Die Hölle von Almira

Almira ist ein riesiger Bootsparkplatz für deutlich über 700 Schiffe. Jetzt sind noch knapp 100 da. Die Fläche ist gepresster Asphaltschutt, also schwarze Brösel, die die Sonne gut aufnehmen und die Schiffe auch von unten gut heizen. Knapp unter 40° kann es da schon haben. Zur Erleichterung bringt der Wind entweder Rauch und Geruch von der nahen Raffinerie, heiße Luft vom Festland oder Staub und Gestank von der Müllsortieranlage.
Oder es ist gar kein Wind und man dampft einfach so vor sich hin.

Ideale Bedingungen also, um im Schiff in irgendwelche Löcher zu kriechen und dort in völliger Verrenkung feinmotorische Arbeiten zu erledigen. Ich bin ja fest überzeugt, dass die Erfinder von Hot-Yoga in Wirklichkeit Schiffsmechaniker waren. Uns ist es jedenfalls so heiß, dass wir mit einer kleinen Mahlzeit pro Tag auskommen. Dafür sind dann aber 3 Liter Wasser nicht genug um zu überleben.

Nach der 2. Nacht am Schiff sucht Susi einen Ausweg, und das ist einmal mehr ein Appartement mit Klimaanlage und kaltem Wasser. Sie verbringt also viel Zeit dort, ich werkle am Schiff und kämpfe um jeden Punkt auf der To-Do Liste.

Schon am Montag fahren wir nach Athen zu Alpha Sails, um unsere Genua modifizieren zu lassen. Das große und bauchige Segel ist gut für wenig Wind. In der Ägäis ist aber meist recht viel Wind und da wird das Segel aufgerollt und verkleinert. Jetzt passt aber eine gerade Stange als Kern der Rolle nicht zu einem bauchigen Segel, und so bekommt unsere Genua einerseits Falten und andererseits ist auch das Fetzerl das übrig bleibt sehr bauchig – was wiederum für die Aerodynamik nicht wirklich gut ist. Das Schiff fährt langsamer als nötig und legt sich mehr auf die Seite. Besser wärs, wenn’s nicht so wär.

Aber Lydia hat uns versprochen, das Segel innerhalb eines Tages fertig zu machen, und so ist es dann auch. Tolles Service, tolle Verbesserung! Eine kleine Modifikation am Großsegel gibt es dann als Zugabe oben drauf. Lydia und Alpha Sails kommen auf unsere Empfehlungsliste.

Und sonst am Schiff: Lithiumbatterie Installation abschließen, Wassermacher fertig machen, …. Langsam geht es voran, aber jedes Mal einen Punkt weg zu streichen ist eine Erfolgsbestätigung und ein Schritt näher ans Wasser. Bis, ja bis es für mich nicht mehr weiter geht. Irgendwas stimmt mit der neuen Lithumbatterie nicht. Ich kann sie nicht aufladen oder entladen. Dabei sind sie ziemlich voll. Ist das BMS (Batteriemanagement System = Steuerung der Batterie) schon wieder kaputt? Passt was anderes nicht? Was passt nicht und was kann ich da unternehmen?

Keine Idee! Ich weiß nur, dass ich ohne funktionierender Batterie nicht aus Almira weg komme und in dieser Hölle gefangen bin. Den Einwasserungstermin am Mittwoch muss ich schweren Herzens streichen – aber wie komm ich da weg?

In meiner Verzweiflung rufe ich am späten Abend Christos von MicroYachts an. Er kann mir zwar nicht helfen, kennt aber Elektriker. Einer davon hat schon an PHILIA gearbeitet, beim Erneuern der Mastelektrik. Der geht zwar ans Telefon, ist aber grad auf irgendeiner Insel unterwegs. Aber Emilios, der verspricht am Mittwoch Abends vorbei zu kommen. Bis dahin …. weiter schwitzen und nicht verzweifeln!

Und Emilios kommt tatsächlich und schaut genau so ratlos wie ich. Er misst, er denkt, wer probiert – alles ohne Erfolg. Nach 1 ½ Stunden gibt er auf und verspricht, sich mit Freunden zu beraten. „Er meldet sich“.

In der Früh bemerke ich, dass über eine der 4 Solarzellen ganz wenig Strom in die Batterie fließt, so an die 2 Ampere – über 500 könnte sie in einer Stunde aufnehmen – aber immerhin, es tut sich was. Langsam kann ich immer mehr Solarzellen dazu schalten, so dass ich zum Schluss fast 20 A in die Batterie laufen lassen kann.

Parallel dazu suche ich nach Hilfe bei Experten in Deutschland und in China: Was könnte da los sein? Welche Einstellungen könnte ich probieren? Telefonate und WhatsApps in schneller Abfolge – und dazwischen Veränderungen am System. Parallel dazu, in meiner Verzweiflung, auch Überlegungen das ganze Zeug raus zu werfen und durch was anderes zu ersetzten. Kostet viel Geld und ist zum Glück alles nicht lieferbar 😊 – damit ist diese Variante auch schon wieder gestorben.

Offensichtlich war die Batterie in einer Art Schutzblockade, die keinerlei Stromflüsse zugelassen hat. Einmal zurück ins Leben gekitzelt, tut sie nun, was sie soll. Ganze zwei Tage wurschtle ich da herum!

Aber ich kann einen neuen Krantermin vereinbaren:
Freitag Mittag, als letztes Boot des Tages, mit der Option im Kranbecken liegen zu bleiben, bis Susi das Auto nach Athen zurück gebracht hat.

Es geht doch ins Wasser – ein Ausweg aus der Hölle ist gefunden