen vier große Bojen. Eine ist besetzt, eine schnappen wir uns. Bei den Wellen, die jetzt aus Osten heran rollen gar nicht so einfach, sich da eine Boje zu fangen. Aber die Übung gelingt im zweite Anlauf und wir liegen sicher aber schaukelig. Solange es nur schaukelt, soll uns das recht sein.

    Morgen, am Sonntag werden wir die Segel abnehmen, Wäsche sortieren und mit dem Zug nach Athen fahren, um am Flughafen dann unser Leihauto zu übernehmen.

  • Korfos – das Ende naht

    Korfos ist eine nette, tiefe Bucht, gar nicht mehr weit von Agii Theodori. Kein Wind, kein Segel also Motor. So brummeln wir über den spiegelglatten Saronischen Golf. Die Bucht ist nahezu leer, nur 2 Schiffe stehen vor Anker. Aber etwas abseits ist ein großes Bojenfeld, mit vielen freien Bojen. Es ist also so viel Platz, dass wir uns das in einer großen Rundfahrt ganz genau ansehen, nur um dann erstrecht wieder zum zuerst gewählten Platz zurück zu kehren.

    Mit viel Abstand ankern wir neben einem holländischen Boot. Die fordern uns auf, mindestens 30 m Kette zu legen – bei 3 m Wassertiefe?? Wir verstehen es nicht, machen es aber, damit sie eine Freude haben. Doch die währt nur kurz. Die Holländer gehen Anker auf und suchen sich einen anderen Platz. Offensichtlich haben wir ihre Privatsphäre gestört. Jetzt liegen sie halt 70 m vor einer Taverne. Naja, wenn sie meinen.

    Wir fangen an, unser Schiff aufzuräumen – wobei, irgendwie bricht da immer Chaos aus. Auf dem kleinen Raum kann man ja nicht einfach irgendwo die Sachen aufstapeln, die wir in 5 Tagen mit nach Wien nehmen wollen. Jeder Platz hat ja schon jetzt eine Funktion und wird gebraucht. Es ist also ein ständiges hin und her räumen, in dem sich die Dinge nur langsam trennen.

    Textilien werden in Vakuumsäcke eingeschweißt, aber selbst da lauert eine Frage: Getrennt nach Sorten oder getrennt nach Einsatzzweck. Wir entscheiden uns dafür Sets zusammen zu stellen: Das komplette Bettzeug für 2 Personen in einen Sack. Brauchen wir ein frisches Bett, ist ein einem Sack alles zu finden. Trotzdem werden das wirklich viele Säcke, die jetzt einmal zwischengelagert werden müssen, bevor sie ihren endgültigen Platz finden werden – aber das dauert noch.

    Gegen Abend rudern wir an Land und sehen uns um. Ganz besonders interessiert uns die Wassertiefe am Stadtpier. Der ist zwar durch zwei Tavernen zugebaut, aber der Pier ist öffentlich. Eigentlich wollen wir mit PHILIA nicht anlegen – das haben wir heuer noch nie (!) gemacht – aber wir müssen. Für den Winter soll der Windgenerator abgebaut werden und dazu ist es hilfreich, wenn das Schiff an einer Mole liegt. Da kann ich dann den Mast abklappen und ablegen. Das Problem hier ist, dass wir die Wassertiefe an der Mole abschätzen müssen. Bei dem klaren Wasser ist das gar nicht so einfach. Zum Glück geht die Schätzung in die falsche Richtung: Das Wasser ist meist tiefer als es erscheint – ob das mein Ruderblatt auch weiß?

    Zuerst aber ein kleines Abendessen in der Taverne Captains Corner – wir sind die einzigen Kunden, was irgendwie verdächtig wirkt, aber das Essen ist perfekt. Papa George, die Taverne daneben, hat halt größere Plakate aufgehängt. Dafür sind die Restaurantkritiken eher „durchwachsen“. Nicht alles was laut ist, ist auch gut.

    Dafür lotst und dann Nikos vom Captains Corner an den Steg. Und dann hilft er uns noch den Generator abzubauen. Echt sehr nett! Nur den Mann mit dem Dieseltankwagen können wir nicht überreden zu und an den Steg zu komme. Sabbato only und Benzina only. Egal, dann gehen wir halt bei der Almira 3mal zur Tankstelle. Liegt am Weg, ist einfach und ohnehin billiger.

    Wir nützen auch die Chance, bei einem kleinen Laden für „eh alles“ ein paar nützliche Kleinteile zu besorgen. Da findet man alles zwischen Gardena look-a-like Bewässerungssystemen, Ankerketten, Nägel, Entrostungsmittel, Motoröl, Ankerketten und Frostschutzmittel.

    Was man halt in so einer Gegend alles brauchen kann

  • Im Freibad

    Wir verlassen Poros nach Westen. Noch in der Bucht ist der Wind so stark, dass wir die Segel setzen – Vollzeug, was sonst! Allerdings können wir niemanden animieren, es uns gleich zu tun. Ich kann mir auch denken warum: Die Ausfahrt aus der Bucht ist relativ eng, so 5 oder 6 Wenden wird man schon brauchen, und es gibt eine ganze Menge Verkehr von allem was schwimmt, vom Segelboot über Superyacht bis hin zur Schnellfähre.

    Uns ist das egal! Außerdem ist das Seerecht auf unserer Seite: Als Segelschiff unter Segeln müssen uns alle andere – mit ein paar wenigen Ausnahmen – ausweichen. Wir müssen halt aufpassen, dass die das dann auch wirklich tun. Wir nehmen die sportliche Herausforderung an. Ich find das ja nett, segeln auf engem Raum, ans Ufer fahren bis das Wasser nur mehr wenige Meter tief ist, eine Wende exerzieren und sofort wieder Fahrt aufnehmen, um möglichst viel Höhe gegen den Wind zu machen. 

    Klar sind wir da für die anderen nicht immer berechenbar. Wir eiern da ein bisschen herum, sind nicht immer gradlinig unterwegs. Für eine Superyacht passts gerade, ein Katamaran muss kräftig Gas geben, um vor uns vorbeizukommen. Hinter uns wäre auch möglich, aber das währe wohl eine persönliche Niederlage.

    Sobald wir aus der Ausfahrt draußen sind, liegt zufällig der Kurs nach Methana an. Da kommen wir auch hin, bis ganz knapp an den Hafen, bevor wir die nächste Wende fahren. Dann allerdings lässt sich der Wind sehr bitte und gibt dann ganz auf. Naja, der Motor kann ja auch was tun.

    Wir fahren in Richtung Perdikia, wollen aber in die Bucht nördlich davon. Als wir ankommen, sind wir fast die einzigen. Alleine ein Segler versucht verzweifelt, seinen Anker in den Boden zu bekommen – es gelingt ihm nicht. So haben wir dann die ganze Bucht für unser Manöver. Auch irgendwie spannend, denn meistens kann man sich an anderen Schiffen orientieren. Was da noch dazu kommt ist, dass es hier einen Badestrand gibt, aber keinerlei gekennzeichneten Schwimmerbereich.

    Wir suchen also nach einem Kompromiss. Nahe genug, um den Anker in den Sand zu setzen, weit genug, um das Freibad nicht zu stören. Und im Freibad sind wir tatsächlich. Da gibt es nicht zu laute und nicht aufdringliche Musik, für unsere Ohren „gute“ Musik. Im Wasser stehen, spielen, schwimmen gut 100 Leute, am Strand Schirme und Liegen, dahinter eine Hotelbar, als Freibadbuffet.

    Natürlich bleiben wir hier nicht lange alleine. Da kommt zuerst eine Pogo 10.5, gleich lang wie wir, 30 % mehr Segelfläche, bis zu 2,8m Tiefgang, fast das doppelte von uns, und eine Höchstgeschwindigkeit von gut 14 kt – eine echte Rennziege. „Gewöhnliche“ Schiffe kommen aber auch daher. Leider viele Charterboote, die nicht wirklich mit den Gebräuchen im Ankerfeld vertraut sind: Ankern in Vorwärtsfahrt, wo das Boot erst durch den greifenden Anker und mit kreischendem Ankergeschirr gestoppt wird. Andere sind so nahe, dass man fast schon übersteigen kann, ein Katamaran, der seine Kette quer durch die Bucht spannt, weil er gehört hat, dass Ankern mit Landleine sicherer ist (er braucht für sein Manöver fast 2 Stunden und viele Versuche) …

    Naja, jeder Unfug ist dabei und dient uns zur Unterhaltung 😊.

    Uns gefällt es hier. Erst nach 4 Nächten ziehen wir weiter.

  • Hydra – per Schnellboot

    Hydra ist eine besondere Insel: Da wurde drum gekämpft, die Insel möglichst so zu belassen, wie sie früher war und den zerstörerischen Tourismus auszusperren. Das hat natürlich seinen Preis: Auf der Insel gibt es nur 2 Autos: Die Feuerwehr und die Rettung. Alles andere passiert zu Fuß, oder mit Maultieren. Hotels sind verboten, Appartements sind erlaubt, Swimmingpools gibt es auf der ganzen Insel nicht. Ebenso keine Fahrräder, Scooter oder Mopeds. Jegliche Bewegung findet im Schritttempo statt.

    Zu erreichen ist Hydra schwierig. Es gibt ganz wenige Buchten und nur einen Ort. Der zugehörige Hafen ist klein, eng und wahnsinnig betriebsam. Wenn dann auch noch die Segler ihre Ketten kreuz und quer verlegen, ist das immer ein schönes Schauspiel, wenn jemand ablegen will.

    Das wollen wir uns ersparen und kaufen uns daher Tickets für die Schnellfähre. Die ist in 35 min von Poros aus dort, sehr bequem. Um’s Anlegen kümmert sich wer anderer und den Stress mit dem Ankersalat sparen wir uns auch.

    In der Tat, Hydra ist ein malerischer Ort: Die Häuser, die hier gar nicht nach griechischen Inseln aussehen – keine weißen kleinen Quader mit blauen Fenstern –  schmiegen sich den steilen Abhang hinauf. Die Häuser hier haben alle ein Ziegeldach, also Giebel oder Walmdächer und sind mindestens zweigeschoßig, manche auch höher. Irgendwie kommt da ein venezianischer Einfluss durch und es erinnert mich an die Bauten in Kroatien.

    Schon am Hafen stehen die Mulis bereit. Manche sollen Menschen zu einem Kloster tragen. Andere werden mit den Koffern der ankommenden Gäste beladen. Ein Stück weiter entdecken wir einen der Supermärkte, auch schon ein paar Meter vom Hafen entfernt und in einer abschüssigen Straße. Davor stehen zwei Mulis, die gerade mit Wasserflaschen beladen werden. Links 5 Sechsertragerl Wasser, rechts 5 Secherstragerl Wasser, in der Mitte noch zwei Paletten Bier. Zusammen so an die 120 kg, die da davon geschleppt werden. Alles, wirklich alles, was es in den Geschäften gibt, wurde von Mulis gebracht.

    Einzig eine elektrische Ameise (Hubwagen) darf Paletten mit schweren Waren vom Hafen heraufbringen. Die weiter oben liegenden Geschäfte sind nur über Treppen zu erreichen. Da ist dann auch der Hubwagen machtlos.

    Jetzt ist der Boden aber kein „Eselpfad“ sondern der hier übliche Straßenbelag aus flachen Steinen. Wegen des Gefälles natürlich als hunderte Treppenstufen geformt – zwar meist recht flach aber immerhin Stufen. Für die Mulis ist das kein Thema. Die trotten da in Zweier- oder Dreiergespannen, manchmal geht der Treiber nebenher, manchmal sitzt er selbst am ersten Tier.

    Alles cool, alles sehr entspannt. Vielleicht ist das das Geheimnis von Hydra: Hier ist noch nie jemand überfahren worden. Bestenfalls steigt man sich auf die Zehen. Jedenfalls wandern wir, immer auf den schattigen Seiten der Gassen, langsam den Hügel hinauf, bis wir auf der anderen Seite das Meer sehen. Wir kommen an einer Kirche vorbei, die von dicken Stahlseilen umschnürt ist, wie ein Weihnachtspaket. Ein Erdbeben dürfte sie schwer erschüttert haben.

    An anderen Stellen finden wir verfallende oder gar zerfallende Häuser, zum Teil mit Schildern „zu verkaufen“. Die Ruine wird wohl nicht zu teuer sein, aber dann … Jeder Stein muss vom Muli weggetragen werden, jeder Ziegel wieder herauf geschleppt. Das geht dann ins Geld! So verwundert es auch nicht, dass manche Häuser außen behübscht sind, zumindest zum Teil, insgesamt aber eher in die Rubrik „Bastler Hit“ fallen.

    Später schauen wir uns die alte Villa eines berühmten Inselbewohners an. Seine Enkel haben sie dem Staat geschenkt, der hat dann 30 (!!!) Jahre dran herum renoviert, bis sie jetzt als Museum dient. Ein bisschen Einblick in das Leben sehr reicher Leute. Das der „normalen“ Bewohner bleibt im Verborgenen. Wobei das ja immer so ist: deren Häuser und Hütten sind längst zerfallen, deren Kleidung zerfiel schon lange vor deren Tod.

    Im Hafen treffen wir wieder auf die Crew der OSTBAHN. Snoo und Monika habe ihr Schiff nach der Kunstfigur Dr. Kurt Ostbahn getauft, die von Willi Resitarits geschaffen wurde. Snoo hat Willi gut gekannt und so kann es zu dem ungewöhnlichen Schiffsnamen. Wir sitzen auf „ein paar Bier“ in einem Lokal, bis es Zeit wird, zu unserer Fähre zu gehen.

    35 min später sind wir wieder in Poros und nach einer kurzen Dinghifahrt wieder am Schiff.

    Hat sich ausgezahlt in diese ganz andere Welt einzutauchen.